Mein Garten ist um eine Holzskulptur reicher: Der Ast eines umgestürzten Baumes ruht jetzt als imaginiertes Krokodil an meinem Teich. Er wird mich die kommenden Jahre an den stolzen Birnbaum erinnern, der einst auf einer Wiese in der Umgebung wurzelte. Und er wird dabei noch manchem Lebewesen als Kinderstube dienen.
Als ich vor über zehn Jahren das obige Foto machte, gab es schon Anzeichen des kommenden Endes: Nicht mehr alle Zweige des grossen Birnbaums grünten. Über die Jahre sah ich auf meinen Spaziergängen, wie Ast um Ast abstarb, bis der Baum nur noch ein Gerippe darstellte. Dem Mäusebussard war das gerade recht. Er nutzte ihn häufig als Ruheplatz und Warte für den Mäusefang. Inzwischen musste er sich ein neues Plätzchen suchen. Denn ein Sturm hat den Baum Ende Februar gefällt.
Vom Baum, der diesen Landschaftsraum geprägt hat, ist nicht mehr viel zu sehen. Er ist beim Fall in hundert Stücke zersprungen.
Als ich um den Trümmerhaufen herumging, wich die Trauer über den Verlust dieses Monuments einer staunenden Neugier: An den Bruchstellen von Stämmen und Ästen und an dem von der Rinde entblössten Holz zeigten sich vielerlei Spuren von Leben. Die Gänge, welche die Larven von Käfern unter der Rinde geraspelt haben, wirken fast wie Zeichnungen von Urmenschen oder Hieroglyphen.
Löcher verschiedener Grössen und Formen zeigen an, dass hier diverse Käferarten untergekommen sind. Ein Hohlraum wurde genutzt, um Gespinst-Nester für Larven anzubringen.
Nach dem Fall des Baums droht das Ende dieser Lebensgemeinschaft: Beseitigen durch Häckseln. Doch eine Anfrage beim Bauern machte Hoffnung für eine andere Lösung. Liegen lassen wollte er das Holz vor Ort zwar nicht. Aber er überliess es unserem Naturschutzverein, damit wir es anderswo platzieren konnten. Die von Hand transportierbaren Äste trugen wir infolgedessen zu einer nahen Hecke und schichteten sie dort zu Haufen.
Das Bergen der grossen Stammteile gelang ebenfalls, weil der Gemeinde-Forstdienst spontan zusagte, das Holz mit dem geeigneten Gerät zu räumen und an einen anderen Standort zu transportieren. Die Stammteile liegen jetzt in einer Waldlücke am Rand eines Naturschutzgebiets.
Insekten brauchen Totholz in verschiedenen Zerfallsstadien. Damit sich all die Spezialisten fortpflanzen können, muss jederzeit das ganze Spektrum an Totholz vorhanden sein. So nahm ich ein paar Aststummel mit in meinen Garten, wo sie das bestehende Sammelsurium an Altholz ergänzen. Als Skulpturen ersetzen sie auch jene Garten-Dekorstücke, die sich sonst viele Leute im Bau- und Gartencenter besorgen.