In mehreren Gebieten am Alpen-Nordrand sorgen Wölfe für Aufsehen. Im Gantrisch-Gebiet, am Pilatus und in Appenzell-Ausserhoden sowie im Rheintal sind Wölfe unterwegs, die oft gesehen werden und meist ungeschützte Nutztiere reissen. Diese Wölfe verhalten sich weder auffällig, noch stellen sie eine Gefahr für Menschen dar, sondern sie zeigen das natürliche Verhalten von abgewanderten Jungwölfen. Sollten einzelne Wölfe trotz Herdenschutz regelmässig Nutztiere reissen, bietet das heutige Jagdgesetz die Möglichkeit für Abschüsse.
Bei den Wölfen, die aktuell für Aufsehen sorgen, dürfte es sich in erster Linie um Jungwölfe handeln, die im vergangenen Jahr geboren wurden, so berichtet die Gruppe Wolf Schweiz in einer Medienmitteilung. Jungwölfe wandern oft im Alter von ca. 18 Monaten ab, da sie in diesem Alter kurz vor der Geschlechtsreife stehen und daher von den Elternwölfen im Rudel oft nicht mehr geduldet werden. Jungwölfe sind, wie Jungtiere aller anderen Tierarten auch, mit den verschiedenen Risiken und Gefahren der Umwelt noch weniger vertraut und müssen die Scheuheit erst erlernen. Das ist auch bei jagdbaren Arten hinreichend bekannt. So weiss man etwa, dass auch beim überall intensiv bejagten Reh dessen Jungtiere trotz der Bejagung weniger scheu zeigen und auch öfter überfahren werden als Alttiere, weil sie Strassen noch nicht als Gefahr kennen gelernt haben. Damit junge Wölfe scheu werden, sollten sie aus Siedlungen aktiv vertrieben werden, damit sie schlechte Erfahrungen mit der Präsenz des Menschen machen. Wölfe im Siedlungsgebiet und an Nutztierherden zu vertreiben, stellt keine Straftat dar, sofern sie dabei nicht verletzt werden, und ist nicht gefährlich.
Dass die Wölfe einige Schafe gerissen haben, liegt in ihrer Natur und ist nicht überraschend angesichts des Angebotes an ungeschützten Schafen. Das heutige Jagdgesetz, welches Ende September vom Volk bestätigt wurde, erlaubt den Abschuss von Wölfen, wenn diese eine bestimmte Zahl an Nutztieren reissen, die unter Herdenschutz standen. In Gebieten, in denen aus den Vorjahren schon Wölfe bekannt waren, liegt diese Schadenschwelle bei 15 getöteten Nutztieren pro Kalenderjahr. In allen eingangs erwähnten Gebieten, in denen Wölfe aktuell für Aufsehen sorgen, gab es früher schon Wolfspräsenz (Gantrisch-Gebiet seit 2006, Entlebuch-Pilatus seit 2009, Appenzell-Rheintal seit 2014). Damit bietet die aktuelle Gesetzgebung durchaus Handlungsmöglichkeiten, um mit Problemwölfen umzugehen. Da die Risse der letzten Wochen fast alle in ungeschützten Herden geschahen, kann aber nicht von Problemwölfen gesprochen werden. Aufgrund von Hinweisen, dass auch bei angeblich geschützten Herden die Schutzmassnahmen (Zäune) nicht sachgerecht angewendet wurden, wird die GWS die Überwachung der Gebiete weiter intensivieren.
Dass sich Wölfe in oder um Siedlungen aufhalten, rührt entgegen gewisser Aussagen von Behörden nicht aufgrund der fehlenden Regulierung des Bestandes. Die Regulierung durch Abschüsse wirkt sich nicht nachweislich darauf aus, ob Wölfe auch Siedlungen in ihrem Streifgebiet haben (vgl. KORA-Bericht Nr. 76). Dass aggressives Verhalten von Wölfen gegenüber Menschen auf vorherige Beobachtungen von wiederholter Annäherung an Menschen oder Gebäude zurückgeführt werden kann, lässt ebenfalls sich nicht feststellen. Damit geht auch von den aktuell häufig gesichteten Wölfen in verschiedenen Gebieten am Alpennordrand keine Gefahr aus.