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Skigebiete bringen Naturlandschaften der Alpen in Gefahr

So viel Freude Skigebiete Schneesportliebhabern und -liebhaberinnen bringen, so viel Leid bringen sie alpinen Naturlandschaften und Ökosystemen. Skigebietserweiterungen dringen immer weiter in die wilden Naturräume ein und bedrohen Flora und Fauna. Aber brauchen wir wirklich so viele Skigebiete? Dieser Frage geht der Kurzfilm Vanishing Lines nach, den Sie sich hier kostenlos anschauen können.

Skigebiete nehmen viel Platz ein, beeinflussen Boden sowie Flora und Fauna nachhaltig und bringen ein hohes Verkehrsaufkommen mit sich. Die Erschliessung von unberührten Berglandschaften für den Wintersport schreitet ungebremst voran, obwohl gerade die Zukunft des Skitourismus alles andere als gesichert ist. Durch die Klimaerhitzung fällt selbst in höheren Lagen immer weniger Schnee und die Skisaison wird kürzer. Schon heute sind der Skitourismus und die künstliche Beschneiung enorm energie- und ressourcenintensiv. Mit dem aktuellen Temperaturverlauf wird sich diese Entwicklung weiter intensivieren.

Der Kurzfilm Vanishing Lines von Patagonia erzählt die Geschichte der letzten verbleibenden alpinen Naturräume und stellt die Frage nach der benötigten Anzahl Skigebiete. Der Film wurde grösstenteils in Österreich gedreht, lässt sich aber 1:1 auf die Schweiz adaptieren. Von der beunruhigenden Entwicklung der Skigebiete ist nämlich nicht nur die Schweiz, sondern der gesamte Alpenraum betroffen.

Durch den Film erhoffen sich die Macherinnen und Macher, auf die Bedrohung der Bergwildnis aufmerksam machen zu können. © Patagonia

Kunstschnee und andere ökologische Probleme

Für einen Kubikmeter Kunstschnee werden stolze 500 Liter Wasser benötigt. Das sind fast vier randvolle Badewannen. Und auch der Gesamtenergieverbrauch von Beschneiungsanlagen ist durch ihre hohe Anzahl in den letzten Jahren stark gestiegen, obschon die einzelnen Anlagen viel effizienter geworden sind. Überdies ist der Kunstschnee dichter als seine natürliche Version, wodurch weniger Sauerstoff an den Boden transportiert werden kann. Auch enthält der Kunstschnee Mineralien, die das biochemische Gleichgewicht des Bodens stören. Das beeinträchtigt die gesamte Vegetation unter der Schneedecke.

Aber nicht nur die künstliche Beschneiung stellt ein ökologisches Problem dar. Für den Bau von Skipisten werden Bäume gefällt, Felsen gesprengt, Flüsse umgeleitet und der Boden planiert. Das sind folgenschwere Eingriffe in die Naturlandschaft. Durch das Planieren beispielsweise wird der Boden derart verdichtet, dass er kein Wasser mehr aufsaugen kann: Überschwemmungen, Erosion und Schlammlawinen sind die Folge. Eine Auswirkung, die durch die fehlende Ökosystemleistung der Wälder noch verschärft wird. Und auch im Winter hat die Rodung der Schutzwälder verheerende Folgen: Lawinen können ungebremst in die Täler stürzen.

«Ich hoffe, dass dieser Film einen Beitrag zum Nachdenken, zur Diskussion, zur Reaktion und zum Handeln leisten kann, um das zu schützen, was von unserer natürlichen Bergwildnis noch übrig ist.»

© Mitch Tölderer, Konzeptionist von Vanishing Lines

Weitere Probleme auf und neben der Piste

Nicht nur der Bau von Skipisten, sondern auch das Ski- und Snowboardfahren belasten die Umwelt. Wo viele Wintersportlerinnen und Sportler rübergleiten, wird der Boden beschädigt und hat im Sommer nicht annähernd genügend Zeit, sich zu erholen.

Abseits von Pisten, Loipen und Wanderwegen sind es die Wildtiere, die den Wintertourismus schmerzlich zu spüren bekommen. Fast alle Tiere verlangsamen im Winter ihren Stoffwechsel. Werden sie von Schneesportlerinnen und -sportlern erschreckt oder gestresst, verlieren sie wichtige Energiereserven. Gerade dann, wenn bei den Tieren der Fluchtreflex ausgelöst wird, kann es zum Erschöpfungstod kommen. Da die Tiere gut getarnt oder versteckt sind, werden sie von Schneeschuhwanderern und Co. oftmals gar nicht bemerkt. Für den Schutz von Gämsen, Rehen, Schneehasen und Schneehühnern ist es deshalb unabdinglich, auf den markierten Pisten und Wegen zu bleiben und Wildruhezonen zu berücksichtigen. In unserem Artikel Wintersport mit Rücksicht auf die Natur erfahren Sie mehr über die richtige Verhaltensweise beim Schneesport.

Wie so oft im Tourismus ist es aber die An- und Abreise, die die Umwelt in den Skigebieten am meisten belasten. Obschon die Wintersportorte in der Schweiz sehr gut an den öffentlichen Verkehr angebunden sind und eine gute öffentliche Infrastruktur besitzen, nutzt die Mehrheit der Wintersportlerinnen und -sportler das Auto für den Ausflug in die Berge. Dies verursacht grosse Mengen vermeidbares CO2. Skifahrer und Skifahrerinnen leiden unter der Klimaerhitzung und den fehlenden Schneemassen, sägen aber gleichzeitig an dem Ast, auf dem sie sitzen.

Situation in der Schweiz

Das Wintersportangebot in der Schweiz ist enorm. In rund 250 Skigebieten mit insgesamt über 7000 Pistenkilometer kann man sich hierzulande austoben. Dazu kommen über 5000 Kilometer Langlauf-Loipen und 600 Kilometer Schlittenbahnen – Schon erstaunlich bei einem flächenmässig so kleinen Land. Um all diese Gebiete, Pisten und Loipen erschliessen zu können, braucht es Infrastruktur. Viel Infrastruktur. Fast 2500 Seilbahnen und Skilifte bringen Bergsportbegeisterte von A nach B. Ganz zu schweigen von Anfahrtsstrassen, Parkplätzen, Restaurants und Beschneiungsanlagen. Man könnte meinen, die Schweiz hätte den Peak bei der Anzahl Pistenkilometer erreicht. Aber der Ausbau geht weiter. Gemäss der Datenbank «bergbahnen.org» sind für das Jahr 2022 in der Schweiz vier Neuerschliessungen geplant oder befinden sich bereits im Bau.

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