Trotz geringer genetischer Vielfalt konnte sich der winzige Johnstones Pfeiffrosch erfolgreich ausbreiten. So erfolgreich, dass seine nächtlichen, ohrenbetäubenden Konzert in Südamerika teilweise bereits zu fallenden Grundstückspreisen geführt haben. Forschende haben nun herausgefunden, was den Winzling trotz genetischer Verarmung so erfolgreich macht.
Er ist nur etwa 17 bis 35 Millimeter gross und ein sehr erfolgreicher tierischer Einwanderer, der sich über die gesamte Karibik und weite Teile des Festlandes von Mittel- und Südamerika ausgebreitet hat: der Johnstones Pfeiffrosch. «Der ursprünglich auf den Kleinen Antillen beheimatete Frosch blickt auf eine lange Ausbreitungsgeschichte, die mindestens bis 1880 zurückreicht», erklärt PD Dr. Raffael Ernst. «Heute gilt der Johnstones Pfeiffrosch als eine der am weitesten verbreiteten und erfolgreichsten invasiven Amphibienarten – er wird nur noch übertroffen von der Aga-Kröte Rhinella marina und dem amerikanischen Ochsenfrosch Lithobates catesbeianus. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die heimischen Ökosysteme, sondern auch auf den Immobilienmarkt – die nächtlichen, ohrenbetäubenden Konzerte der winzigen Frösche führen in Teilen Südamerikas bereits zu einem Verfall der Grundstückspreise.»
Die Verbreitung des Frosches ist häufig auf menschliche Einflüsse, wie den Pflanzenhandel, zurückzuführen. So fühlen sich die Tiere auch in einigen Botanischen Gärten Deutschlands, der Schweiz oder der Niederlande wohl – ausserhalb der Gewächshäuser sind die kleinen Frösche in Europa aber nicht überlebensfähig. Ein internationales Team um Ernst hat nun untersucht, welche Faktoren – ausser den menschlichen Eingriffen – zu der erfolgreichen Invasion der Amphibien führen. Hierzu verglichen sie die genetischen Muster des Johnstones Pfeiffroschs mit seinen ebenfalls gebietsfremden Verwandten Eleutherodactylus antillensis und der auf einer Insel endemischen Art Eleutherodactylus portoricensis.
«Es wird allgemein angenommen, dass genetische Vielfalt eine erfolgreiche Invasion begünstigt – dieser Annahme wollten wir mit soliden Daten auf den Grund gehen», so Doktorandin Franziska Leonhardt. «Unsere Ergebnisse zeigen – entgegen der gängigen These –, dass unsere beiden eingewanderten Frösche im Vergleich zur heimischen Art genetisch verarmt sind. Selbst in deren Ursprungspopulationen weisen die Tiere eine geringe genetische Vielfalt und Differenzierung zwischen den Populationen auf. Erfolgreiche invasive Arten sind demnach genetisch nicht zwingend vielfältiger als ihre nicht-invasiven Artgenossen.»
Die Forschenden schlussfolgern, dass genetische Vielfalt per se nicht zu einem höheren Invasionserfolg führt. Vielmehr seien ökologische und anthropogene Faktoren von hoher Bedeutung für den Einwanderungsprozess des Johnstones Pfeiffroschs. Hierzu gehören wiederkehrende Einfuhrereignisse, die Etablierung von Populationen in spezifischen, den heimischen Lebensräumen ähnelnden Mikrohabitaten, wie den europäischen Gewächshäusern, sowie Menschen, die zur Verbreitung des Fröschchens beitragen.
«Zusammengenommen scheinen diese Aspekte einen grösseren Einfluss auf das Ausbreitungspotenzial der Frösche zu haben als deren genetische Vielfalt», resümiert Ernst und gibt einen Ausblick: «Um erfolgreiche Managementmassnahmen für die invasiven Frösche ergreifen zu können und die heimische Tierwelt effektiv zu schützen, müssen diese Faktoren zukünftig berücksichtigt werden.»
Die Originalpublikation erschien im Fachmagazin «NeoBiota».