Mit der Klimaerhitzung werden auch unsere Gewässer immer wärmer. Zu heiss für viele Lebewesen und gleichzeitig ideal für das Wachstum vieler Algen, deren Abbauprozess den Gewässern den lebenswichtigen Sauerstoff entzieht. Mit Abfischung und künstlicher Belüftung wird teure und aufwändige Symptombekämpfung betrieben, um das Bild der vermeintlichen Naturidylle aufrecht zu erhalten. Dabei braucht es dringend Massnahmen, um die Probleme an der Wurzel zu packen.
An einem heissen Sommertag ein Sprung in einen kühlen See oder Fluss – für viele in der Schweiz der Inbegriff von Naturidylle. Doch die Idylle ist nur scheinbar natürlich. Unter der Oberfläche brodelt es, berichtet Pro Natura in einer Medienmitteilung.
Was die Hitze für Wasserlebewesen bedeutet
Letzten Sommer rückten Fischer und Behörden zu Einsätzen aus um in aufgeheizten, teils trockenfallenden Gewässern die verbliebenen Fische abzufischen und andernorts unterzubringen. Allein im Kanton Bern waren es um die 200 Einsätze. «Steigen die Wassertemperaturen, sinkt die Löslichkeit von Gasen im Wasser, was sich auch an der Blasenbildung beim Wasserkochen beobachten lässt», erklärt Michael Casanova, Gewässerschutzexperte bei Pro Natura. «Wenn nun die Sauerstoffsättigung im Gewässer ab- und die Temperatur zunimmt, ist das für viele Arten, die auf kühles, sauerstoffreiches Wasser angewiesen sind, eine existenzielle Bedrohung. Forellen und Äschen geraten ab 20°C in Hitzestress, ab 25°C wird es überlebenskritisch und die Fische erleiden Organversagen.»
Was das mit der Überdüngung zu tun hat
Algen hingegen vermehren sich bei hohen Temperaturen prächtig. «Wenn in der Region zudem stark gedüngt und Gülle ausgetragen wird, führt das in erwärmten Gewässern zu einer wahren Algenpest», so Casanova. In stehenden Gewässern beginnt das Wasser dann zu faulen, wodurch noch mehr Sauerstoff aus dem Gewässer gezogen wird und das Ökosystem stirbt – so geschehen im Baldegger-, Hallwiler- und Sempachersee. «Solche klinisch toten Ökosysteme werden deshalb seit Jahrzehnten mit teuren Belüftungssystemen künstlich mit Sauerstoff versorgt und am Leben erhalten», weiss der Experte.
In warmen Seen, wo sich unter diesen Bedingungen auch giftige Blaualgen massenhaft vermehren, müssen gar Badeverbote verhängt werden, um Menschen und Haustiere zu schützen – wie beispielsweise am Neuenburger- und Greifensee im letzten Jahr. Gewässerlebewesen aber können ihren Lebensraum nicht verlassen und sind diesen gravierenden Beeinträchtigungen weitgehend schutzlos ausgesetzt.
Massnahmen zur Klimaanpassung
Um die Gewässerlebensräume zu erhalten, müssen Flüsse und Seen in der Schweiz bei der Anpassung an die Klimakrise und die damit einhergehende Hitze und Wasserknappheit unterstützt werden. Hierfür sind drei Dinge besonders wichtig:
- Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Ufer an den Gewässern naturnah und standortgerecht bepflanzt werden. Die Ufervegetation hält sowohl bei Hochwasser als auch in Trockenphasen Wasser im Boden zurück und macht das Gewässer widerstandsfähiger gegen hohe Temperaturen. Die Beschattung der Wasseroberfläche und die Wasserverdunstung über die Blätter haben eine kühlende Wirkung auf die Gewässer und sind damit das natürlichste Mittel um Gewässer vor der Überhitzung zu schützen.
- Es ist wichtig, die Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft drastisch zu reduzieren und die Pufferzonen rund um die Gewässer einzuhalten, um das Algenwachstum in Grenzen zu halten.
- Die Restwassermengen der Wasserkraft müssen angepasst werden. Bei der Vergabe von neuen Konzessionen und der Erneuerung bestehender Nutzungsrechte muss die Restwassermenge vor allem in der heissen Jahreszeit erhöht werden. Wenn mehr Wasser fliesst, nimmt die Gesamterwärmung ab.
Natürlich braucht es Revitalisierungen, extensiv genutzte Gewässerräume und eine Reduktion der künstlichen Dünger-Einträge in die Gewässer. Das bedeutet aber nicht, dass Notabfischungen in Frage gestellt werden müssen. Solche Abfischungen erfolgen auch aus tierschützerischen Überlegungen. Also das eine tun und das andere nicht lassen.