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Unser Trinkwasser ist gefährdet

Obwohl das Schweizer Trinkwasser bereits heute vielerorts stark belastet ist, könnten parlamentarische Entscheide in der laufenden Session den Schutz weiter schwächen – mit unabsehbaren Folgen für unsere Gesundheit und die Artenvielfalt.

Vielerorts müssen Trinkwasserfassungen aufgegeben oder verunreinigtes Trinkwasser aufwendig aufbereitet oder mit sauberem Wasser verdünnt werden. Häufig sind Schadstoffe aus der Landwirtschaft schuld, die über Felder und Flüsse ins Grund- und Trinkwasser gelangen. Doch statt unser Trinkwasser besser zu schützen, könnte das Parlament mit mehreren Entscheiden während der aktuellen Session zu einer weiteren Beeinträchtigung beitragen.

«Wir müssen unser Trinkwasser besser schützen. Denn einmal ins Wasser gelangte Schadstoffe können dort über Jahrzehnte verbleiben und unsere Gesundheit gefährden», sagt Martina Munz, Präsidentin von Aqua Viva. Die Gewässerschutzorganisation fordert, dass das Parlament den Pestizideintrag ins Grund- und Oberflächenwasser reduziert, wie es unter dem Druck der Trinkwasser- und Pestizidinitiativen beschlossen wurde (19.475).

Gewässerschutz unter Druck

Aqua Viva ist besorgt: Mit der Motion Gapany FDP/FR (25.3154) würde das Schweizer Gewässermonitoring an jenes der EU angeglichen. Das Gewässermonitoring für Oberflächengewässer würde neu über die Vegetationsperiode gemittelt, statt wie bisher über zweiwöchige Mischproben. Ein solches Monitoring verschleiert Zeiträume mit hoher Belastung und käme faktisch einer Erhöhung der aktuellen Grenzwerte gleich. Risiken für Mensch und Natur blieben unerkannt. Da 20 Prozent des Schweizer Trinkwassers aus Oberflächengewässern stammen, könnte die Motion zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen und die Artenvielfalt vor allem in kleineren Gewässern in landwirtschaftlich stark genutzten Gebieten gefährden. 
 
Die restlichen 80 Prozent des Schweizer Trinkwassers stammen aus Grundwasser. In vielen Kantonen bestehen jedoch erhebliche Defizite beim Grundwasserschutz. Das BAFU schätzte 2018, dass 12 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit Wasser aus Trinkwasserfassungen versorgt werden, deren Schutzzonen unzulänglich sind. Die Geschäftsprüfungskomission des Nationalrats möchte den Kantonen daher verbindliche Fristen für die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben zum Trinkwasserschutz setzen (22.3873) sowie Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes stärken (22.3874). Entgegen der klaren Annahme durch den Nationalrat im Jahr 2022 und der mehrheitlichen Unterstützung des Bundesrats beantragt die UREK-S dem Ständerat nun, diese Motionen abzulehnen.

Fehler der Vergangenheit – Beispiel Chlorothalonil

Was passiert, wenn wir sorglos mit unserem Trinkwasser umgehen, zeigt der Fall Chlorothalonil. Der Wirkstoff wurde seit den 1970er-Jahren in grossen Mengen gegen Pilzbefall verspritzt. Bereits 2020 wurde das Fungizid verboten. Anlass des Verbots war eine Neubewertung des gesundheitsgefährdenden Potenzials von Chlorothalonil und seiner Abbauprodukte durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Die Abbauprodukte von Chlorothalonil sind in der Umwelt äusserst langlebig, so dass unser Trinkwasser voraussichtlich weitere Jahrzehnte übermässig belastet bleibt. In der Schweiz wurden und werden deshalb Trinkwasserversorgungen teuer saniert. Gemäss einem Bericht des Bundesrats vom 29. Januar 2025 fallen dafür Investitionskosten zwischen 54 und 818 Millionen Franken an. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich auf 13 bis 74 Millionen Franken.
 
Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Eine Lockerung des Trinkwasserschutzes ist gesundheitsschädlich und kann uns teuer zu stehen kommen.

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