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Rasenroboter: leise Killer im eigenen Garten

Rasenroboter sind praktisch, bequem – und tödlich für kleine Gartenbesucher. Die lautlosen Roboter machen den Igeln, Amphibien und Insekten das Überleben in unseren Gärten schwer. Wir finden, nicht nur deshalb sollen sie keinen Platz in unseren Gärten haben. Denn sie zerstören ausserdem die Nahrungsgrundlage vieler Tiere – bei einem täglich gemähten Rasen überleben auch keine Blühpflanzen. Artenvielfalt Ade!

Wem ist es auch schon aufgefallen? Immer häufiger hört man hinter Thuja-Hecken das leise Surren der Rasenroboter. Still und leise verrichten sie die Gartenarbeit – und zwar täglich stundenlang, damit der Rasen auch jederzeit perfekt kurzgeschnitten ist. Klar, einige Leute finden solche gepflegten Rasen anscheinend schön, aber möchten lieber keine Zeite für die Gartenarbeit aufopfern. Liebe Beine hochlagern und den Garten geniessen – mit möglichst geringem Arbeitsaufwand. Dann ist so ein Rasenroboter natürlich verlockend. Aber ganz ehrlich: Müssen die Rasenroboter denn wirklich sein? Ökologisch betrachtet sind sie katastrophal. Und den höchsten Preis dafür bezahlen die Tiere, die in unseren Gärten nach Nahrung und Unterschlupf suchen – oftmals mit ihrem Leben.

Gefährliches Territorium

Laut Gebrauchsanweisung der Hersteller sollte man die Rasenroboter ja gar nicht unbeaufsichtigt einsetzen. Aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der stundenlang auf den Rasenmäher aufpasst. Dann könnte man ja die Arbeit auch gleich selber mit dem Rasenmäher machen. Damit also die unbeaufsichtigten Roboter keine Gefahr für Haustiere oder Kleinkinder darstellen, lockt es viele Nutzer die Roboter einfach nachts einzusetzen – auf Kosten der dämmerungs- und nachtaktiven Tiere, die zu dieser Zeit unsere Gärten besuchen. Dazu gehören Reptilien, Amphibien, Insekten und Spinntiere, und sogar einige kleine Säugetiere. Am direktesten betroffen sind junge Igel, die von den Robotern nicht als Hinderniss erkannt werden. Wenn Igel in Gefahr sind, rollen sie sich instinktiv zusammen und zeigen dem Feind so ihr stachliges Kleid. Gegen natürliche Feinde wie Fuchs und Uhu ist das zwar eine effektive Strategie, aber Rasenroboter zucken beim Anblick des stachligen Igels natürlich nicht mit der Wimper. So manche Modelle erkennen die kleinen Tiere nicht einmal als Hinderniss – und fahren unbeeindruckt weiter. Da kann es schonmal vorkommen, dass junge Igel schwer verletzt werden oder mit ihrem Leben büssen.

Igel
Igel rollen sich bei Gefahr zusammen und zeigen ihren natürlichen Feinden ihr stacheliges Kleid © jodi_pelman, via pixabay

Gärten, in denen nachts Rasenroboter aktiv sind, werden somit zu gefährlichem Territorium für Igel. Dies ist nicht nur wegen der Verletzungsgefahr drastisch, sondern auch weil somit ein weiterer Lebensraum für Igel entfällt. Igel sind auf Gärten als Lebensräume angewiesen. Durch die drastischen Landschaftsveränderungen der letzten Jahrzehnte ist der ursprüngliche Lebensraum der Igel nicht mehr oft anzutreffen. Artenreiche Magerwiesen, Hecken, Gehölze sind intensiv gedüngten, monokulturellen Landwirtschaftsflächen und versiegelten Siedlungsflächen gewichen. Naturbelassene Gärten in Siedlungsgebieten hingegen haben noch die Strukturvielfalt, die Igel unbedingt brauchen um genügend Nahrung und Versteckmöglichkeiten zu finden.

