StartNewsPolitikFreihandelsabkommen mit Indonesien: Ja oder Nein?

Freihandelsabkommen mit Indonesien: Ja oder Nein?

Die kommende Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien verknüpft erstmals den Palmölimport direkt mit Nachhaltigkeitsstandards – ein politischer Erfolg. Zugleich warnen NGOs jedoch davor, dass diese Nachhaltigkeit nicht garantiert werden kann, und dass eine Zollreduktion die Nachfrage nach umweltschädlichem Palmöl steigern wird. Wir haben die Argumente, die für und gegen das Abkommen sprechen, übersichtlich zusammengefasst.

Kürzlich hat die Schweiz mit dem Wachstumsmarkt Indonesien ein neues Handelsabkommen abgeschlossen. Das Abkommen beinhaltet für Landwirtschaftsprodukte zwar keinen Freihandel, dafür jedoch einen teilweisen Zollabbau. Dies gilt auch für eine beschränkte Menge Palmöl, sofern dieses gewisse Nachhaltigkeitsstandards erfüllt. Gegen das Abkommen wurde unter dem Motto «Stop Palmöl – Nein zum Freihandelsabkommen mit Indonesien» Referendum ergriffen. Im Zentrum der Kritik steht die Nachhaltigkeit der Palmölproduktion. Bekanntlich trägt die Palmölproduktion in Indonesien zur Zerstörung artenreicher Regenwälder und zur Verletzung von Menschenrechten bei. Die Frage ist nun, ob die Nachhaltigkeitsstandards, die dem Handelsabkommen als Grundlage dienen, die Nachhaltigkeit garantieren können – oder ob die Produktion weiterhin umweltschädlich und menschenrechtsverletzend sein wird. Um die Entscheidung für die Abstimmung am 7. März etwas zu erleichtern, haben wir Argumente beider Seiten, welche die Nachhaltigkeit der Palmölproduktion betreffen, zusammengefasst.

Argumente, die für das Freihandelsabkommen sprechen

Erstmals verbindliche Nachhaltigkeitsstandards in einem Handelsabkommen
Der innovative PPM-Ansatz (Process and Production Method) verknüpft erstmals in einem Handelsabkommen die Zollreduktion mit detaillierten Nachhaltigkeitsbestimmungen. Diese Verknüpfung der Nachhaltigkeitsbestimmungen für Palmölimporte ist ein politischer Erfolg und setzt dies ein Zeichen für die Bemühungen in Richtung einer nachhaltigeren Palmölproduktion, was dringend notwendig ist. Der PPM-Ansatz ist ausserdem für andere Produktkategorien höchst vielversprechend und könnte wegweisend für zukünftige Handelsabkommmen sein.

Verbesserung gegenüber dem einheimischen ISPO Standard
Als Grundlage für die verbindlichen Nachhaltigkeitbestimmungen im Abkommen gilt unter anderem der revidierte RSPO-Standard (Runder Tisch für Nachhaltiges Palmöl), was eine klare Verbesserung gegenüber dem einheimischen ISPO (Indonesian Sustainable Palm Oil) Standard ist.

Alternativen zu Palmöl sind auch umweltschädlich
Während man durch eine biologische, frische und saisonale Ernährung die Nachfrage nach umweltschädlichem Palmöl verringern kann, ist eine radikale Boykottierung von Palmöl keineswegs per se eine nachhaltigere Alternative. Für gewisse Produkte wie Seifen, Hautcremes oder Waschmittel sind alternative Öle notwendig. Raps-, Soja- oder Kokosöl sind jedoch weniger ressourceneffizient als Palmöl und verbrauchen somit mehr Land und Wasser für dieselben Erträge (deshalb finden wir ja auch gerade Palmöl und nicht beispielsweise Rapsöl in fast jedem zweiten Fertigprodukt). Eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) zeigt, dass für die Schweiz Rapsöl die vielversprechendste Alternative ist. Eine Ölpalme produziert durchschnittlich jedoch mehr als doppelt so viel Öl pro Fläche wie Schweizer Raps. Andere Quellen sprechen sogar von einem vier- bis neunmal so hohen Flächenverbrauch von alternativen Ölen wie Kokospalmen, Sonnenblumen, Sojabohnen und Raps. Selbst wenn die Produktion von Raps- oder Sonnenblumenölen nicht zur Abholzung der artenreichen Regenwälder beiträgt, so haben generell alle in grossflächigen Monokulturen angebauten Pflanzen negative Auswirkungen auf die Biodiversität. Deshalb sind Bemühungen in Richtung einer nachhaltigeren Produktion, wie in diesem Handelsabkommen, dringend notwendig. Statt einer radikalen Boykottierung ist eine Förderung des biologischen Anbaus in vielfältigen Agroforstsystemen gefragt.

Gründe, die gegen das Handelsabkommen sprechen

Der RSPO Standard kann seine Versprechen nicht halten
Der RSPO Standard, der als Grundlage für das Freihandelsabkommen dient, wird seit Jahren aufgrund der ungenügenden Kontroll- und Sanktionsmechanismen heftig kritisiert. Aus Sicht mehrerer Schweizer Umweltorganisationen hat der RSPO Standard in den letzten 15 Jahren versagt, Nachhaltigkeit im Palmölsektor sicherzustellen. Weiterhin werden für die Palmölproduktion in Indonesien jährlich grosse Flächen Regenwald abgeholzt, was massiv zum globalen Artenverlust und zum Klimawandel beiträgt. In den grossflächigen Monokulturen gibt es keine Artenvielfalt. Ausserdem verletzt die Palmölproduktion oftmals die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung, insbesondere der indigenen Völker, die aus den Gebieten vertrieben werden. Dies zeigt: Die Ressourceneffizienz der Ölpalme ist als einziges Kriterium für die politische Diskussion rund um Palmöl unzureichend. Produkte mit dem RSPO-Label sind zwar besser als solche ohne Label, aber von Nachhaltigkeit kann man leider (noch) nicht sprechen.

