StartHintergrundMeinungGrengiols - Solaranlage statt Naturparadies?

Grengiols – Solaranlage statt Naturparadies?

Im Walliser Grengiols soll die grösste Solaranlage der Schweiz gebaut werden. Die Pläne stossen im Parlament auf Zustimmung, es gibt aber auch andere Stimmen. Ein Meinungsartikel des gebürtigen Grengioler Dr. med. Alex Agten.

Ein Kommentar von Hausarzt Dr. med. Alex Agten – gebürtiger Grengioler – aus Fiesch im Wallis.

Ich bin 1949 in Grengiols geboren und dort zur Schule gegangen. Nach Abschluss meines Studiums habe ich 1983 in Fiesch eine Arztpraxis für Allgemeinmedizin geführt. Seit 2016 bin ich in Rente. Da ich das Gebiet von Grengiols bestens kenne, möchte ich mich zum Solarprojekt von Grengiols äussern. Es ist für mich unverständlich, dass ein ehemaliger Politiker im Google Earth eine Landschaft aussucht und diese als ideales Gebiet für ein Solarprojekt von gigantischem Ausmass vorstellt. Der Gemeindepräsident von Grengiols ist sofort auf diese Blase aufgesprungen und hat das Projekt in der Urversammlung zur Abstimmung gebracht. Es wurde abgestimmt über eine Fläche von nur 1 km². Bei 5 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen sind etwas über 50 Ja-Stimmen in der Urversammlung zusammengekommen.

Jetzt wird in den grossen namhaften Schweizer Zeitungen eine Fläche von 5 km² als ideales Solargebiet auch vom Gemeindepräsidenten präsentiert. Weiter heisst es , das Projekt von Grengiols sei in der Urversammlung einstimmig gutgeheissen worden. Es soll mehr Strom produzieren als die Grand Dixence. Es sind ca. 700 Fussballfelder, die jetzt im Pressewald diskutiert werden als ideales Projekt für eine Solaranlage. Dabei handelt es sich um eine stattgehabte Täuschung der abstimmenden Bürger von Grengiols.

In eben diesem Gebiet, wo das Solarprojekt entstehen sollte, hat die Organisation Schweiz Tourismus vor einigen Jahren einen Werbespot für Schweiz Tourismus gedreht. Der Star dieses Werbespots war der ehemalige US Astronaut Buzz Aldrin, der als 2. Mensch auf dem Mond spazieren ging. Er beschreibt in diesem Spot diese Gegend vom Saflischtal als die eindrücklichste Gegend, die er je in seinem Leben gesehen hat.

Buzz Aldrin – Astronaut und zweiter Mensch auf dem Mond – im Saflischtal.


In neuester Zeit ist im gleichen Gebiet eine Videoaufnahme erstellt worden vom angehenden Pop Star Anna Smith, die in Zürich lebt. Die Landschaftsaufnahmen wurden ebenfalls in einen Popsong von Anna Smith eingebaut. Auch hier zeigt sich die einmalige Schönheit dieses Gebietes.

Der Videoclip zum Lied «Let you go» von Schweizer Künstlerin Anna Smith wurde teilweise im Saflischtal gedreht.

Das Gebiet für das geplante Solarprojekt ist Teil des Natur- und Landschaftspark Binntal. Die linksufrige Seite des Binntales ist Gebiet der Gemeinde Grengiols. Das Territorium der Gemeinde Grengiols beträgt 58 km². Dies ist ein wesentlicher Anteil des Natur- und Landschaftsparks Binntal. Es wird jetzt darüber diskutiert, ob der Landschaftspark sein Label als Naturpark der Schweiz verlieren soll oder wird. Wenn das Solarprojekt kommt wäre ich sofort dafür, dass das Label für einen Naturpark gestrichen wird.

Dieses Gebiet des Saflischtales ist ein Paradies für eine alpine Flora, zum Glück oder leider bisher wenig bekannt. Auf dem gleichen Quadratmeter dieses Geländes können Sie die Tulipa australis finden und zugleich die Edelweiss vom Breithorn in grosser Zahl. Es gibt in der Schweiz wahrscheinlich kein einziges Gebiet wo eine solche Zahl von Edelweiss gefunden werden kann. Und das Einmalige daran ist wohl, dass auf dem gleichen Quadratmeter die südliche Tulpe und das Edelweiss blüht. Weitere Raritäten aus der alpinen Flora sind hier zu finden; dies könnte bestätigt werden von der diplomierten Botanikerin Dr. Anne Katrin Heitz aus Basel, welche jeden Sommer für den Landschaftspark Binntal botanische Exkursionen ins einmalige Saflischtal durchführt.

