Der Einfluss von Windkraftanlagen auf Wildtiere und das Landschaftsbild wird seit Jahren diskutiert. Neben dem Kollisionsrisiko für Vögel und Fledermäuse haben verschiedene Studien auch gezeigt, dass störungsanfällige Tierarten Gebiete mit Windrädern meiden, womit die Lebensräume stark entwertet werden.
Text: Dominic Martin und Stefan Bachmann, Artikel aus Ornis (4/August 2020)
Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben diesen Effekt nun auch beim Auerhuhn gefunden, einer in Mitteleuropa sehr seltenen Vogelart. Die Wissenschaftler setzten auf ein robustes Studiendesign, das wegen des grossen Aufwands nur selten Anwendung findet: Sie suchten auf den Versuchsflächen vor, während und nach dem Bau der Windräder systematisch nach indirekten Auerhuhn-Nachweisen, beispielsweise Kot und Federn. Je nach Standort wurden Daten über bis zu sechs Jahre aufgenommen. Die untersuchten Flächen befinden sich im Schwarzwald, den österreichischen Alpen und in Schweden. Gleichzeitig erhoben sie auch Daten aus nahen Gebieten ohne Windanlagen. Parallel dazu wurde auch die Habitatqualität erforscht.
Die Resultate zeigen in allen drei Regionen einen konsistent negativen Einfluss der Windkraftanlagen auf die Auerhühner: Je näher die Lebensräume bei einer Windenergieanlage liegen, desto weniger werden sie genutzt. Dieser Effekt war bis zu einer Entfernung von 650 bis 850 Metern nachweisbar, und dies selbst unter statistischer Berücksichtigung der Habitatqualität. Studien mit besenderten Auerhühnern zeigten zudem, dass Lebensräume weniger häufig genutzt werden, je näher sie an den Zufahrtswegen von Windenergieanlagen liegen. Die Forscherinnen und Forscher empfehlen daher den Verzicht auf Windkraftanlagen in Gebieten mit Auerhühnern, insbesondere dort, wo die Topografie den möglichen Lebensraum bereits einschränkt.
Was bedeutet das nun für den Schutz des Auerhuhns in der Schweiz? Hierzulande ist der Bestand bereits stark fragmentiert, und viele Teilpopulationen sind klein. Die Vogelwarte Sempach hat 2019 Empfehlungen herausgegeben, die den Mindestabstand von Windanlagen zu Brutplätzen bzw. Brutvorkommen des Auerhuhns festlegen. Der Abstand muss im Sinn des Vorsorgeprinzips gemäss Umweltrecht eine Sicherheitsmarge beinhalten. Der von der Vogelwarte genannte Mindestabstand von einem Kilometer wird durch die neue Studie vollumfänglich bestätigt.
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