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Ein Herbsttag im Aletschwald

Das Pro Natura Schutzgebiet Aletschwald zeigt sich im Herbst von einer ganz besonderen Seite. Am Morgen der Hirschbrunft lauschen, am Nachmittag den Aletschgletscher bestaunen und den Tag im Pro Natura Zentrum Aletsch ausklingen lassen. Kommen Sie mit auf eine Reise.

Sieben Uhr morgens, auf circa 2’000 Höhenmeter, im Aletschwald: Ich spaziere mit einer noch etwas verschlafenen Gruppe den nebelverhangenen Herbstwald abwärts. Knappe zehn Meter reicht die Sicht und nichts verrät, welche majestätischen Alpenspitzen hinter dem grauen Meer noch zu schlafen scheinen. Zu hören sind lediglich die letzten Tropfen des Herbstregens der vergangenen Nacht und das Knacken von Zweigen unter den Wanderschuhen. Niemand in der Gruppe traut sich etwas zu sagen, zu mystisch ist die herbstliche Morgenstimmung im Aletschwald. Doch plötzlich: Der erste Ruf eines Hirschbocks wird von nahem vernommen. Die gesamte Gruppe bleibt ganz unverhofft und völlig in den Bann gezogen stehen. Spätestens jetzt sind auch die Langschläfer hellwach. Ein zweiter Hirschbock steigt mit seinem Ruf ein. Es scheint eine stimmlich Auseinanderzusetzung stattzufinden. Doch dabei bleibt es nicht. Der dumpfe Schlag ihrer zusammenprallenden Geweihe lässt ihre Grösse und Kraft nur erahnen. Dass man sie nicht sieht, stört nicht. Im Gegegenteil, ihre Anwesenheit kann über die Geräusche noch viel intensiver wahrgenommen werden. Auch das Unwissen zur Distanz, die zwischen einem und dem mächtigen Wildtier liegt, trägt zur Intensität des Momentes bei. Es sind Momente wie dieser, die mir immer wieder bewusst machen, dass der Hirsch in meiner Nähe, die Arve neben mir oder das Moos unter meinen Schuhen alle Teil der Natur sind – wie ich selbst auch. Diese Verbundenheit lässt mich eine tiefe Ehrfurcht gegenüber der Natur verspüren. Auf dem Rückweg zum Frühstück treffen wir noch einige Gämsen und Eichhörnchen und hören dem Weckruf unzähliger Vögel zu.

Die Gämse schaut neugierig von ihrem Frühstück auf. © Kim Jäggi

Wanderung zum Grossen Aletschgletscher

Der Nebel lichtet sich langsam. Nach dem stärkenden Frühstück kann nun die Wanderung zum grossen Aletschgletscher in Angriff genommen werden. Von der Villa Cassel via Riederfurka geht es dem Höhenweg entlang Richtung Gletscher. Der Nebel zieht in Sekundenbruchteilen vorbei und offenbart immer wieder ein anderes prächtiges Bild eines Landschaftsabschnittes. Einmal blitzt eine Bergspitze hervor, das andere Mal lässt sich das Ende des Weges erspähen. Durch eine verwunschene Hochmoorlandschaft kommt man der Eismasse immer näher. Nach wie vor im Nebel, beginnt man beinahe ein wenig die Hoffnung zu verlieren, einen Blick auf den fantastischen Gletscher werfen zu können.

Doch wie das Wetter auf der Riederalp so spielt: Kurz vor dem ersten Aussichtspunkt scheinen sich die Wolken innerhalb weniger Sekunden wie durch Geisterhand aufzulösen und der Blick auf den grossen Aletschgletscher ist frei. Der Himmel klärt sich, die Sonne zeigt sich immer mehr und bis zum Höhepunkt der Wanderung auf der Moosfluh lässt sich die einmalige Aussicht geniessen.

Der grosse Aletschgletscher zeigt sich nach dem Hitzesommer 2022 beeindruckend erschöpft. © Kim Jäggi

Zurück durch den Aletschwald

Von der Moosfluh geht es wieder steil hinunter in den Aletschwald. Ganz im Gegensatz zum Morgen lässt die Sonne die Arven und Lärchen nun in ihrer ganzen Herbstpracht leuchten. Der beruhigende Duft der Arven durchströmt die Luft. Via «Alte Stafel» und «Bischofssitz» geht es zurück Richtung Riederfurka. Mit dem Grossen Aletschgletscher im Rücken erstreckt sich rechterhand die Moräne der letzten Eiszeit. Mitunter diese Entstehungsgeschichte macht den Aletschwald so besonders. Einzigartig ist das Pro Natura Schutzgebiet dank seines lichten Waldes, der seit 1933 unter Schutz steht und damit sich selbst überlassen wird. Die Nutzung ist untersagt und so dienen umgefallene Bäume vielen Lebewesen als Lebensgrundlage. Das raue Klima ist für die beiden Hauptbaumarten Arve und Lärche ideal.

Da sie unter den harschen Bedingungen, die am Nordhang der Moräne herrschen nur sehr langsam wachsen, gehören die Bäume zu den ältesten der Schweiz. Nach Aufgabe der Nutzung ist so ein lichter Wald entstanden. Viele Tierarten mögen diesen vielfältigen Lebensraum ganz besonders. So lassen sich auf dem Rückweg Eichelhäher und mit etwas Glück sogar Birkhühner und Steinadler sichten.

Ausklang bei Tee und Kuchen im Pro Natura Zentrum Aletsch

Krönender Abschluss des Ausfluges ist ein leckeres Stück hausgemachter Kuchen und ein Abricotine im Pro Natura Zentrum Villa Cassel. Diese bietet Exkursionen, Führungen, weitere Erlebnisangebote und Veranstaltungen an. Für ein unvergessliches und einzigartiges Naturerlebnis, empfehle ich wärmstens, sich über die Exkursionen und den Aufenthalt in der einzigartigen Villa Cassel zu informieren. Von Ende Oktober bis Anfangs Juni ist das Zentrum in der Winterpause. Das Saisonprogramm wird ab Februar auf der Webseite publiziert.

(Erstveröffentlichung 2022)

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