Artenvielfalt ist chancenlos

Die stille, stundenlange Arbeit der Rasenroboter verhindert, dass blühende Pflanzen in den Gärten wachsen können. Klar, in einem Rasen leben keine gefährdeten Arten – aber habt ihr schonmal gesehen, wieviele Blumen in einem Rasen wachsen können? Und wie viele Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten dann zu Besuch kommen? Es ist eine kleine, aber feine Artenvielfalt. Und genau die wird durch das häufige Hin- und Her des Roboters zerstört.

Was der Igelexperte dazu sagt

In einem Gespräch erzählt Simon Steinemann vom Igelzentrum, dass auch in seinem Bekanntenkreis immer mehr Leute sich solche Rasenroboter anschaffen. Er selbst würde sich nie einen Rasenroboter anschaffen – und rät potentiellen Käufern sich folgende Frage zu stellen: Würde ich mein Kleinkind (ersatzweise meinen Hund) im Garten spielen lassen, während der Rasenroboter in Betrieb ist? Sollten Sie diese Frage mit Nein beantworten, dann schaffen Sie sich besser keinen Rasenroboter an! Wer bereits einen Rasenroboter hat, sollte diesen bitte nur tagsüber und nicht im permanenten Betrieb einsetzen. Es reicht auch, wenn der Rasenroboter alle zehn Tage die Wiese mäht.

Solange von Seiten der Konsumenten kein Druck kommt, die Sicherheitsvorkehrungen der Rasenroboter zu verbessern, wird das Problem weiterhin bestehen. Weiter erzählt Simon: «Leider verfügen auch Rasenroboter der neuesten Generation nicht über eine genügende Stop-Sensorik, wenn sie auf Hindernisse treffen. Die meisten haben noch immer eine Stop-Sensorik aus der Steinzeit und stoppen erst, wenn sie gegen etwas Grösseres dagegenfahren, vorher nicht.» Ein Tannzapfen oder ein kleiner Igel reicht nicht als Stopp Signal, wie man auch in diesem Youtube Video sehen kann. Dabei wäre es technisch gesehen bereits möglich, die Rasenroboter tierfreundlicher zu entwickeln, beispielsweise durch sensiblere Stopp-Mechanismen und Wärmekameras.

Verzicht auf die kleinen Helfer lohnt sich

Das Problem der Rasenroboter ist nichts Neues. Bereits seit einigen Jahren raten zahlreiche Naturschutzorganisationen dazu, auf die Roboter zu verzichten oder sie zumindest nur tagsüber einzusetzen. Leider hat sich die Situation jedoch nicht geändert: Die Verkaufszahlen für Mähroboter sind immer noch am steigen, und die Sicherheitsvorkehrungen lassen zu wünschen übrig. Wir bitten deshalb, auf die kleinen Helfer im Garten zu verzichten. Wie wäre es, stattdessen den Garten in ein Igel-Paradies zu verwandeln oder eine herrliche Blumenwiese anzulegen? Grundsätzlich gibt es ohnehin viel zu viele Rasenflächen, die kaum genutzt werden. Und dort wo der Rasen wirklich als Spielfläche dient, reicht es auch alle drei Wochen von Hand zu mähen. Denn aus Sicht von Tierfreunden und Naturschützern wiegt die gesparte Arbeitszeit das Leid an verletzten Tieren nicht auf.

Zum Weiterlesen finden Sie hier ergänzend auch eine Originalstudie in Englisch: The Effect of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs sowie die Zusammenfassung auf Deutsch: Eine Studie zum Effekt von Mährobotern auf Igel.

Dieser Artikel erschien bereits im März 2021, seither hat das Thema aber nicht an Wichtigkeit verloren.

6 Kommentare

  1. Sehr wichtiger Beitrag, ich hoffe, dass Gartenhefte und Gartencenter das einmal publik machen, denn vielen Leuten ist das wohl nicht bewusst, was für Wüsten diese Roboter hinterlassen und welche Gefahr nachts den Tieren droht. Warum bloss wollen Leute einen Garten – neben den Steingärten des Grauens nehmen diese Roboterrasen unaufhaltsam zu.