Auch von der Fauna hier ist dieses Gebiet sehr interessant: nach der Brutzeit können regelmässig auf diesem alpinen Rasen die Alpenkrähen mit ihren roten Füssen und roten Schnäbeln beobachtet werden. Zusätzlich findet man Ende Sommer Anfang September den durchziehenden Regenpfeifer Mornell Regenpfeifer. Dies sind nur 2 von vielen anderen Vögeln und Wildtieren, die in diesem Gebiet vorkommen. Dieses Gebiet, über das geredet wird, 700 Fussballfelder, ist überdies auch noch die Burgeralpe für die Kühe der Bauern von Grengiols. Hier in diesem Gebiet befindet sich die höchstgelegene Alpkäserei der Schweiz, 2460 Meter über Meer. Neben der Käserei steht die Kapelle «Maria zum Schnee», frisch renoviert.
Ich glaube, es ist an der Zeit, dass gegen die kühl rechnenden Politiker, die schon im Wahlmodus sind, die Naturschutzorganisationen sich voll rüsten und Gegenmassnahmen ergreifen.

8 Kommentare

  1. Wenn schon solche riesige Anlagen in den Alpen gebaut werden sollen, dann sollte man diese als schwimmende Plattformen auf die vorhandenen Stauseen platzieren. Mit dem Lac de Dix und dem Lac de Moiry steht eine Fläche von 5 km2 zur Verfügung – ausserhalb von Schutzgebieten und anderen wertvollen Flächen. Vor allem in Japan gibt es zahlreiche solche schwimmenden Solarparks – diese funktionieren gut.

  2. Solche Anlagen haben in solchen abgeschiedenen Naturflächen keinen Platz.
    Wenn schon dann in bereits verbauten und verschandelten Gebieten Solaranlagen hinstellen.
    Politiker ticken halt so wenn in Bern auf Panik gemacht wird dann versuchen diese Profitgeier alles mögliche.
    Darum immer auf die Finger schauen und solchen Blödsinn verweigern.

  3. Nun, wie ist dem Landschaftsschutz gedient, wenn irgendwann kein Strom mehr fliesst. Wenn keine Heizung mehr läuft und jeder sein Brennholz im nächsten Wald schlägt? Wenn jeder wieder zurück zu den Fossilen wechselt und die Energiewende auf den Sankt-Nimmerleintag verschoben wird? Wenn alle immer alles ablehnen, dann bleibt es irgendwann einfach dunkel, das ist Physik. Und dann wird die Energieproduktion erst recht dreckig, siehe Kohlenstrom aus Deutschland. Die eigene Landschaft zu schützen, indem der ganze Dreck einfach woanders anfällt, hat mit Naturschutz nichts zu tun. Das ist nichts als purer Egoismus.

    • Gehen Sie mal in die Nähe des Flughafens Kloten. Alle paar Minuten hebt dort ein Passagierflugzeug ab. Dito im Engadin, nicht nur beim Flughafen Samedan. Ein Passagierflugzeug nach dem anderen hinterlässt Kondensstreifen am Himmel. Man sollte mal eine Studie machen, wie viel Treibstoff da von der High Society verschwendet wird mit dieser Fliegerei und was man damit vernünftigeres anstellen könnte. Und da redet man vom Energiesparen bei Licht und Heizung? Und macht solche wahnsinnigen Projekte, welche die Natur verschandeln? Und warum muss Energieerzeugung immer Zentral sein? Warum nicht mehr möglichst autarke Häuser?
      Es läuft nach dem Motto «Wir alle sind für den Luxus, auf das Notwendige können wir ja getrost verzichten?»
      Die Lösungen sollten nicht schlimmer als das Problem sein.

      «Wie viel Kerosin verbraucht eine Boeing 747 pro Stunde?
      Pro Stunde verbraucht der Jumbo durchschnittlich zehn Tonnen Kerosin. Beim Start und in der ersten Steigflugphase sind es sogar 15 Tonnen pro Stunde, in über 11 000 Metern Höhe nur noch 9,2 Tonnen.»

