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Mantelerlass mit hohen Kosten für die Natur

Der Energie-Mantelerlass bringt wichtige und dringend nötige Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere der Photovoltaik – sowie bei der Stromeffizienz. Die Folgen für Natur und Landschaft sind allerdings potenziell gravierend. Die Biodiversitätskrise wird noch immer zu wenig ernst genommen. BirdLife, WWF Schweiz und Pro Natura werden die Umsetzung der Vorlage sehr genau verfolgen und die Einhaltung der gemachten Zusicherungen einfordern.

Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien – Energie-Mantelerlass genannt und ein Kerngeschäft bei der Umsetzung der Energiewende – ist bereinigt. Der Nationalrat hat die letzte Differenz zum Ständerat ausgeräumt und ist nun bereit für die Schlussabstimmungen. In einer Medienmitteilung nehmen BirdLife, WWF Schweiz und Pro Natura Stellung zu dieser Gesetzesrevision, die den Grundstein für die Umsetzung der Energiestrategie mit dem schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie und dem Ersatz fossiler Energien legt.

Die Revision entspricht teilweise den Forderungen

Die drei Organisationen berichten, dass die Gesetzesrevision den Ausbauzielen und der Energieeffizienz teilweise den zentralen Forderungen der Umweltallianz entspricht:

  • Ambitionierte Ausbauziele für die neuen erneuerbaren Energien: Die Ausbauziele tragen dem Klimaschutz und den Herausforderungen im Bereich Versorgungssicherheit Rechnung.
  • Der Produktionsausbau soll richtigerweise zum grössten Teil durch Photovoltaik erreicht werden und das hauptsächlich auf Gebäuden und Infrastrukturen. Ermöglicht werden soll dies durch verbesserte Förder- und Rahmenbedingungen, mehr Flexibilität beim Netzzuschlagsfonds und einen garantierten minimalen Rückliefertarif, der bei kleineren Solaranlagen endlich Investitionssicherheit bringt.
  • Die Vorlage etabliert Massnahmen gegen die Energieverschwendung und ermöglicht so, endlich einen Teil des sehr grossen brachliegenden Effizienzpotenzials anzugehen.

Abstriche für die Natur

Demgegenüber kann und muss der Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion naturverträglich gestaltet werden. Denn die Klima- und Biodiversitätskrise sind zwei Seiten der gleichen Medaille und betreffen die Lebensgrundlagen von uns Menschen direkt und indirekt. Gefragt sind daher Lösungen, die beide Krisen gemeinsam angehen. Diesem Anspruch wird der Mantelerlass leider nur teilweise gerecht, indem er auch zu empfindlichen und unvernünftigen Abstrichen beim Naturschutz führt:

  • Der unabdingbare Schutz der Biotope von nationaler Bedeutung wird durch Ausnahmebestimmungen geschwächt. So etwa betreffend Restwasserstrecken in national geschützten Auen oder bei Gletschervorfeldern und alpinen Schwemmebenen, die ein hohes Biodiversitätspotenzial aufweisen und daher zukünftig umfassend geschützt werden müssen.
  • Die Zitrone Wasserkraft ist in der Schweiz nahezu ausgepresst. Daher sind die Ausbauziele in diesem Bereich zu hoch angesetzt. Diese übersteigen das naturverträgliche Potential.
  • Weiter wird für einzelne Wasserkraftanlagen sowie in sogenannten Eignungsgebieten für Wind- und Freiflächen-Solaranlagen ein grundsätzlicher Vorrang vor allen anderen nationalen Interessen festgelegt. Das ist unklar und heikel. Die Umweltallianz wird die Umsetzung dieser Eignungsgebiete genau mitverfolgen.

BirdLife, WWF und Pro Natura haben die Energiestrategie 2050, das Klimaschutzgesetz und weitere klima- und energiepolitische Vorlagen immer unterstützt. Zum Schutz des Klimas gehört jedoch auch der Schutz der Ökosysteme. Für die drei Organisationen ist deshalb absolut klar: Weitere Rückschritte beim Naturschutz dürfen nicht mehr erfolgen – im Gegenteil müssen die Bestrebungen zum Schutz der Biodiversität dringend verstärkt werden.

1 Kommentar

  1. Davon, dass der Produktionsausbau zum grössten Teil durch Photovoltaik erreicht werden soll und das hauptsächlich auf Gebäuden und Infrastrukturen, ist im Gesetz nichts zu lesen.
    Der Mantelerlass legt für die erneuerbare Stromproduktion ohne Wasserkraft eine jährliche Produktionsmenge von 35 GWh bis 2035 und 45 GWh bis 2050 fest (Energiegesetz Art. 2, Abs. 1). Die Aufteilung dieser Ziele auf die einzelnen Technologien kann dabei der Bundesrat festlegen (Energiegesetz Art. 2, Abs 4).

    Damit, dass selbst BLN, ISOS und IVS Objekte sind nicht mehr vor dem Bau von Anlagen zur Stromerzeugung geschützt sind (Energiegesetz, Art. 12 Abs. 2), erscheint es plausibel, dass ein grosser Teil des Photovoltaik-Ausbaus nicht auf Gebäuden und Infrastrukturen erreicht wird, sondern durch Anlagen in bisher unverbauter Natur. Erleichtert wird dies auch dadurch, dass das Interesse an Solar- und Windkraftanlagen erhält Vorrang vor anderen Interessen erhält (Stromversorgungsgesetz Art. 9a Abs. 4). Damit werden allfällige Beschwerden gegen solche Anlagen selbst bei massiven Natureingriffen kaum noch Aussicht auf Erfolg haben.

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