  2. Lieber Igelexperte
    Bleib bei deinem Gebiet.
    Wer einen Rasen möchte, der will keine Wiese.
    Soll er 2x pro Woche benzinbetrieben über die Fläche rauschen? … oder still mähen lassen
    Rasen geht mit Roboter nur wenn er regelmässig mäht ( mind jeden 2. TAG).
    Einerseits vom Aussehen her. Andererseits, wäre sonst der Anfall des Schnittgutes zu gross um sich Zersetzen zu können und der Rasen verfilzt.
    Was den Einsatz eines noch mörderischen Gerätes, dem Verticutierer erfordert…
    Weiters sind Rasenroboter so ausgelegt, dass Sie die Rasenfläche NICHT in/an einem einzigen Arbeitseinsatz / Tag bewältigen können….. .

    Und schon überlegt: mach 10 Tagen ist der Rasen so hoch, dass sich alles mögliche Getier darin zu verstecken versucht, wenn dann der Mäher kommt. Aber sich in einem gepflegten Rasen die Tiere sich an den Mäher gewöhnen und ausweichen. Zeitlich und räumlich.

    Kämmt nicht alle Maschinen über den selben Kamm….. es gibt auch sehr sichere. Mehr sicher als ihr glaubt.
    Informiert euch.

  3. @Widmer
    Der Igelexperte gibt Ihnen recht: Es funktioniert nicht, den Rasen nur alle 10 Tage mit dem Rasenroboter mähen zu lassen. Das System des Rasenroboters ist so ausgelegt, dass er eigentlich jeden Tag den Rasen mähen muss in der Zeit, in der der Rasen schnell wächst. Nur dann kann er die Spitzen des Rasens schneiden, und das anfallende Schnittgut verwittert. Es sollte aber auch reichen, wenn nur an jedem 2. oder 3. Tag gemäht wird. Wartet man zulange mit dem Mähen, schneidet er nicht mehr richtig und/oder es fällt zu viel Schnittgut an.
    Für Freunde eines sehr gepflegten Rasens heisst das, der Rasenroboter ist eigentlich täglich im Garten unterwegs und somit auch eine permanente Gefahr für Kleintiere und Kleinkinder. Da stellt sich die Frage: Ist es das wert?
    Bezüglich Sicherheit von Rasenrobotern: Wenn Sie einen «sicheren» Rasenroboter kennen, der einen Tannzapfen nicht überfährt, informieren Sie doch das Igelzentrum Zürich. Bis anhin ist dem Igelexperten – trotz intensiver Recherchen und Abklärungen – noch kein sicherer Rasenroboter begegnet, der für einen Tannzapfen stoppt.

  4. Ich frage mich manchmal, weshalb gewisse Leute «Gartenarbeit» so mögen. Wenn sie doch den Grossteil dieser «Arbeit» Geräten überlassen. Da läuft was falsch.

  5. Ich habe den Eindruck, da wohnen Naturschützer in einer Mietwohnung in der Stadt oder Agglomeration und machen dann den Gartenbesitzern Vorschriften wie sie ihren Garten gestalten und pflegen sollen. Da ist viel Neid im Spiel. Ich habe z.B. einen Garten an der Baugrenze, der Rasen ist ca. 200 m2 gross und den lasse ich mit einem Roboter regelmässig schneiden. Zudem Pflege ich den Rasen intensiv, so wie andere z.B. einen Bonsai pflegen. Ich habe absolut kein schlechtes Gewissen, über der Strasse ist eine grosse Heuwiese mit sehr grosser Artenvielfalt, darum herum erstreckt sich Landwirtschaftsland das von Bauern bestellt wird, dahinter Wald. Ich denke da hat meine kleine, gepflegte Rasenfläche mit Roboter auch noch Platz.

  6. wer Kleinkinder hat, setzt keinen Roboter ein.
    Da liegen nicht nur Tannzapfen, sondern auch Spielzeug oder kleine STEINE im Rasen – soll vorkommen 🙂

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