StartNewsNaturBericht von BirdLife: Nun nehmen auch einst häufige Vogelarten ab

Bericht von BirdLife: Nun nehmen auch einst häufige Vogelarten ab

BirdLife International präsentiert heute einen wissenschaftlichen Bericht zum Zustand der Vogelbestände weltweit. Gut 13% der Vogelarten stehen auf der globalen Roten Liste, weitere 9.3% auf der Vorwarnliste. Mindestens 40% der Vogelarten nehmen global in ihrem Bestand ab, während nur 7% zunehmen. Selbst Arten wie Rebhuhn, Kiebitz und Turteltaube, die früher jedes Kind kannte, sind im Rückgang begriffen.

Ehemals häufige Arten gefährdet

BirdLife International präsentiert heute einen wissenschaftlichen Bericht zum Zustand der Vogelbestände weltweit. Gut 13% aller Vogelarten, nämlich 1469, sind global bedroht. Weitere 9.3% stehen auf der Vorwarnliste. Die Einteilung in die Kategorien der Roten Liste erfolgt nach strengen wissenschaftlichen Kriterien. Mindestens 40% der Vogelarten nehmen global in ihrem Bestand ab, während nur 7% einen zunehmenden Bestand haben. 44 Prozent der Bestände sind stabil, bei 8 Prozent ist der Trend unbekannt. Selbst früher häufige Arten wie Rebhuhn, Kiebitz, Papageitaucher und Turteltaube, sind im Rückgang begriffen.

«Die Daten sind eindeutig. Wir erleiden eine stetige und andauernde Verschlechterung des Zustands der Vogelwelt. Ungefähr jede achte Vogelart ist jetzt vom Aussterben bedroht. Das trifft auch auf einst verbreitete und häufige Arten zu, die noch vor wenigen Jahrzehnten über weite Teile des Planeten ein gewohnter Anblick waren», sagt Tris Allinson, Senior Global Science Officer bei BirdLife International.

Die Gefährdungsfaktoren

Zahlreiche Faktoren tragen zur Gefährdung der 1469 Vogelarten der globalen Roten Liste bei. Und viele Arten sind aufgrund einer Kombination von Faktoren gefährdet. Am meisten Rote-Liste-Arten sind durch die Ausweitung und Industrialisierung der Landwirtschaft betroffen, nämlich 74%. Darauf folgen die Forstwirtschaft (50%), invasive fremdländische Arten (39%) sowie Jagd und Wilderei (35%). In 33% der Fälle wurde der Klimawandel als relevanter Bedrohungsfaktor klassifiziert. Damit steht der Klimawandel «nur» an fünfter Stelle. Die beteiligten Wissenschafterinnen und Wissenschafter gehen jedoch davon aus, dass seine Bedeutung in Zukunft zunehmen wird.

Und in der Schweiz?

In der Schweiz ist der Anteil der Vogelarten, die auf der Roten Liste stehen, etwa drei Mal so hoch wie weltweit: Er liegt bei 39% gegenüber 13%. «Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es um den Zustand der Vogelwelt in der Schweiz noch schlechter steht als in vielen anderen Ländern», sagt Dr. Raffael Ayé, Leiter Artenförderung bei BirdLife Schweiz.

«Deshalb ist eine konsequente Umsetzung des Aktionsplans Biodiversität so wichtig», sagt François Turrian, Directeur romand bei BirdLife Schweiz. Und weiter: «Alle Sektoralpolitiken müssen noch mehr zum Schutz der Biodiversität beitragen, am dringlichsten auch bei uns die Landwirtschaft.»

Förderung weltweit bedrohter Vögel in der Schweiz

Drei Vogelarten der globalen Roten Liste und sechs Arten der globalen Vorwarnliste (Near-Threatened) brüten regelmässig in der Schweiz. Eine weitere Art der Vorwarnliste, der Grosse Brachvogel, war früher regelmässiger Brutvogel in der Schweiz, ist aber heute praktisch ausgestorben. BirdLife Schweiz und seine Partner sind für einen Grossteil dieser Arten aktiv. Einige Arten benötigen Massnahmen zugunsten der Lebensräume, wie Biodiversität im Siedlungsraum, oder Reduktion von Gefahrenquellen wie gefährlichen Leitungen und Infrastrukturen. Für drei dieser Arten hat BirdLife Schweiz spezifische Aktivitäten, nämlich für den Kiebitz, die Turteltaube und den Wiesenpieper.

Kiebitz

Der Kiebitz (siehe Titelbild) steht weltweit auf der Vorwarnliste der Roten Liste («Near-Threatened»), weil seine Bestände rückläufig sind. BirdLife Schweiz arbeitet mit Partnern, darunter der Vogelwarte Sempach, zusammen in mehreren Projekten zugunsten dieser Art. Schutz der Nester und Jungvögel vor Landwirtschaftsmaschinen und Beutegreifern sowie die Förderung der Nahrungsverfügbarkeit stehen im Vordergrund. Im April 2017 konnte BirdLife Schweiz eine gewisse Erholung der Bestände in der Schweiz vermelden: Der Bestand hat in den letzten 10 Jahren von weniger als 100 Paaren auf ca. 170 Paare zugenommen, bleibt damit aber immer noch sechs Mal tiefer als Ende der 1970er Jahre. Das Beispiel zeigt jedoch, dass das Aussterben gefährdeter Arten durch entschiedenes Handeln verhindert werden kann.

