Pflanzen werten so ziemlich jedes Zimmer auf und sind heute Standard in fast jedem Haushalt. Leider sorgen weite Transportwege und torfhaltige Erde dafür, dass ausser den Blättern nicht viel Grünes an Zimmerpflanzen zu finden ist. Aber auch Zimmerpflanzen können nachhaltig sein, wenn man einige Dinge beachtet.
Monstera, Calathea, Efeutute – egal, Hauptsache grün. Sie gehören mittlerweile zu einer hippen Wohnung dazu, je ausgefallener die Muster oder Blätter, umso besser. Gerade während der Corona-Pandemie ist der Hype nach den exotischen Pflanzen explodiert – hatte doch jeder plötzlich Zeit sich um seinen «Urban Jungle» zu kümmern. Gerade in Baumärkten oder auch bei Ikea bekommt man für wenig Geld viel Grün. Doch wie so häufig heisst es leider: Ist es zu günstig, ist es wahrscheinlich nicht nachhaltig.
Die Sache mit dem ökologischen Fussabdruck
Die meisten unserer klassischen Zimmerpflanzen stammen ursprünglich aus tropischem Klima. Entsprechend ist es sehr viel einfacher und schneller die Pflanzen dort zu züchten, wo optimale Bedingungen für ihr Wachstum herrschen. Das hat nicht nur lange Transportwege und entsprechende Emissionen zur Folge, sondern auch einen ganzen Haufen Giftstoffe. Der Pestizideinsatz ist nämlich bei ausländischer Zucht nicht gleich beschränkt wie hier zu Lande. Eine Greenpeace Studie aus dem Jahr 2014 hat herausgefunden, dass 97% der Pflanzen in Supermärkten, Gartencentern und Baumärkten Rückstände von Pestiziden aufweisen und auf fast der Hälfte der Pflanzen wurden Pestizide gefunden, die in der EU nicht zugelassen sind. Die Arbeiter in den Herkunftsländern bekommen oft nicht nur schlechte Löhne, sondern auch kaum Schutzkleidung, obwohl sie so vielen Pestiziden ausgesetzt sind.
Für Käufer ist es leider praktisch unmöglich herauszufinden, wo die Pflanzen herkommen. Auf dem Etikett ist zwar ein Land vermerkt, dies ist jedoch lediglich das Land des letzten Produzenten – genauer, das Land, in dem die Pflanze zuletzt umgetopft wurde. Bei uns in der Schweiz steht also häufig NL für die Niederlande drauf, da sich dort die ganzen Verteilkreuze für Pflanzen befinden.
Doch auch eine hiesige Zucht ist nicht zwingend besser für den ökologischen Fussabdruck. Um grosse Mengen tropischer Pflanzen in unserem Klima zu züchten, sind nämlich riesige Gewächshäuser nötig. Diese benötigen viel Strom und Wasser.
Abgesehen vom ökologischen Fussabdruck sorgt die Nachfrage nach seltenen Pflanzen dazu, dass geschützte Orchideen, Sukkulenten und Kakteen teilweise aus der Natur geraubt werden. Über die Anbaumethoden von Pflanzen ausserhalb der EU ist häufig nicht viel bekannt und die Käufer wissen nicht, ob für die Anbauflächen natürliche Lebensräume verdrängt wurden oder die Pflanze gar illegal aus der Natur entwendet wurde.
Erde, für die die Moore sterben
In den meisten Substraten von Zimmerpflanzen ist Torf enthalten. Torf eignet sich zur Anzucht von Pflanzen, denn es ist ein optimaler Speicher für Wasser und Nährstoffe. Doch der Torfabbau ist alles andere als unproblematisch, denn Torf wird aus trockengelegten Mooren gewonnen (naturschutz.ch berichtete). Durch den intensiven Torfabbau gehören Moore weltweit zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen. Pro Jahr setzt sich in einem Moor nur rund ein Millimeter Torf ab – sie zurückzugewinnen ist also eine Frage von Jahrhunderten. Zudem werden beim Abbau immense Mengen an CO2 freigesetzt, welche zuvor im Moor gespeichert waren.
In der Schweiz stehen Moore seit 1987 unter Schutz. Dennoch werden viele Pflanzen nach wie vor in torfhaltiger Erde gezüchtet, denn der Import ist nicht verboten, lediglich der Abbau. Dadurch schreitet der Torfabbau vor allem in Nordeuropa weiter fort. Ganze 43% des globalen Torfabbaus werden für Erden und Substrate benötigt. Die Schweiz importiert jährlich bis zu 500’000 m3 Torf, damit könnte man zwei olympische Schwimmbecken füllen.

