StartNewsForschungWeibliche Fledermäuse womöglich besonders durch Windkraftanlagen gefährdet

Weibliche Fledermäuse womöglich besonders durch Windkraftanlagen gefährdet

Eine neue Studie aus Deutschland zeigt, dass weibliche Fledermäuse häufiger an Windkraftanlagen geschlagen werden als männliche. Zudem kommen auch junge Fledermäuse überproportional häufig an Windkraftanlagen zu Tode. Die hohe Zahl getöteter Jungtiere und Weibchen könnte sich langfristig negativ auf die Bestandsentwicklung auswirken.

In dem Bemühen, die negativen Auswirkungen der Treibhausgas-Emissionen auf das globale Klima zu verringern, fördern viele Länder die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie der Windenergie. Obwohl Windenergie als umweltfreundlich gilt, ist sie mit nennenswerten Kosten für die biologische Vielfalt verbunden. Zum einen leiden Tierbestände beim Bau von Windkraftanlagen in sensiblen Gebieten wie Wäldern oder Feuchtgebieten unter dem Verlust ihres Lebensraums. Zum anderen können Vögel und Fledermäuse durch den Betrieb von Windkraftanlagen getötet werden, entweder durch direkte Kollision mit den rotierenden Flügeln der Windkraftanlagen oder – im Falle von Fledermäusen – auch durch ein sogenanntes Barotrauma in den Luftverwirbelungen an den Rotorblättern. Bislang war unklar, ob bestimmte Altersgruppen oder Geschlechter von Fledermäusen an Windkraftanlagen besonders gefährdet sind. Die nun bestätigte erhöhte Anfälligkeit von weiblichen und jungen Fledermäusen könnte erhebliche Auswirkungen auf lokale Bestände haben.

«Im Rahmen unserer Untersuchung fanden wir mehr junge Rauhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) tot unter Windkraftanlagen, als aufgrund ihrer Häufigkeit in den lokalen Beständen zu erwarten gewesen war. Das deutet darauf hin, dass junge Fledermäuse an Windkraftanlagen besonders gefährdet sind», sagt Dr. Christian Voigt, Leiter der Leibniz-IZW-Abteilung für Evolutionäre Ökologie und Erstautor der Studie. «Diesen überproportionalen Anteil von jungen Fledermäusen unter den Schlagopfern wiesen wir bei niedriger Dichte von Windkraftanlagen in Gebieten mit Gewässern und Wäldern nach; in Gegenden also, in denen Rauhautfledermäuse sich fortpflanzen. In Gebieten mit hoher Dichte an Windkraftanlagen, etwa in Küstenregionen, kamen die Altersgruppen und Geschlechter entsprechend ihres relativen Auftretens in der Lebendpopulation an Windkraftanlagen zu Tode.» Eine hohe Gefährdung von jungen Rauhautfledermäusen an Windkraftanlagen kann die natürliche Alterspyramide aus der Balance bringen. Auch den häufigen Tod von weiblichen Tieren betrachten Voigt und sein Team als ein Problem für den Schutz der wandernden Fledermäuse. «Weibchen und Jungtiere sind extrem wichtig, um die langfristige Lebensfähigkeit der Kolonien zu gewährleisten. Der Schutz von Fledermäusen an Windkraftanlagen sollte deshalb ein vorrangiges Ziel bei der Planung und dem Betrieb von Windkraftanlagen sein», so Voigt.

Voigt und seine Kolleg:innen untersuchten die Merkmale von etwa 650 Rauhautfledermäusen während der sommerlichen Migrationszeit in Deutschland. Sie werteten Geschlecht, Alter und geografische Herkunft aus – sowohl von getöteten Fledermäusen (119) als auch von Individuen aus lokalen Beständen (524), die in Netzen gefangen oder in künstlichen Tagesquartieren beobachtet wurden. Um Fledermäuse aus den lokalen Beständen von solchen zu unterscheiden, die aus dem baltisch-russischen Raum nach Deutschland gezogen sind, analysierten sie die stabilen Wasserstoffisotope im Fell der Tiere. «Im Gegensatz zu Geschlecht und Alter hatte jedoch die Herkunft einer Fledermaus keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, an einer Windkraftanlage getötet zu werden», sagt Erstautorin Cecília Kruszynski de Assis, Doktorandin in der Abteilung Evolutionäre Ökologie des Leibniz-IZW. «Unsere Untersuchung zeigt jedoch, dass Windkraftanlagen ungleiche Auswirkungen auf unterschiedliche Teilgruppen migrierender Fledermäuse haben können. Massnahmen, die hohe Schlagraten/Todeszahlen an Windkraftanlagen verhindern, wie beispielsweise saisonale Abschaltzeiten während der Nacht und bei für Fledermäuse günstiger Witterung, sollten in ganz Europa umgesetzt werden, um einen Rückgang der Bestände wandernder Fledermäuse wie der Rauhautfledermaus zu verhindern.»

In der Schweiz zielt die Strategie des Bundes auf die Förderung von grösseren Windkraftanlagen ab. Ab einer Leistung von 5 Megawatt sind Windenergieprojekte verpflichtet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Da Fledermäuse in der Schweiz bundesrechtlich geschützt sind, muss nachgewiesen werden, dass Windenergieprojekte keine negativen Auswirkungen auf Fledermäuse haben. Bestehen Konflikte, müssen für diese Lösungen gefunden werden. Mehr dazu finden Sie auf der Webseite der Stiftung Fledermausschutz.

Die Untersuchung wurde von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) geleitet und ist in der Fachzeitschrift «Ecological Applications» veröffentlicht.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte Kommentar eintragen
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein

Newsletter Anmeldung

Erhalten Sie die neusten Jobs und News.

Dank Ihrer Hilfe können wir spannende Artikel aufbereiten, den Veranstaltungskalender pflegen und die Job-Platform betreuen.

TOP-NEWS