Das Insektengift Cypermethrin wird im Schweizer Wald in grossen Mengen auf geschlagene Baumstämme gespritzt. Es soll den Borkenkäfer fernhalten. Wie Cypermethrin auf Waldlebewesen wirkt, wurde vor seiner Zulassung allerdings nie untersucht. Kürzlich bewilligte das Parlament grössere Holzlager im Wald. Es provoziert damit einen entsprechend höheren Gifteinsatz. Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz fordern ein Verbot der Giftkeule im Wald. Denn: Es gibt Alternativen.
Das Waldgesetz verbietet den Einsatz von Pestiziden, lässt aber Ausnahmen zu. Diese wurden zur Regel: Rund 700 Kilogramm hochgiftige Insektizide wurden 2018 auf im Wald gelagerte Fichtenstämme gespritzt, berichtet eine Medienmitteilung der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU). Denn gefällte Baumstämme mit Rinde locken zum Beispiel den Borkenkäfer an. Dagegen werden sie vorsorglich mit Insektiziden behandelt. Jetzt dürfte der Gifteinsatz noch zunehmen: Kürzlich hat das Parlament im Wald grössere Holzlager bewilligt. Das bedeutet: Noch mehr Insektengift. Würde das geschlagene Holz hingegen entrindet oder aber ausserhalb der Wälder gestapelt, bräuchte es das Gift gar nicht.
Cypermethrin: Zulassung ohne Tests im Wald
Heute kommt bei Holzlager in Schweizer Wäldern in erster Linie das hochgiftige Insektizid Cypermethrin zum Einsatz. Es wurde für die Anwendung im Wald bewilligt, ohne dass die Zulassungsbehörde geklärt hätte, wie das Gift im sensiblen Waldökosystem wirkt. Das bestätigt das zuständige Bundesamt für Landwirtschaft BLW gegenüber den AefU: «Waldorganismen, also waldtypische Arten» würden «nicht gezielt getestet». Mit andern Worten, das BLW erteilte die Zulassung «blind». Die Effekte von Cypermethrin auf Waldlebewesen sind denn auch bis heute weitgehend unbekannt.
Wenige Nanogramm schaden
Das Gift ist lange auf der Rinde behandelter Stämme nachweisbar. Das zeigt eine Analyse, welche die AefU in Auftrag gegeben haben. 20 Mikrogramm Cypermethrin pro Kilo äussere Rindenschicht hat das Kantonale Laboratorium Zürich auch noch rund vier Monaten nach dem Gifteinsatz bei einem Holzlager im Sernftal (GL) nachgewiesen. Weil das Spritzen von Hand nicht gleichmässig erfolgt, kann die Giftkonzentration auf der Rinde jedoch massiv schwanken.
Bienen, Hummeln und Regenwürmer in Gefahr
Cypermethrin wirkt als Breitbandinsektizid nicht nur gegen den Borkenkäfer: Bienen, Hummeln und Regenwürmer, die mit der gespritzten Rindenoberfläche in Kontakt kommen, seien potentiell gefährdet. Das sagt Heinz Köhler, Professor am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Tübingen: «Bereits eine Aufnahme von wenigen Nanogramm pro Tier führt bei Bienen und Hummeln zu neuronalen Schäden und Verhaltensdefiziten». Das Risiko für Regenwürmer betrachtet Heinz Köhler gar als nicht tragbar. Studien zu Tausendfüsslern gebe es keine. Und die Waldameisen? Manche Ameisenarten würden mit Cypermethrin sogar «aktiv bekämpft», also schadet es ihnen massiv. Der schweizerische Bienengesundheitsdienst schreibt: «Ameisen sowie Bienen sind Hautflügler: Was Ameisen tötet, ist für Bienen ebenfalls tödlich», was umgekehrt natürlich genauso zutrifft.
Parlament provoziert Insektizideinsatz
Trotzdem hat das Parlament kürzlich im Wald grössere Rundholzlager bewilligt – ohne die Auflage, die Stämme vorgängig zu entrinden. Das Parlament provoziert damit den Einsatz von noch mehr Insektengift im Wald und damit in einer unserer wichtigsten Trinkwasserressourcen.
Das ist der verkehrte Weg. Die AefU fordern die konsequente Durchsetzung des Pestizidverbots im Wald. Gefällte Stämme sollen umgehend aus dem Wald geschafft oder aber konsequent entrindet werden, was vor der Verarbeitung ohnehin nötig wird. Diesen Beitrag muss die Holzwirtschaft zum Schutz von Wald und Trinkwasser leisten.
Immer wieder muss ich staunen wie skrupellos ( und von Regierungen genehmigt !) mit schlimmsten Insektiziden und Pestiziden, Umweltgiften umgegangen wird. In diesem Fall , weil die Holzindustrie zu Schaden kommen könnte! – Scheissegal ob das Trinkwasser, die Tierwelt , die Pflanzen vergiftet werden!
Die hohe Toxizität von Cypermethrin auf die Gewässerfauna in Waldbächen (z.B. Breitenbach, Hessen, Deutschland) ist schon seit Jahrzehnten bekannt und dokumentiert (z.B. MPI für Limnologie Schlitz), ich habe ein Massensterben von Gammariden u.a. Bachtieren durch so einen Pestizideinsatz selbst miterlebt. Dass man das heutzutage noch erlaubt ist skandalös.
Genau zum Breitenbach und dem dort wohl durch Zufall gefundenen Zusammenhang durch Cypermethrin suche ich die Veröffentlichungen. Können Sie mir helfen und Hinweise senden? Vielen Dank!
Das Problem wäre einfach gelöst… Einfach einen fairen Preis für etwas bezahlen damit sich umweltschonendes Verhalten lohnt… Aber das ist wohl zu viel verlangt von einer Gesellschaft, bei der sich die «Geiz ist geil Mentalität» quer durch alle sozialen Schichten, vom Topmanager bis zum Sozialhilfeempfänger, im Alltag etabliert hat…
Wir haben kein Problem in der Forstwirtschaft, Landwirtschaft oder sonst wo… Wir haben ein grundlegendes Systemproblem in Form einer veralteten Art zu wirtschaften, gepaart mit einem kriminellen Geldsystem…
Im Gegensatz zu den Ökosystemen sind Wirtschaft und Geld nur menschliche Denksysteme, welche man durch Verhaltensänderungen an die heutigen Bedürfnisse der Menschen anpassen kann… Aber dies einem Anhänger der Kapitalismusreligion klar zu machen, ist in etwa so als würde man einem Christen die Existenz Gottes ausreden wollen…
Wie erkennt man bei Holzlagern ob diese behandelt wurden, ist das optisch zu erkennen für einen Laien?