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Weltnaturabkommen: Die Arbeit beginnt erst

Zum Abschluss des Weltnaturgipfels kommen die 196 Vertragsstaaten zu einem Abkommen: dem Kunming-Montréal Biodiversity Framework. Ziel ist, den Biodiversitätsverlust weltweit bis 2030 zu stoppen und umzukehren. Naturschutzorganisationen weisen auf die Schwächen hin.

«Das Abkommen ist ein wichtiger Schritt für die Biodiversität», sagt der Schweizer Umweltbotschafter Franz Perrez. «Die Stärke des Abkommens sind die sehr konkreten Ziele», meint er weiter. Besonders das Ziel mindestens 30% der weltweiten Land-, Süsswasser- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen, sieht er als Erfolg. Er gibt aber auch zu, dass einige wichtige Punkte fehlen. Beispielsweise wären nummerische Ziele für die Reduktion von Pestizideinsätzen wünschenswert gewesen. Auch hätten sich mehr Staaten dafür aussprechen sollen einen finanziellen Beitrag an den Schutz der Biodiversität zu leisten. Jährlich sollen die Vetragsstaaten nun CHF 186 Milliarden aus öffentlichem und privatem Sektor in Biodiversitätsinitiativen investieren. Reichere Länder sollen Ärmeren bis 2025 zudem jährlich 20 Milliarden US Dollar zukommen lassen.

Das Abkommen mit vier Zielen und 23 Vorgaben ersetzt die Aichi Biodiversitätsziele, die 2020 abgelaufen sind. Von diesen wurde kein Ziel erreicht und kein einziger Vetragsstaat erreichte alle 20 Aichi-Vorgaben. Im Gegensatz zu diesen, soll das neue Kunming-Montréal-Abkommen mehr messbare Ziele enthalten. Der Fortschritt und die Zieleinhaltung sollte damit besser überwacht werden können. Beispielsweise soll das Risiko für Mensch und Umwelt durch Pestizide und andere schädliche Chemikalien bis 2030 mindestens halbiert werden. Schädliche Subventionen der Industrie sollen um mindestens 500 Milliarden US Dollar gesenkt werden. Als grossen Erfolg wird auch gewertet, dass im Dokument die Rolle indigener Völker und lokaler Gemeinden in den weltweiten Naturschutzbemühungen betont wird.

Naturschutzorganisationen sind kritisch

Zwar begrüssen Naturschutzorganisationen einige der Errungenschaften des Abkommens, die Ziele gehen ihnen aber zu wenig weit und sind zu unverbindlich. Der WWF begrüsst die Ziele grundlegend, kritisiert aber, dass Regierungen bei Nichterreichung der Ziele nicht dafür verantwortlich gemacht werden können. Laut Marco Lambertini, Generaldirektor vom WWF International, repräsentiert das Abkommen einen wichtigen Meilenstein für den Schutz unserer natürlichen Umwelt. Die Biodiversität war noch nie so stark auf der Politik- und Wirtschaftsagenda repräsentiert. Das Abkommen könne aber «durch zu langsame Implementierung und Scheitern beim mobilisieren der versprochene Ressourcen untergraben werden. Wir müssen jetzt eine sofortige Umsetzung des Abkommen sehen, ohne Ausreden, ohne Verzögerungen.», fügt Lambertini hinzu. Lin Li, Senior Director of Global Policy and Advocacy vom WWF International meint zudem: «Das Abkommen hat das richtige Ambitionsniveau, summieren wir aber die Ziele und Vorgaben, werden diese nicht genügen um den Biodiversitätsverlust bis 2030 zu stoppen. Beispielsweise fehlt ein numerisches Ziel, um den nicht nachhaltigen Fussabdruck von Produktion und Konsum zu reduzieren. Das ist enttäuschend. Trotzdem sind wir hoffnungsvoll. Vor zwei Wochen hatten wir noch einen Berg an Unstimmigkeiten zu klären. Heute haben wir ein Abkommen, das wenigstens beginnt, unsere Beziehung mit der Natur zu heilen.»

BirdLife Schweiz sieht dies ähnlich. «Der beschlossene Zielrahmen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt müssen alle Länder, insbesondere auch die Schweiz, rasch die notwendigen Massnahmen einleiten, um die Umsetzung der Ziele an die Hand zu nehmen. Nur eine entschiedene Umsetzung kann die Biodiversitätskrise lindern und die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen erhalten», meint Jan Schudel, Projektleiter Politik von BirdLife Schweiz. Das Abkommen alleine sei schlicht nicht genug, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen.

Greenpeace Schweiz kritisiert, dass es offen bleibt, wie die Ziele erreicht werden sollen.

Pro Natura reagiert mit grosser Ernüchterung. Es sei nicht möglich gewesen eine Trendwende für die Rettung der Natur einzuleiten. Zwar ist der Beschluss bis 2030 den Biodiversitätsverlust zu stoppen und umzukehren, sowie 30% der Erdoberfläche unter Schutz zu stellen und 30% der degradierten Ökosysteme wiederherzustellen ein Erfolg. Es ist jedoch nicht gelungen, die Kräfte anzugehen, die den Biodiversitätsverlust auch tatsächlich bedingen. So werden Unternehmen lediglich «ermutigt und befähigt», Berichte zu erstellen und Produkte zu kennzeichnen. Es gibt aber auch für sie keine Rechenschafts- oder Verantwortungspflicht für den angerichteten Schaden. Auch der angestrebte Mechanismus für eine bessere Umsetzung wurde verwässert. Der Fortschritt soll nun lediglich global überprüft werden. Falls die einzelnen Länder nicht auf Kurs mit den Zielen sind, steht es ihnen frei, ob sie ihre Bemühungen zum Biodiversitätsschutz erhöhen wollen.

Die Herausforderung startet erst

Jetzt wird es essenziell, dass die Vertragsstaaten die Versprechen des Abkommens erfüllen und die Ziele erreichen. Das Abkommen muss deshalb nun von allen Staaten in ambitionierte nationale Pläne und Strategien umgesetzt werden. Auch die Schweiz muss ihre nationale Biodiversitätsstrategie auf die globalen Ziele abstimmen und anpassen, um den Biodiversitätsverlust auch hierzulande bis 2030 umzukehren.

Denn: «Dieser Deal ist nur so gut wie seine Umsetzung.», meint Sabien Leemans, Senior Biodiversity Officer des WWF European Policy Office.

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