BirdLife International und die Internationale Naturschutz-Union haben die aktualisierte Rote Liste der gefährdeten Arten veröffentlicht. BirdLife Schweiz ordnet die Resultate aus der Schweizer Perspektive ein. Auf der globalen Roten Liste und der globalen Vorwarnliste sind auch Arten zu finden, die in der Schweiz heimisch sind. BirdLife Schweiz setzt sich für deren Lebensräume ein und fördert drei Arten mit spezifischen Projekten.
Weltweit sind etwa ein Viertel aller untersuchten Arten bedroht und in der Schweiz betrifft das sogar über ein Drittel, schriebt BridLife Schweiz in einer Medienmitteilung. Besonders kritisch sieht es für Amphibien aus, von denen weltweit 41 Prozent und in der Schweiz sogar 79 Prozent gefährdet sind. Bei Vögeln sind es global 12 Prozent und in der Schweiz alarmierende 40 Prozent, wobei zusätzliche 20 Prozent auf der Vorwarnliste stehen.
Die Roten Listen der Schweiz werden durch die wissenschaftlich tätigen nationalen Datenzentren, Info Species, die Rote Liste der Vögel durch die Schweizerische Vogelwarte erarbeitet, jeweils gemäss den international geltenden IUCN-Kriterien und im Auftrag des BAFU. Auch wenn ein direkter Vergleich globaler und nationaler Zahlen schwierig ist, zeigen die deutlichen Unterschiede, insbesondere bei Vögeln, ein dringendes Problem für die Biodiversität in der Schweiz auf.
Förderung weltweit bedrohter Vögel in der Schweiz
Drei Vogelarten der globalen Roten Liste und fünf Arten der globalen Vorwarnliste (Kategorie «Near-Threatened») sind auch in der Schweiz heimische, regelmässige Brutvögel. Zwei weitere Arten der Vorwarnliste, der Grosse Brachvogel und der Rotkopfwürger, waren früher regelmässige Brutvögel in der Schweiz, sind aber heute hierzulande praktisch ausgestorben.
BirdLife Schweiz und seine Partner setzen sich für den Schutz mehrerer dieser Arten ein, indem sie ihre Lebensräume ökologisch aufwerten und sich für eine biodiversitätsfreundliche Politik stark machen. Drei dieser Arten fördert BirdLife Schweiz in speziellen Projekten.
Fördermassnahmen für die Turteltaube
Die weltweit bedrohte Turteltaube ist in der Schweiz noch als Brutvogel präsent, allerdings sind ihre Bestände klein, rückläufig und stark vom Aussterben bedroht. Eine von 2017 bis 2019 in Genf durchgeführte Bestandsaufnahme des BirdLife-Kantonalverbands GOBG zeigte einen dramatischen Rückgang auf nur noch etwa 16 Reviere, was einem Rückgang von 70 Prozent seit 1998 entspricht. Die Mehrzahl dieser Reviere liegt in der Champagne Genevoise. BirdLife Schweiz plant, im nächsten Jahr in dieser Region sowie in den «Bois de Suchy» im Kanton Waadt spezifische Brachen anzulegen, um das Nahrungsangebot für die Turteltaube während der Brutzeit zu verbessern. Ähnliche Initiativen wurden bereits im Tessin und im Grossen Moos gestartet. Die Fördermassnahmen basieren vorwiegend auf Erkenntnissen aus England, wo sie sich bereits als erfolgreich erwiesen haben. Neben einer Verschlechterung des Nahrungsangebots ist die Turteltaube zusätzlich durch Jagd und Wilderei bedroht.
Praktisch ausgestorben – der Rotkopfwürger
Der Rotkopfwürger ist ein ehemals häufiger und weit verbreiteter Brutvogel der Schweiz, der aufgrund der massiven Intensivierung der Landwirtschaft heute funktional ausgestorben ist. Der Verlust von strukturreichen Hochstamm-Obstgärten und der Rückgang an Grossinsekten, die seine Nahrung bilden, haben zum Zusammenbruch seiner Bestände geführt. BirdLife setzt sich am Farnsberg BL zusammen mit seinen lokalen BirdLife-Sektionen, dem Kantonalverband BNV, dem Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain und weiteren Partnern seit rund 20 Jahren für die Lebensräume des Rotkopfwürgers ein. In dieser Zeit wurden 2000 Bäume und 5000 Büsche gepflanzt, über 30 Hektaren wertvolle Blumenwiesen und Säume angelegt oder ihre Qualität aufgewertet. Verschiedene Insekten, Vögel und weitere Tier- und Pflanzenarten haben von diesen Aufwertungsmassnahmen profitiert. Für die letzten Rotkopfwürger der Schweiz kamen sie jedoch zu spät. Obwohl der Klimawandel dieser mehrheitlich mediterranen Art in der Schweiz eigentlich entgegenkommen würde, ist der Rotkopfwürger inzwischen praktisch ausgestorben. Weltweit steht die Art neu auf der Vorwarnliste der Roten Liste («potenziell gefährdet»). Das zeigt, dass wir nicht länger zuwarten können mit entschiedenen Massnahmen zugunsten wertvoller Lebensräume und Ökosysteme.
Hoffnung für den Kiebitz
Der Kiebitz steht weltweit auf der Vorwarnliste der Roten Liste, weil seine Bestände rückläufig sind. BirdLife Schweiz arbeitet zusammen mit verschiedenen Partnern an mehreren Projekten zum Schutz dieser Art, unter anderem im Grossen Moos BE, im Fraubrunnenmoos BE, im Neeracherried ZH, im Oerlingerried ZH, im Frauenwinkel SZ und im Nuoler Ried SZ. Im Vordergrund stehen der Schutz der Nester und Jungvögel vor Landwirtschaftsmaschinen sowie die Förderung geeigneter Lebensräume mit feuchten Wiesen und Weiden, die für die Nahrungssuche der Jungvögel essenziell sind. Dank dieser und weiterer gezielter Projekte hat der Kiebitzbestand in den letzten 15 Jahren von weniger als 100 Paaren auf ca. 200 Paare zugenommen, bleibt damit aber immer noch stark hinter den Beständen Ende der 1970er-Jahre mit ca. 1’000 Brutpaaren zurück. Das Beispiel zeigt jedoch, dass das Aussterben gefährdeter Arten durch entschiedenes Handeln verhindert werden kann.
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