StartHintergrundWissenMehr Tagfalter auf Ökowiesen

Mehr Tagfalter auf Ökowiesen

Daten des Biodiversitätsmonitoring Schweiz zeigen, dass in Biodiversitätsförderflächen (BFF) über ein Drittel mehr Tagfalter beobachtet werden können als im übrigen Grünland. Im Vergleich zu den Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung ist aber auch diese Individuenzahl relativ bescheiden. Das Potenzial der BFF als Tagfalterlebensraum ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Der Originalbeitrag erschien im Sonderheft zu HOTSPOT 46, 20 Jahre Biodiversitätsmonitoring Schweiz BDM, S. 32-33, des Forum Biodiversität Schweiz.

Extensive Wiesen gehören zu den wichtigsten Tagfalterlebensräumen in der Schweiz. Hier können 60 % aller Arten beobachtet werden, darunter überdurchschnittlich viele gefährdete Arten (Schweizerischer Bund für Naturschutz 1987, Wermeille et al. 2014). Weil ein beträchtlicher Anteil der Bundesmittel für Biodiversitätsfördermassnahmen für die Erhaltung und Verbesserung der Lebensraumqualität von Mähwiesen ausgegeben wird, stellt sich die Frage, ob ein Effekt auf die Tagfalter sichtbar ist. Das BDM kann mit einer schweizweiten Analyse differenzierte Antworten
liefern.

Drei verschiedene Wiesentypen

Jeder beobachtete Tagfalter wird direkt im Feld in die Biodiversitätsmonitoring-App eingegeben. Dies vereinfacht das Datenmanagement und liefert die Position aller Falter punktgenau. Im GIS können diese Punktnachweise später mit räumlichen Daten verschnitten werden. So lässt sich beispielsweise untersuchen, in welchen Lebensräumen welche Arten bevorzugt vorkommen oder ob es Unterschiede in der Häufigkeit der Tagfalter in verschiedenen Wiesentypen gibt. Dabei werden grob drei Typen von Wiesen unterschieden:

> Wiesen, die als Biodiversitätsförderflächen (BFF) angemeldet sind
> alle übrigen Wiesen ohne Biodiversitätsförderung
> das ökologisch wertvollste Grünland, nämlich die im Inventar der Trockenwiesen und -weiden (TWW) erfassten Flächen (Dipner et al. 2010). Im Gegensatz zu den beiden ersten Kategorien umfasst diese neben Wiesen auch Weiden.

Gemäss ihrem Fundort können alle Tagfalternachweise den entsprechenden Wiesentypen zugeordnet werden (Abbildung 1). Um die Qualität der Wiesen als Tagfalterlebensraum zu beurteilen, werden nicht alle Tagfalterarten einbezogen, sondern nur die Ziel- und Leitarten der Umweltziele Landwirtschaft (UZL-Arten). Bei diesen handelt es sich um Arten, die höhere Ansprüche an die Qualität ihres Lebensraumes stellen. Sie kommen vor allem auf blumenreichen, eher nährstoffarmen Wiesen vor (Agroscope 2012).

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Transektabschnitts (rote Linie) mit den nachgewiesenen Tagfaltern (blaue Punkte). Der Verschnitt dieser Daten mit den räumlichen Daten (farbige Flächen) bildete die Grundlage der Analyse. Luftbild swisstopo

Beträchtliche Unterschiede

Die Ergebnisse zeigen, dass tatsächlich mehr Tagfalter in den BFF-Wiesen vorkommen als in den übrigen Wiesen (Abbildung 2). Auf BFF-Wiesen werden pro Kilometer Zählstrecke im Durchschnitt 114 Falterindividuen registriert, auf den übrigen Wiesen nur deren 72. Auf den TWW-Flächen, der Crème de la Crème der Schweizer Wiesen-Lebensräume, zählt das BDM im Mittel über 320 Falter pro Kilometer – also fast dreimal so viele wie auf einer durchschnittlichen BFF-Wiese.

Abbildung 2: Mittlere Anzahl Individuen der Ziel- und Leitarten der Umweltziele Landwirtschaft pro 1 km Transektlänge für die drei untersuchten Wiesentypen

Auch auf Ebene der Arten sind beträchtliche Unterschiede feststellbar. Wenig spezialisierte Arten wie das Kleine Wiesenvögelchen kommen in allen Wiesentypen in vergleichbarer Häufigkeit vor. Anspruchsvollere UZL-Arten wie das Beilfleck-Widderchen hingegen zeigen eine leichte Präferenz für BFF und erreichen in den TWW die grössten Häufigkeiten. Viele Spezialisten wie der Schwarzgefleckte Bläuling sind für ihr Überleben ganz auf TWW angewiesen und können in den anderen Wiesentypen nur ausnahmsweise angetroffen werden (Abbildung 3). Aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung wird ein Teil der BFF wohl nie die hohen Individuenzahlen der TWW erreichen können. Andere BFF könnten allerdings bei entsprechender Bewirtschaftung Lebensraum für hochspezialisierte Arten sein. Das Potenzial der BFF als Lebensraum für anspruchsvollere Tagfalter ist jedenfalls bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

Quelle: Birrer S. et al. (2022): Mehr Tagfalter auf Ökowiesen. In: Forum Biodiversität Schweiz (Hrsg.) (2022): 20 Jahre Biodiversitätsmonitoring Schweiz BDM. Sonderheft zu HOTSPOT 46. Seiten 32-33. 

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