Im Gartenkatalog gaukeln Gasgrill, Palmen und exotische Orchideen ein seltsames Gartenglück vor. Im Naturgarten blühen derweil frühe Wildblumen, es flattern erste Schmetterlinge.
Text und Bilder von Beatrix Mühlethaler, Bloggerin «Hotspot Naturgarten»
Wenn das Wiesenschaumkraut blüht, ist er immer pünktlich zur Stelle: der Aurorafalter. Das Männchen fliegt stetig umher, auf der Suche nach einem Weibchen, das dann seine Eier ans Wiesenschaumkraut oder andere Kreuzblütler legt, beispielsweise den Knoblauchhederich. Schaut man später nach abgefressenen Schötchen dieser Pflanzen, entdeckt man mit Glück die sehr gut getarnten Raupen. Auch nach Puppen sollte man Ausschau halten, bevor ein verblühter Knoblauchhederich beseitigt wird. Denn sonst schlüpft im nächsten Frühling ein Aurorafalter weniger.
Einer der häufigsten Schmetterlinge fliegt ebenfalls schon im April und sucht dabei eifrig Blüten auf: der Kleine Kohlweissling. Auch seiner Raupe Nahrung sind die Kreuzblütler. Gemüsler fürchten ihn, weil er im Sommer sein Gelege gerne mitten ins Herz von Kohlpflanzen legt. In meinem Garten scheint er aber genügend wilde Kreuzblütler zu finden, sodass ich kaum je Raupen an meinen Kohlpflanzen entdecke. Ich bleibe deshalb entspannt und freue mich, dass wenigstens dieser eine Schmetterling den Garten häufig durchstreift.
Neben den Genannten sowie dem Zitronenfalter, dem Pfauenauge und dem Fuchs ist auch das Waldbrettspiel schon früh im Jahr unterwegs. Dieser Schmetterling lässt seine Raupen an Waldgräsern aufwachsen. Da er pro Saison zwei Generationen hervorbringt, sind die Imago vom Frühling bis in den Herbst zu beobachten. Der Sommervogel sonnt sich gerne auf Blättern, ist aber jederzeit bereit aufzufliegen, um sein Revier zu verteidigen. An Blüten nippt er nur gelegentlich.
Manchmal entdecke ich zufällig eine Schmetterlingspuppe, aus der sich bald eine Imago befreien wird. Diese kann ich allerdings nur in den wenigsten Fällen zuordnen. Das Konsultieren von Spezialliteratur hilft mir höchstens festzustellen: Diese oder jene Art ist es nicht.
Häufiger als die auffälligen Tagfalter tummeln sich die Nachtfalter im Garten. Einige davon bekommt man zu Gesicht, weil sie auch tagsüber aktiv sind oder sich in die Wohnung verirren. Viele dieser Kleinen sind ausgesprochen hübsch, zum Beispiel der Gold- oder der Purpurzünsler, zwei Arten, die kaum zu unterscheiden sind. Sie bilden im Jahr zwei Generationen. Die Falter sind deshalb von Frühling bis Herbst fast immer zu beobachten. Ihre Raupen ernähren sich hauptsächlich von Dost- und Minzenarten, können aber auch andere Lippenblütler nutzen. Die Raupen schützen sich durch ein Gespinst von zusammengesponnenen Blättern.
Der Brennesselzünsler fliegt zwar hauptsächlich nachts und in der Dämmerung. Mir ist er aber aufgefallen, weil er sich äusserst exponiert auf einer Spritzkanne niedergelassen hat. Sein Name verrät die Hauptnahrungspflanze der Raupen, die sich ebenfalls in Blätter einspinnen. Diese Art bildet jährlich nur eine Generation.
Ab und zu verirren sich Nachtfalter in die Wohnung, vor allem im Hochsommer. Letztes Jahr erfreute mich eine hübsche Meldeneule, deren Raupen in nährstoffreichen Ruderalflächen Futterpflanzen finden.
Häufiger als Nachtfalter flattern andere Dinge ins Haus: Werbeprospekte. Aktuell sind darunter viele Gartenkataloge. Das Titelbild des Neusten vermittelt die Idee eines gelungenen Gartensommers: Grillparty mit bequemen Sesseln unter Riesen-Sonnenschirm; für den gepflegten Rasen sorgt ein Akku-Rasenmäher, für etwas Zierde ein Geranium.
Neugierig blättere ich, in der Hoffnung auf bessere Gartenträume. Doch wie fast immer folgt der Neugier die Enttäuschung und Wut: Seitenweise Gartengrills auf Rädern mit Zubehör wie Abdeckhauben, Grillbürsten, Reinigungssprays; dann Feuerschalen mit Holzkohle ohne Herkunftsnachweis, Hauptsache billig. Sonnenliegen, Sonnenschirme, Kunststoff-Pavillons. Rasensamen, Rasendünger, Insektizid, Fungizid, Schneckenkörner. Schliesslich noch etwas Erde und Rindenschnitzel sowie eine Saatmischung für eine Blumenwiese. Zwar stammt sie laut Deklaration „aus Schweizer Saatgutvermehrung“. Aber das Bild zeigt gefüllte Kornblumen und weitere Zuchtblumen. Beim Weiterblättern stosse ich nach einer exotischen Orchidee und anderen Zimmerpflanzen doch noch auf Obst und Beerenangebote.
Dann kommt eine Überraschung: Es werden „Alternativen zum Kirschlorbeer“ empfohlen, weil sich diese schöne Zierpflanze als invasiv erwiesen habe. Tja, zu den Ersatzpflanzen gehört auch ein portugiesischer Kirschlorbeer, immerhin auch die Eibe. Gleich daneben wird, mit 31% Rabatt, die Hanfpalme angeboten. Sie ist im Tessin sehr verbreitet, aber eben nicht, weil sie dort heimisch ist, sondern weil sie sich als Neophyt unkontrolliert ausbreitet. Die vorgeschriebene Warnung steht diesmal im Katalog nur kleingedruckt unter dem Angebot.
Es folgen: Pflanztöpfe, Rasenroboter, Akku-Heckenscheren, -Kettensägen, Laubbläser, Rasentrimmer, Hochdruckreiniger, pflegeleichte Bodenplatten und Kunstrasen, ferner Leuchten mit Rundum- und Himmelwärts-Leuchten zur Erhellung des Nachthimmels sowie Plastik-Rutschen und Plastik-Spielhäuser.
Ich denke an den Plastik-Plunder, der 2019 an Nordseestränden gesammelt werden musste, nachdem ein Frachter bei schwerer See hunderte Container aus Übersee verloren hatte. Warum braucht der europäische Konsummensch so viel seelenloses Zeugs, um glücklich zu werden?
Fürs Gartenglück braucht es doch vor allem das Blühen, Summen und Flattern um uns herum! (Nach der Kälteperiode kommt diese Zeit bestimmt!)
Herzlichen Dank! Wie immer: ansprechende Fotos und Texte, die an eigene Erfahrungen im Garten anknüpfen lassen und zum genauen Hinschauen anregen! Susanne
Viele dieser hier vorgestellten Arten blühen in meinem Garten. Ich habe z.B. Samen von Brachflächen gesammelt und einfach ausgestreut. Vieles kommt, manches halt nicht. Über das Gdesumme der vielen Insekten freue ich mich.