Zwar werden in der Schweiz mittlerweile – dank dem Torfausstiegskonzept – praktisch nur noch torffreie Sackerden verkauft, doch viele Pflanzen werden nach wie vor in torfhaltigem Substrat kultiviert und verkauft. Für Käufer ist dies praktisch nicht ersichtlich da auf den Schildern nichts über die Zusammensetzung der Erde zu finden ist.
Doch auch bei den Torfalternativen ist Vorsicht geboten. Gerade für Zimmerpflanzen wird gerne Erde mit Kokosfasern angepriesen, da sie eine ähnliche Wasserspeicherfähigkeit hat wie Torf. Kokosfasern werden als Nebenprodukt von Kokosnüssen gewonnen, doch man sollte aufpassen, wenn keine entsprechenden Siegel oder Zertifikate vorhanden sind. Für Kokospalmen-Plantagen wird häufig Regenwald abgeholzt und Land von Anwohner:Innen enteignet. Entsprechend sollte man unbedingt auf ein Fairtrade-Label achten. So sind zumindest die Arbeitsbedingungen fair und die Umwelt wird nicht ganz so stark belastet. Die hohen CO2-Emissionen durch den weiten Transport bleiben allerdings bestehen.
Also lieber doch keine Pflanzen?
Nun könnte man meinen, dass man am besten einfach gar keine Pflanzen mehr haben sollte. Doch auch Zimmerpflanzen können nachhaltig sein, angefangen beispielsweise beim Topf. Pflanzen kommen häufig in den typischen Plastiktöpfen. Wer auf Plastik bei Zimmerpflanzen verzichten möchte, kann beispielsweise auf Terrakottatöpfe setzen. Durch die porösen Wände kann Feuchtigkeit gut nach aussen entweichen. Die ist ideal für Pflanzen wie Kakteen oder Sukkulenten, die nicht zu nass werden sollten. Pflanzen, die etwas Feuchtigkeit bevorzugen, müssen allerdings häufiger gegossen werden.
Jetzt bleibt es noch die Frage zu klären, wie man nun an eine nachhaltige Pflanze kommt. Entscheidet man sich zu einem Kauf, sollte man darauf achten, Pflanzen aus zertifizierter Züchtung zu kaufen. Damit wird man zwar den CO2 Ausstoss durch Transport oder Gewächshaus nicht los, aber zumindest kann man so sichergehen, dass weniger Pestizide eingesetzt werden und angemessene Arbeitsbedingungen herrschen. Ein Beispiel ist das Bio-Label der EU oder das Zertifikat von Global-G.A.P., welches die Rückverfolgbarkeit der Pflanzen und die Minimierung von Pestiziden einschliesst.


Die noch nachhaltigere (und günstigere!) Alternative ist, Pflanzen stattdessen selbst zu ziehen, zu tauschen oder Second Hand zu erwerben. Wie haben dazu einige Tipps zusammengetragen:
Vermehren und Tauschen
Die allermeisten der üblichen Zimmerpflanzen kann man mit relativ wenig Aufwand vermehren. Am besten funktioniert dies jeweils im Frühling, wenn sich die Pflanzen sowieso in einer Wachstumsperiode befinden. Alle Pflanzen die Luftwurzeln bilden – beispielsweise Monstera oder Efeutute – kann man durch Stecklinge vermehren, also in dem man einen Teil der Pflanze abschneidet und durch Einstellen in Wasser neu Wurzeln lässt. Bei anderen Pflanzen, wie der Ufo Pflanze, bilden sich sogenannte Seitensprossen, die man von der Mutterpflanze mit einem scharfen Messer abtrennen und in einen eigenen Topf pflanzen kann.