  4. Jede alpine PV Anlage von der politisch gewollten Grösse (>5 ha) ist ein massiver ästhetischer Eingriff in eine Landschaft, die typischerweise oberhalb der Waldgrenze, weitläufig, südorientiert und gleichmässig geneigt ist. Da wird es immer nachvollziehbare emotionale, ablehnende Stimmen gegen solche Projekte geben. Es ist aber nicht erst seit der Energiekrise dringend, Umweltschutz in einer ganzheitlichen Betrachtung zu verstehen und zu betreiben. Dann weitet sich die Optik über die technische Installation von Panels hin zu Schutz der Umwelt vor Luftverschmutzung, nuklearen Abfällen, Klimaerwärmung, und Artensterben. Und weil da rasche und wirkungsvolle Handlungen nötig sind, wird eindimensionaler Widerstand gegen solche Lösungsansätze wie die Sonnenenergie ein Spiel mit dem Feuer. Sämtliche Blockaden aus dieser einseitigen Betrachtungsweise zusammen müssen sich gegenüber den zukünftigen Generation verantworten für – seit Jahrzehnten – verpasste Chancen, diesen Umweltkrisen wirkungsvoll zu begegnen.

  5. Gut, dass dieser Artikel hier publiziert wurde! Ich hatte mich mit diesem Solarprojekt in Gengiols noch kaum befasst, vermutete aber schon, dass es aus Sicht des Natur- und Landschafstschutzes dort problematisch sein könnte. Dr. med. Alex Agten hat voll und ganz recht. Das muss man natürlich wissen! Ich schliesse mich auch den Meinungen der Kommentatoren Dominik Scheibler und Ferdi Projer an..

  6. Die meisten der genannten Pflanzenarten werden auch weiterhin zu finden sein. Auf Nordhängen ist es auch etwas schattiger, ähnlich wird es unter den Modulflächen sein. Vermutlich werden sich auch einige Arten nur dadurch halten, dass die Anlagen Schatten spenden, während sie sonst infolge der Klimaveränderung in höhere Regionen – fas vorhanden – abgedrängt würden.

    Die Zahlen entsprechen auch nicht dem aktuellen Stand, Jetzt sollen rund 600 TWh gewonnen werden, was wohl etwa 400 MW installierte Leistung bedeuten würde. Ganz normal, dass sich in einer frühen Phase die Überlegungen ändern.

  7. Die Abwägung ist hier zwischen «aus dem Siedlungsgebiet nicht einsehbaren» Standorten und sichtbaren gefallen. Erstere sind natürlich im Umkehrschluss abgelegener und ihrerseits von Blicken auf Siedlungsgebiete frei. Ebenso gute Flächen gäbe es, unter Ausklammerung der Skipisten, auch in der Hanglage Riederalp – Bettmeralp – Fiesch. Vielleicht würde man Teile davon auch von Brig aus sehen. Das wäre eine «naheliegende» Alternative.

    Eine weitere Alternative wäre die fortgesetzte Zerstörung der Natur durch den Klimawandel. Bei 600 MWh im Jahr geht es bei fossiler Stromerzeugung um massive Klimabeeinträchtigungen, die umgerechnet auf der Fläche von ganzen Kantonen stattfindet, nicht nur ein paar km2 verändert. Das wird nur dadurch verschleiert, dass es sich um eine Klimaerwärmung um 0,000x Grad auf der Erde handelt und nicht um ein paar Grad mehr auf 0,000y Prozent der Erdoberfläche.

    Dritte Alternative wäre Bezug von Solarstrom aus der Sahara. 600 MWh im Jahr könnten in Verbindung mit Batterien bei 6000 Vollaststunden mit einer Übertragungsleistung von 10 MW befördert werden, das wäre etwa 1/50 der Leistung einer modernen HGÜ-Leitung. Bei 2000 km Streckenlänge von der Schweiz nach Südspanien wären das rund 5000 Hochspannungsmasten in Europa; anteilig 1/50 davon sind 100 Masten auf einer Strecke von 40 km.
    Vergleicht man nun 40 km Hochspannungsleitung mit der Bedeckung einer Alm mit Solarpanels, stellt letztere das kleinere Übel für das Landschaftsbild das, zumal in der Sahara ja auch Fläche benötigt würde. Kalkuliert man mit 30 m Trassenbreite, haben die 40 km anteilig kalkulierter Länge der Stromleitung eine Fläche von 1,2 km2, das ist wiederum weniger als die Fläche des geplanten Solarparks; die Masten sind in größerem Raum zu sehen, aber dominieren nicht den Landschaftseindruck, auch infolge Gewöhnung. Rechnete man nur die Masten und nicht die von den Seilen der Hochspannungsleistung bloß überspannte Fläche, steht die Hochspannungsleitung noch besser dar (wiederum ohne den Flächenbedarf des Solarparks in der Sahara gerechnet).

    Berücksichtigt man noch die eigenen Handlungsmöglichkeiten, die Versorgungssicherheit, die eigenen Verantwortung und die Akzeptanz bei der Bevölkerung, fällt die Entscheidung bei allen drei Vergleichen zu Gunsten des Projektes aus.

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