Weltweit wachsen Pflanzen an Orten, wo sie eigentlich nicht hingehören — weil der Mensch sie absichtlich eingeführt oder verschleppt hat. Das ist ein entscheidender Faktor für das zunehmende Auftreten schädlicher, invasiver Insektenarten, die grosse Schäden an der Umwelt, der biologischen Vielfalt und der Wirtschaft verursachen können. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
Für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft oder als Zierpflanzen hat der Mensch unzählige Pflanzen in Länder oder gar auf Kontinente gebracht, wo diese ursprünglich nicht vorkamen. Manche davon sind invasiv geworden und breiten sich auf Kosten der heimischen Flora immer mehr aus, berichtet die WSL in einer Medienmitteilung. Ein internationales Forschungsteam hat nun festgestellt, dass dies invasive Insekten begünstigt.
Die Expert:innen aus der Schweiz, den USA und Südafrika analysierte an weltweiten Daten, wie gebietsfremde Pflanzen die Ausbreitung von invasiven Insekten fördern. Sie haben zudem zahlreiche Fallstudien von eingeschleppten Insekten evaluiert. Ihre Ergebnisse verdeutlichen, dass die zunehmende Verbreitung solcher Pflanzen die Insekteninvasionen weltweit verstärkt. Denn Insekten siedeln sich bevorzugt in neuen Gebieten an, wenn ihre Futterpflanzen dort bereits existieren. Diese bieten ihnen quasi «Sprungbretter», die es den Insekten erleichtern, sich zu etablieren und weiterzuverbreiten.
Stinkwanzen auf Götterbäumen
Ein Beispiel aus der Schweiz ist die aus Ostasien stammende marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys), ein Obst- und Gemüseschädling, der 2004 erstmals für Europa in Zürich entdeckt wurde. Jetzt im Herbst dringt sie gerne in warme Wohnungen ein und ist als «Stinkwanze» bekannt, da sie ein übelriechendes Abwehrsekret absondern kann. «Die marmorierte Baumwanze konnte wahrscheinlich unter anderem einwandern, weil sie hier mehrere ihrer bevorzugten Wirtspflanzen in grossen Mengen vorfand, darunter den Götterbaum (Ailanthus altissima) und den Sommerflieder (Buddleja davidii). Das sind Gartenpflanzen, die ursprünglich ebenfalls aus Ostasien stammen», sagt Eckehard Brockerhoff, Insektenexperte an der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und Mitautor der Studie.
Das Forschungsteam warnt, dass die Zahl der Invasionen noch weiter steigen könnte. Das liegt an der sogenannten «Invasionsschuld»: Eine Vielzahl Pflanzenarten, die heute schon ausserhalb ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete gedeihen, könnte in Zukunft vielen weiteren Insekten aus der gleichen Region einen Startvorteil verleihen. Das Problem dürfte in Zukunft also wahrscheinlich noch schlimmer werden.
Die Forschenden betonen daher die Bedeutung von Biosicherheitsmassnahmen gegen Pflanzen und Insekten, etwa Vorschriften zum Import und zur Pestizidbehandlung von Pflanzen. «Obwohl die Schweiz und Europa viele solcher Massnahmen ergriffen haben, können diese angesichts des umfangreichen interkontinentalen Handels nicht zu 100 Prozent wirksam sein. Deshalb ist es auch wichtig, dass Gartenbesitzer einheimische Pflanzen den nicht einheimischen vorziehen, um die Ausbreitung von invasiven Pflanzen und Insekten zu verhindern», sagt Brockerhoff. Auch Massnahmen wie das jüngste Verkaufsverbot diverser nicht-einheimischer Pflanzenarten in der Schweiz wie der Chinesischen Hanfpalme (Trachycarpus fortunei), die als «Tessinerpalme» bekannt ist, dient diesem Zweck.
Zur Originalpublikation:
Bertelsmeier, C., Bonnamour, A., Brockerhoff, E. G., Pyšek, P., Skuhrovec, J., Richardson, D. M., & Liebhold, A. M. (2024). Global proliferation of nonnative plants is a major driver of insect invasions. BioScience. doi.org/10.1093/biosci/biae088
«Weltweit wachsen Pflanzen an Orten, wo sie eigentlich nicht hingehören». So beginnt dieser Text, der von «Naturschützern» verfasst wurde. Damit wird allerdings ein problematisches Naturverständnis ausgedrückt, nämlich ein grundsätzlich statisches. Und wenn eines über die «Natur» feststeht, dann die Tatsache, dass die einzige Konstante die Veränderung ist.
Zwar wird nebenbei auch auf eine der Ursachen, die menschlichen Aktivitäten, verwiesen, allein, am Schluss sind es dann doch die Pflanzen und Tiere, die in «gut» und «böse» eingeteilt werden.
Selbstverständlich gibt es Probleme. Diese werden aber mit Xenophobie und Ausrottungsfantasien nicht gelöst. Dazu sind die Auswirkungen der von uns verursachten Multikrise einfach zu mächtig.
Statt also wertvolle Ressourcen in einen aussichtslosen Kampf gegen Pflanzen und Tiere – der zudem jeglicher Naturschutzphilosophie widerspricht – zu stecken, wäre der Einsatz dieser Mittel für eine nachhaltige Entwicklung wesentlich sinnvoller.