BirdLife International hat die neue Rote Liste der weltweit gefährdeten Vogelarten veröffentlicht. Das Fazit: Dank gezielten Schutzprojekten sind einige Arten weniger unmittelbar vom Aussterben bedroht als vor wenigen Jahren, so zum Beispiel der Waldrapp. Doch es gibt auch schlechte Nachrichten: Viele Arten sind stärker bedroht als früher.
Die Rote Liste der Vogelarten verzeichnet neben zunehmend bedrohten Arten auch einige Erfolge, wie BirdLife International berichtet. Prominente Zwischenerfolge konnten beim Schutz der Rosentaube (Nesoenas mayeri) auf Mauritius, bei dem urtümlich anmutenden Waldrapp (Geronticus eremita) in Marokko sowie bei einigen weiteren Arten verzeichnet werden.
Waldrapp konnte als «nur» noch «stark gefährdet» eingestuft werden
Der urtümliche Waldrapp stand seit Jahrzehnten am Rand des Aussterbens. Nachdem die Art in Syrien verschwunden ist, gibt es weltweit nur noch ein kleines wildlebendes Vorkommen in Marokko. Das absolute Bestandsminimum erreichte die Art in den 1990er-Jahren. 1994 starteten BirdLife-Partner und das marokkanische «Hochkommissariat für Wasser, Wald und den Kampf gegen Desertifikation» ein Projekt zugunsten der Art. Seit 2013 unterstützt BirdLife Schweiz das Projekt finanziell. Vom absoluten Minimum mit rund 50 Brutpaaren erholte sich die Art nach und nach wieder. In den letzten Jahren zählt der Bestand jedes Jahr mehr als 120 Paare und erreichte sogar den Höchststand in jüngerer Zeit von 147 Paaren. Dies ist ein äusserst wichtiger Zwischenerfolg, der die Beteiligten mit grossem Stolz erfüllt.
Es mag erstaunen, dass eine Art, deren weltweiter Bestand zwischen 120 und 147 schwankt, jetzt auf der Roten Liste bereits eine Stufe tiefer eingeteilt wird, nämlich als «stark gefährdet» statt «vom Aussterben bedroht». Dies hängt mit den strengen quantitativen Kriterien zusammen, die von der Internationalen Naturschutzunion IUCN für alle Tier- und Pflanzenarten einheitlich vorgegeben werden, um das unmittelbare Aussterberisiko einzuschätzen.
«Der Waldrapp ist weiterhin weltweit bedroht und die Schutzbemühungen in Marokko dürfen kein bisschen nachlassen. Aber die stetige Zunahme seit 20 Jahren zeigt, dass die marokkanischen Behörden den Schutz der Art ernst nehmen und gemeinsam mit den BirdLife-Partnern ein professionelles und wirkungsvolles Projekt aufgebaut haben», sagt Dr. Raffael Ayé von BirdLife Schweiz. Dies gilt es weiterzuführen und wo nötig zu verstärken.
Grosse Nachfrage: Singvögel sind zunehmend bedroht
Neben den Gewinnern gab es auch einige Verlierer. Viele Arten mussten in eine höhere Gefährdungskategorie eingestuft werden oder erlitten anderweitig eine weitere Verschlechterung ihres Erhaltungszustands. So zum Beispiel sieben Nashornvögelarten im südöstlichen Asien. Hauptgrund für deren zunehmend starke Gefährdung ist die Abholzung der Wälder. Dadurch geht nicht nur ihr Lebensraum verloren, sondern garantiert illegalen Jägern auch besseren Zugang, um die Vögel zu schiessen. Auch einige Singvögel rutschten in eine höhere Gefährdungskategorie, Beispielsweise der Gelbscheitelbülbül (Pycnonotus zeylanicus), mit seiner melodiösen, trillernden Stimme. Durch die steigende Nachfrage nach talentierten Singvögeln werden diese immer häufiger illegal gefangen und in Käfigen gehalten.
Neben Singvögel und Nashornvögel gibt es auch noch weitere Arten, die zunehmend bedroht sind. Die Hauptgründe dafür sind die Abholzung tropischer Wälder, die illegale Verfolgung und die industrialisierte Landwirtschaft. Neue Schutzmassnahmen sind von Nöten, um diese Gefahren einzudämmen. «In zwei Jahren werden die Regierungen die Erreichung der 2010 beschlossenen Aichi-Ziele überprüfen. Darunter ist auch das Ziel, das Aussterben weiterer Arten zu verhindern und den Status der gefährdeten Arten zu verbessern, insbesondere der am stärksten rückläufigen Arten», sagt Dr. Stuart Butchart von BirdLife International. «Gezielte Schutzmassnahmen können Arten zu Bestandserholungen verhelfen, aber der Gesamttrend ist negativ und zeigt, dass es noch mehr Anstrengungen braucht, um solche Erfolge zu replizieren.»
Einen spannenden Artikel zum Waldrapp Projekt finden Sie hier.