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Verbandsbeschwerderecht in Gefahr

Unter der Federführung der Mitte-Partei wird das Verbandsbeschwerderecht erstmals seit 1995 eingeschränkt. Bei Bauprojekten unter 400 Quadratmeter können Naturschutz- und Landschaftsschutzorganisationen nicht mehr auf die Einhaltung von geltendem Umweltrecht pochen. Dabei zeigt die Tatsache, dass sie in den meisten Fällen vor Gericht Recht erhalten, dass sie das Verbandsbeschwerderecht verantwortungsbewusst einsetzen.

Seit 1995 wurde das Verbandsbeschwerderecht dutzende Male in Frage gestellt. Nun sei es unter der Federführung der Mitte-Partei gelungen, schreibt die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz in einer Medienmitteilung. Pro Natura und andere Umweltverbände werden sich gegen diesen Angriff auf das Verbandsbeschwerderecht, ein zentrales Instrument zur Durchsetzung des Umweltrechts, wehren. Dies umso mehr, als sich dieser Angriff in die offensichtlich zunehmenden Bestrebungen einreiht, den Schutz von Natur, Landschaft und Baukultur politisch und rechtlich zu schwächen.

Die bisherigen Angriffe betrafen vor allem das Bauen ausserhalb der Bauzone, namentlich den Zielkonflikt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Diesmal geht es um Beschwerden gegen Bauten innerhalb der Bauzone: Konkret soll das Verbandsbeschwerderecht (VBR) für Wohnbauprojekte mit einer Geschossfläche von weniger als 400 Quadratmetern nicht mehr gelten.

Wohin führt uns dieser Angriff?

Pro Natura schreibt weiter, die VBR sei ein wichtiges Instrument, um die Einhaltung des geltenden Rechts sicherzustellen. Bei «kleineren Bauvorhaben innerhalb der Bauzone» komme das VBR ohnehin nur in Ausnahmefällen zur Anwendung. Vor diesem Hintergrund ist die vorgeschlagene Einschränkung des VBR für Wohnbauprojekte innerhalb der Bauzone nicht zu rechtfertigen. Die Umsetzung des vom Volk angenommenen Raumplanungs- und Zweitwohnungsgesetzes würde torpediert. Es käme zu einer rechtsstaatlich irritierenden Aufspaltung des Geltungsbereichs des Raumplanungs-, Natur- und Heimatschutz- sowie des Zweitwohnungsrechts in so genannte kleine und grosse Fälle. Der Gesetzgeber bringt damit faktisch zum Ausdruck, dass die korrekte Anwendung des Umwelt- und Raumplanungsrechts bei kleineren Wohnbauprojekten vernachlässigt werden kann.

Auch die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL-FP) reagiert auf die Mitteilung aus dem Bundeshaus und fragt sich: Welches Signal wird damit ausgesendet? Bauen auch für verkappte Zweitwohnungen, Bauen auch dort, wo eigentlich ausgezont werden müsste? Da die Motion aus dem Wallis kommt, das immer noch über zu grosse Bauzonenreserven verfügt, hat dieser Entscheid doppeltes Gewicht. Auf jeden Fall hat das Parlament einen rechtsstaatlich fragwürdigen Entscheid gefällt und damit illegales Bauen auf Kosten der Landschaft und unseres Bodens provoziert und erleichtert. Die SL-FP wartet nun gespannt auf die nächsten Vorstösse zur schrittweisen Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts.

Durch die Einschränkung des VBR verliert die Natur ihre Stimme

Das Verbandsbeschwerderecht ist ein elementarer Bestandteil für den Vollzug des Umweltrechts, schreibt Pro Natura in einer Medienmitteilung weiter. Ohne Verbandsbeschwerderecht habe die Natur keine Stimme. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass nur nach geltendem Recht gebaut wird. Die hohe Erfolgsquote der Beschwerden der Mitgliedsverbände der Umweltallianz (WWF Schweiz, Pro Natura, Greenpeace, Birdlife Schweiz, VCS und SES) zeigt jedoch, dass dem leider nicht so ist. Wenn geltendes Umweltrecht verletzt wird oder eine Klärung der Rechtslage nötig ist, ist die VBR das letzte Mittel, mit dem die Naturschutzorganisationen die Rechte der Natur durchsetzen können. Ihre Klagen sind drei- bis viermal so erfolgreich wie die von Privatpersonen.

Weitere Informationen:
-Zur Parlamentarischen Initiative: Kein «David gegen Goliath» beim Verbandsbeschwerderecht
-Zum Medienkommentar von Pro Natura
-Zur Medienmitteilung der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz

1 Kommentar

  1. Das ist sehr tragisch. Die Baulobby müsste beginnen, sich ebenso wie allen anderen Branchen neu zu erfinden. Stattdessen drängt die Baulobby immer mehr nach Neubauten. Was niemand heute im 2024 versteht, ist dass nicht nur die Biodiversität mit Flora und Fauna leidet, auch der Mensch. Mit dem Kippen der Ausnützungsziffer wird weniger Grünraum mehr zur Verfügung gestellt. Die Menschen riechen Drecksluft ein, sind lärmempfindlich und somit rasch explosiver Natur. Da werden Häuser mit ganz wenig Nagelschärliwiesen gebaut – die Baubuden bzw. die Bauunternehmer leben in einem fetten Haus und müssen sich um die Dichte nicht kümmern. Und – sie verdienen sich dumm und dämlich. Polen billig einstellen, fett vom Schweizer Bauherr verlangen… oder sie mischlen fett in der Immobilienbranche mit… die Baubranche gehört kontrolliert – mit allem Drum und Drum. Sie sind für die Zersiedelung, Zersiegelung und Landschaftsbild der Schweiz verantwortlich. Insbesondere Architekten, die kein ÖREB-Kataster lesen können. .. sie fällen geschützte Bäume und unsere Behörden machen mit.. (eben auf Druck der Baulobby… sind ja schliesslich Arbeitsplätze).

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