- Stecklinge sind grundsätzlich einfacher, da man nicht aus Versehen die Wurzeln der Mutterpflanze zerstören kann
- Zum Anfangen eignen sich bspw. Monstera oder Efeutute, da die Knotenpunkte gut sichtbar sind und sie Luftwurzeln bilden
- Als Knotenpunkt bezeichnet man den Punkt der Pflanze, wo ein neues Blatt entstehen kann (siehe Bild unten)
- Mit einem scharfen, desinfizierten Messer oder Schere oberhalb eines Knotenpunktes abschneiden
- Stecklinge einige Stunden trocknen lassen, um Schimmel an der Schnittstelle zu vermeiden
- Entweder direkt in feuchter Erde ziehen oder in einem Glas mit klarem Wasser wurzeln lassen
- Wasser ca. zweimal pro Woche wechseln
- Wenn sich genügen Wurzeln gebildet haben kann man die Ableger in Erde topfen
- Für eine dichtere Pflanze topft man am besten mehrere Ableger in einen Topf



Hat man dann eigene Ableger, kann man diese auf Pflanzenbörsen gegen andere Ableger tauschen. Es gibt beispielsweise Facebook-Gruppen oder Pflanzenbörsen in denen fleissig Pflanzen getauscht werden. Zudem eignen sich Ableger super als Geschenk. Es kann sich auch lohnen, sich bei Freunden in der Wohnung umzusehen und zu fragen, ob man einen Steckling mitnehmen kann.
Second Hand
Wenn man eine spezifische Pflanze im Kopf hat, lohnt sich ein Blick in Second Hand Plattformen wie Ebay Kleinanzeigen, Ricardo oder Facebook Marketplace. Leute verkaufen dort entweder ihre Ableger oder gerade bei Umzügen sogar ganze Pflanzen. In Bern gibt es mittlerweile ein eigenes «Pflanzenbrocki» in dem Pflanzen für den Innen- und Aussenbereich sowie Töpfe und Unterteller erworben werden können. Auch in Embrach (Kanton Zürich) befindet sich ein solches Gartenbrockenhaus.
Aus Samen / Kernen ziehen
Die wohl befriedigendste, aber auch aufwendigste Methode, sich Zimmerpflanzen zu beschaffen, ist, sie selbst zu ziehen. Entweder durch gekaufte Samen oder aber durch Fruchtkerne. Die bekanntesten Beispiele in dieser Hinsicht wären wohl Avocado und Mango. Das Ganze braucht zwar einen Haufen Geduld, aber eine komplett selbstgezogenen Pflanze zu bewundern ist schon ein tolles Gefühl. Bei mir ist zwar bisher noch jeder Avocado und Mango Baum nach spätestens zwei Jahren eingegangen, trotzdem werde ich das Experiment wohl auch noch ein weiteres Mal wagen.
Auch Kakteen kann man übrigens selber ziehen, Samenmischungen dazu gibt es im ganz normalen Samen-Bedarf. Da kommt dann noch ein gewisser Überraschungseffekt dazu da man nicht genau weiss, welche Art von Kaktus da nun genau heranwächst. Und das Beste: Handelsübliche Kakteenerde kommt komplett ohne Torf und Kokosfasern aus, da diese zu viel Wasser speichern würden. Achtung: Das Umtopfen gestaltet sich hier jedoch etwas schwieriger als bei Pflanzen ohne Stacheln. Bei mir hat sich ein Teelöffel und Backhandschuh bewährt.

Um eine der klassischen exotischen Zimmerpflanzen aus Samen zu ziehen, muss man sich etwas länger im Internet umsehen. Doch auch da wird man auf verschiedensten Plattformen fündig. Hier lohnt es sich, einerseits genau nachzulesen, unter welchen Bedingungen die Samen am besten Keimen und andererseits auf qualitativ hochwertige Samen zu setzen, um möglichst gesunde Pflanzen zu erhalten. Wir wünschen auf jeden Fall viel Erfolg und Spass beim säen, vermehren und tauschen!
Quellen und weitere Informationen:
https://www.waschbaer.ch/magazin/nachhaltige-zimmerpflanzen
https://cradle-mag.de/artikel/nachhaltige-zimmerpflanzen-erkennen-kaufen.html
https://berlin.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/tipps/32708.html
https://www.watson.ch/schweiz/wissen/540560445-nachhaltigkeit-darum-sind-an-deiner-zimmerpflanze-nur-die-blaetter-gruen
https://www.nzz.ch/wissenschaft/zimmerpflanzen-demonstrieren-naturnaehe-sind-aber-oft-nicht-umweltfreundlich-ld.1767061
https://pflanzpaket.de/blogs/themen/nachhaltigkeit
[…] Viel Erfolg und Freude beim Säen, Vermehren und Tauschen (Quelle: naturschutz.ch)! […]