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Pestizid Chlorothalonil ist neu verboten

Die Anwendung des wahrscheinlich krebserregenden Pestizids Chlorothalonil ist seit Anfang Januar 2020 verboten. Vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die Grenzwerte im Grundwasser von einigen Chlorothalonil-Abbauprodukten massiv überschritten wurden. Es könnte der Anfang einer Welle von Verboten sein – im Rahmen eines vom Bund eingeführten Programms werden zugelassene Pestizide erneut überprüft.

Balear, Bravo, Cargo, Daconil, Rover, Tossa – die Produktenamen im Pflanzenschutzverzeichnis des Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) sind vielfältig und klingen harmlos. Sie alle enthalten jedoch den Wirkstoff Chlorothalonil und haben seit kurzem den Vermerk «Aufbrauchfrist: 31. Dezember 2019». Mitte Dezember letzten Jahres wurde vom BLW mitgeteilt, dass die Zulassung von Produkten mit Chlorothalonil mit sofortiger Wirkung entzogen wird. Der Verkauf des Wirkstoffes wurde per 10. Dezember verboten, die Anwendung per 1. Januar 2020.

50 Jahre Chlorothalonil

Das in den den 1970er Jahren eingeführte, und nun als krebserregend eingestufte Fungizid, war beinahe 50 Jahre in der Schweizer Landwirtschaft im Einsatz. Das Mittel gegen Pilzkrankheiten fand eine breite Anwendung. Es wurde im Kartoffel-, Getreide-, Gemüse-, Wein- und Zierpflanzenbau eingesetzt. Nach Angaben des BLW wurden im Jahr 2017 schweizweit 45 Tonnen Chlorothalonil verkauft. Damit landete das Fungizid auf Platz vier der meist verkauften chemisch-synthetischen Pestiziden – nach Glyphosat, Folpet und Mancozeb. Der Beschluss des BLW, die Zulassung eines Verkaufsschlagers per sofortiger Wirkung zu entziehen, steht symbolisch für die momentan unsichere Stimmung beim BLW zum Zulassungsverfahren von Pestiziden und zu der bereits bestehenden Liste der bewilligten Mittel.

Abbauprodukte im Grundwasser nachgewiesen

Im letzten Jahr wurden Abbauprodukte, sogenannte Metabolite, von Chlorothalonil an verschiedenen Orten in der Schweiz im Grundwasser nachgewiesen. Eine Studie des Wasserforschungsinstituts Eawag und der ETH Zürich hat aufgezeigt, dass die Grenzwerte von 0.1 µg/L teils deutlich überschritten wurden. Ein Chlorothalonil-Metabolit wurde in einigen Proben bis zu 25mal über dem Anforderungswert für Pestizide im Grundwasser gefunden. Dies kann auch zu Höchstwertüberschreitungen von Pestiziden im Trinkwasser führen – naturschutz.ch hat im September darüber berichtet. Zusammen mit den zuvor publizierten Berichten der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA), die den Wirkstoff Chlorothalonil in die Kategorie 1B der Karzinogene eingestuft haben (Carc. 1B – H350 Kann Krebs erzeugen), lösten die Meldungen eine Welle der Empörung aus.

Wie schädlich sind die Abbauprodukte?

«Eine gefährliche Wirkung für die Abbauprodukte von Chlorothalonil kann aktuell nicht ausgeschlossen werden», verlautet das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Da der Wirkstoff Cholorothalonil als potentiell krebserregend eingestuft wird, müssen auch seine Abbauprodukte auf ihr kanzerogenes Potential überprüft werden. Ohne entsprechende Daten gelten sie als potentiell gesundheitsgefährlich. Da Metaboliten oft persistenter sind als der ursprüngliche Wirkstoff, könnten die Abbauprodukte von Chlorothalonil noch lange in der den Schweizer Böden und Gewässern zu finden sein. Mit einer Einstufung der Metabolite in «kanzerogen», könnte der jahrlange Einsatz von Chlorothalonil in der Schweizer Landwirtschaft noch schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Überprüfungsprogramm weiterer Pestizide

Das BLW lässt verlauten, dass viele Produkte, die in der 1970er- und 1980er-Jahren bewilligt wurden, heute keine Zulassung mehr erhalten würden. Deshalb wurde vom Bund ein Programm zur Überprüfung von alten Pestiziden eingeführt. Im Rahmen dieser Überprüfung wurden bereits 100 Wirkstoffe getestet, weitere Untersuchungen folgen. Es ist wahrscheinlich, dass künftig vermehrt Pestzide als gefährlich eingestuft werden, die zuvor als unbedenklich galten.

Mehr Ökologie in der Landwirtschaft

Das Überprüfungsprogramm ist unter anderem notwendig, weil in den vergangen Jahren die Sensibilität der Gesellschaft in Bezug auf die Umweltbelastung von Pestiziden stark zugenommen hat. Der Ruf nach mehr Ökologie in der Landwirtschaft wird laut. So fordern derzeit auch zwei Initiativen – die Trinkwasser- und Pestizidinitative – eine stärkere Regulierung des Pestizideinsatzes in der Schweizer Landwirtschaft. Nebst politischen Massnahmen trägt auch ist ein bewusster Konsum zu einer gesunden Umwelt bei: Wer regionale Biolebensmittel kauft, setzt sich aktiv für sauberes Grund- und Trinkwasser ein.

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