Die grossen Umweltverbände erwarten vom neuen Parlament den überfälligen Kurswechsel in der Umweltpolitik. Und Gesetze, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen tatsächlich Rechnung tragen. «Wir wollen Taten, nicht nur Worte. Was unsere Politikerinnen und Politiker in den kommenden vier Jahre tun werden, wird sich entscheidend auf das Leben unserer Kinder und Enkelkinder auswirken. Wir bleiben dran.», so Thomas Vellacott, Geschäftsführer des WWF Schweiz.
Klimakrise zur Priorität machen
Nur so kann die Schweiz ihre Verpflichtungen gemäss Pariser Abkommen erfüllen und die schlimmsten Folgen der Klimakrise abwenden, so berichtet eine gemeinsame Medienmitteilung der Umweltverbände. Es liegt am neuen Parlament, den ungenügenden Vorschlag des Ständerats zum CO2-Gesetz deutlich nachzubessern: Bis 2030 müssen die Treibhausgasemissionen im Inland um mindestens 60 Prozent sinken, statt nur um 30%. «Nach wie vor ist der Verkehr einer der grössten Klimasünder. Es braucht in den nächsten Jahren dringend griffige Massnahmen, um die Umweltbelastung durch den Verkehr zu senken.» , so Anders Gautschi, Geschäftsführer VCS .
Dringend notwendig sind auch Massnahmen im Finanzsektor, der zu den grössten CO2-Verursachern gehört, sowie weiterführende Gesetze für den Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz. Nils Epprecht, der Geschäftsleiter der Schweizerischen Energie-Stiftung, sagt: «Die Schweiz stillt ihren Energiehunger noch immer zu mehr als zwei Dritteln mit klimaschädlichem Öl und Gas. Die Energiewende kommt nur im Schneckentempo voran. Die Politik muss dringend mehr Schub geben.» Die Umweltverbände fordern zudem eine höhere Flugticketabgabe – insbesondere für Business- und First-Class-Flüge, die das Klima am stärksten belasten.
180- Grad-Kehrtwende für den Schutz der Biodiversität
Die Schweiz leidet nicht nur an einer Klimakrise, sondern auch an einer Biodiversitätskrise. «Mehr als ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz sind gefährdet. Wenn wir eine lebensfähige Umwelt erhalten wollen, muss das neue Parlament in den nächsten vier Jahren deutliche Entscheide für das Klima, für die Biodiversität und für den Landschaftsschutz fällen.», so erzählt Urs Leugger-Eggimann, Zentralsekretär von Pro Natura und Vorsitzender der Umweltallianz.
Beim Schutz der Biodiversität und bei der Raumplanung muss das neue Parlament aufholen, was in der letzten Legislatur versäumt wurde. Die Anfang Jahr lancierten Volksinitiativen für Biodiversität und Landschaft liefern hier die nötigen Impulse. Korrekturbedarf gibt es auch bei der völlig missratenen Revision des Jagd- und Schutzgesetzes: Die Umweltverbände sammeln aktuell Unterschriften für das Referendum gegen diese Revision. Nach der Volksabstimmung im nächsten Jahr gilt es, das Gesetz wieder in sein ursprüngliches Gleichgewicht zu bringen, in welchem der Erhalt der Artenvielfalt und der Schutz bedrohter Tierarten noch einen Platz haben.
Pflöcke einschlagen für eine totalrevidierte Agrarpolitik
Viel zu hohe Mengen an Pestiziden gelangen in unsere Flüsse und Bäche. Zu viel Stickstoff aus überdimensionierten Tierbeständen schädigen unsere Wälder und Moore. Dadurch schreiten das Insektensterben und der Artenverlust weiter voran. Die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft befördern den Klimawandel. Um diese Umweltprobleme zu lösen, braucht es eine ambitionierte Agrarpolitik für die Zeit nach 2022: eine vollständig ökologische und tiergerechte Produktion. Dafür werden sich die grossen Umweltverbände einsetzen.