Turteltaube

Die weltweit bedrohte Turteltaube kommt in der Schweiz als Brutvogel noch vor. Aber die Bestände sind klein und rückläufig. Im Kanton Genf hat der Groupe ornithologique du bassin genevois, ein Kantonalverband von BirdLife Schweiz, im Jahr 2017 eine frühere Bestandsaufnahme wiederholt. Nur noch knapp 30 Reviere wurden gefunden, wovon ein Teil wahrscheinlich unverpaarte Vögel waren. Das sind nur noch etwa 10% des Bestands von 1980. Dieses Jahr werden BirdLife Schweiz und Ficedula im Tessin eine Bestandsaufnahme der Turteltaube durchführen. Basierend auf diesen beiden Studien sollen Fördermassnahmen für die Art geplant werden. Studien haben gezeigt, dass die Turteltauben heute in Europa weniger Jungtiere aufziehen können als vor 50 Jahren. Wahrscheinlich hat sich das Nahrungsangebot verschlechtert. Turteltauben ernährten sich früher von Sämereien der Ackerbegleitflora. Die bereits geschwächten Bestände leiden zudem unter Jagd und Wilderei.

Der Bestand der Turteltaube nimmt ab.
Die weltweit bedrohte Turteltaube kommt in der Schweiz als Brutvogel noch vor – aber die Bestände sind klein und rückläufig. © Glyn Sellors

Wiesenpieper

Wichtige Bestände des Wiesenpiepers und anderer Wiesenbrüter haben in den Moorlandschaften des Kantons Schwyz überlebt. BirdLife Schweiz arbeitet mit Landwirten, dem Amt für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons Schwyz sowie BirdLife Schwyz zusammen, um spät geschnittene Wiesen zur Verfügung zu stellen. Viele Landwirte zeigen eigentlich ein persönliches Interesse an der Biodiversität – die Agrarpolitik ist aber oft widersprüchlich und setzt ungenügende Anreize zugunsten der Wiesenbrüter.

Der Wiesenpiper ist bedroht, hat aber in der Schweiz in einigen Gebieten überlebt.
Wichtige Bestände des Wiesenpiepers haben in den Moorlandschaften des Kantons Schwyz überlebt. © BirdLife Schweiz

Die globale Rote Liste

Von den insgesamt 11’122 bekannten Vogelarten sind 156 Arten bereits ausgestorben und 5 haben nur in Gefangenschaft überlebt. 1469 Arten (13%) stehen auf der Roten Liste: 222 Arten sind weltweit «vom Aussterben bedroht», 461 «stark bedroht», 786 «verletzlich». Weitere 1017 Arten stehen auf der Vorwarnliste (beinahe gefährdet). Viele weitere Vogelarten nehmen in ihrem Bestand ab, stehen jedoch noch nicht auf der Roten Liste.

Download des Berichts: www.datazone.birdlife.org/sowb

BirdLife Schweiz in Kürze

BirdLife Schweiz hat rund 65’000 Mitglieder und ist der Dachverband von 20 Kantonalverbänden und 440 lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen. Er setzt sich als vielseitiger Naturschutzverband für die Erhaltung und Förderung der Natur im Wald, Kulturland und Siedlungsraum ein, insbesondere auch für die Vögel und ihre Lebensräume. Er führt Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in der Schweiz und weltweit durch. Ebenso engagiert er sich in der Ausbildung und mit seiner Zeitschrift Ornis und den beiden Naturschutzzentren in La Sauge am Neuenburgersee und im Neeracherried im Kanton Zürich in der Motivation einer breiten Bevölkerung für den Naturschutz. Mehr erfahren Sie unter www.birdlife.ch.

2 Kommentare

  1. Dieser Bericht oder eine gekürzte Version sollte in ALLEN Schweizer Tageszeitungen und Gratisexemplaren erscheinen und zwar an prominenter Stelle (Titelseite).

  2. Es macht mich einfach nur unfassbar traurig und wütend wie es der Natur um uns herum immer schlechter geht, Flora und Fauna immer mehr leiden. Täglich neue schlechte Nachrichten und die welche die politische Macht darüber haben etwas zu ändern, kümmert das anscheinend kaum.
    Anders kann ich mir nicht erklären warum nicht endlich mehr geschieht um die Biodiversität zu stärken und die Pestizidschwemme endlich auf ein absolutes Minimum einzudämmen.
    Klar, alle Probleme wären damit nicht gelöst aber ich bin mir sicher dass es der Vogelwelt schon sehr helfen würde.

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