Nachfrage wird durch Greenwashing erhöht
Die Verknüpfung des Handelsabkommens mit verbindlichen Nachhaltigkeitsstandards ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch aktuell kann keine nachhaltige Produktion des indonesischen Palmöls garantiert werden. Das Komitee, welches das Referendum gegen das Freihandelsabkommen ergriffen hat, warnt vor Etikettenschwindel – da man beim importierten «nachhaltigen» Palmöl, für welches die Zollreduktion gelten würde, zurzeit noch nicht von Nachhaltigkeit sprechen kann. Es besteht die Gefahr, dass es unter dem Deckmantel von Nachhaltigkeit zu Greenwashing kommt. Die Zollreduktion wird dann zu einer weiteren Ausdehnung von Palmölplantagen und zur weiteren Abholzung des Regenwalds beitragen. Diese Ansicht vertritt auch Irena Wettstein, Co-Geschäftsleiterin der Stiftung PanEco – im Interview mit naturschutz.ch zeigt sie auf, weshalb das Abkommen aus der Sicht der Artenschutzorganisation abgelehnt werden sollte.

7 Kommentare

  1. Well, if you say NO to this agreement which included sustainability chapter and capacity building and cooperation, we will lose the chance to make it better. It is not perfect, but we must try to improve. We need to collaboration, work together with all stakeholders, not avoiding each other, otherwise global climate change reduction cannot be achieved. This is what the SDGs and IPBES said. But if the collaboration considers as a greenwashing as Irene says, what else the solution then. You may should know that deforestation happened mostly outside palm oil concession. The Indonesians have invested alot for improvement. If there are still negative cases in the field, that rather illegal, and the law enforecement should be improved not banning. Just for thought

  2. Wenn wir eine Verantwortung für eine nachhaltige Globalentwicklung wahrnehmen wollen, dann heisst die Antwort ganz klar nein, denn niemand in Europa braucht Speiseöl aus dem Fernen Osten. Hier geht es nur für die grossen Handels- und Nahrungsmittelhersteller darum, einen Grundstoff möglichst billig zu bekommen.

  3. Rabs braucht mehr Fläche, dass stimmt. Er kann jedoch in eine Fruchtfolge integriert werden, ist hier herstellbar (man kann also kontrollieren was läuft) und es werden keine Urvölker dafür verjagt. Mit den Bemühungen für die Biodiversität in der Schweiz: Vernetzungsprojekte, Biodiversitätsförderflächen (Buntbrachen, Blühstreifen, Krautsaum…auf Ackerfläche) und politischem Mitspracherecht haben wir die Chance «eine eine Förderung des biologischen Anbaus in vielfältigen Agroforstsystemen» hier umzusetzen. Natürlich ist es wichtig globale Verantwortung zu übernehmen, jedoch ist es ein Paradoxum dies mit einem Freihandelsabkommen erreichen zu wollen. Zumal bei den Austrittsklauseln alles mögliche als Grund steht, der Nichteinhalt der Nachhaltigkeit, jedoch explizit ausgeschlossen wurde.

  4. Ich war vor 10 jahren auf borneo.
    Aus dem flugzeug sind so weit das auge reicht nur palmöl-palmen zu sehen! Sie stehen alle in reih und glied, akribisch so nah wie möglich aneinander gepflanzt, dazwischen nichts, keine anderen pflanzen, kein urwald mehr…
    Kein platz mehr für die, denen dieser flecken erde ursprünglich gehörte, den tieren und den indigenen völker.
    Diese bilder haben mich tief erschüttert.. es war grauenhaft und wir weinten beide..

    Abkommen? Sich an vorschriften halten? Kontrollen? Nachhaltigkeit?
    Nein, an samichlaus glaube ich schon lange nicht mehr! Das einzig richtige ist NEIN zu stimmen

  5. Die Auswirkungen eines solchen Abkommens, positiv oder negativ, werden überschätzt. Ein Abkommen über die Reduzierung der Palmöl-Produktion resp. Export/Import müsste das Ziel sein. 60% des von der EU importierten Palmöls wird in Europa in Verbrennungsmotoren als Biodiesel auf unseren Strassen verbrannt. Alternativen gäbe es. Natürlich sind auch diese nicht in allen Belangen sauber. Aber der Druck auf die Wälder würde stark sinken.

  6. Ich finde das Argument mit der Ressourceneffizienz von Palmöl gegenüber anderen Ölen in irreführend. Man kann eine mitteleuropäische Landwirtschaftszone und die damit verbundenen Potenziale für Biodiversität wohl kaum mit indonesichem Regenwald vergleichen. Abgesehen davon gibt es noch weitere wichtige Faktoren wie den Transport. Hier verschwenden wir Energie, verschmutzen Luft und Ozeane, und verursachen weitaus höhere COs-Emissionen. Wenn Ihr schon eine Entscheidungshilfe liefern wollt, dann recherchiert doch bitte wissenschaftlich. Ich bin extrem enttäuscht, dass ausgerechnet Ihr als Naturschutz-Zeitung derart die Fakten verdreht und so den Lesern ein völlig falsches Bild vermittelt.

  7. 62% Ja Stimmen! Ich habe den Glauben an den gesunden Menschenverstand des schweizerstimmvolkes verloren. Einfach unglaublich, wie naiv Herr und Frau Schweizer abstimmen.

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