StartNewsPolitikNaturschützer kämpfen für die Renaturierung der Thur

Naturschützer kämpfen für die Renaturierung der Thur

Im Jahr 2001 haben die Thurkantone auf dem Säntis gemeinsame Ziele für die Thur verabschiedet – in der sogenannten «Säntis-Charta». Bald zwei Jahrzehnte später darbt die Thur aber immer noch weitgehend im engen Korsett. Die Naturschützer kämpfen für mehr Auenlebensräume und die Rückkehr des Lachses.

Die Säntis-Charta proklamierte den Grundsatz «die Thurvorländer der Thur». Damit bekannte man sich vor bald zwei Jahrzehnten zum Umdenken im Wasserbau. Nämlich, dass robuster Hochwasserschutz Platz benötigt. Zudem entwickeln sich naturnahe und belebte Gewässer nur, wenn ausreichend Platz vorhanden ist. Der grosse Befreiungsakt der Thur fehlt noch, wie Aqua Viva berichtet. Die Umwelt- und Fischereiverbände haben deshalb ihre Kräfte in der «IG Lebendige Thur» gebündelt. Sie haben ausserdem eine Machbarkeitsstudie erarbeiten lassen, die nun mit einem 10-Punkte-Plan vorliegt. Darin wird unter anderem der notwendige Gewässerraum für die Thur der Zukunft ermittelt. Daran werden sich künftige Auflageprojekte zu messen haben.

Die heutige Bettbreite der Thur ist stark zurückgegangen

Die Thur war einst eine breite Wildflussaue. Der Fluss hat einen Talraum von bis zu 950 Meter Breite freigehalten. Im bis zu 170 m breiten Bett hat sich der Wasserlauf mehrfach verzweigt und war gespickt mit Kies- und Gehölzinseln – ein fantastisches Auenparadies mit enormem biologischem Reichtum. Der heutigen Thur wird meist nur ein Bett von 30-80 m Breite zugestanden. Der Gewässerlebensraum ist stark verarmt, wichtige Strukturen fehlen.

Dass lebendige Gewässer mehr Raum benötigen hat auch der Gesetzgeber erkannt. Im Wasserbaugesetz wird festgehalten, dass der natürliche Verlauf möglichst zu erhalten oder wiederherzustellen ist, damit eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt gedeihen kann. Wieviel Breite pro Thurabschnitt nötig ist, beantwortet die Machbarkeitsstudie.

Bisherige Revitalisierungsprojekte waren oft erfolglos

Das Aufwertungspotenzial an der Thur ist laut Machbarkeitsstudie sehr gross. Die Thurvorländer sind zum Glück noch weitgehend unbebaut, ebenso viele Flächen entlang der Aussendämme. Das grösste Aufwertungspotenzial ortet die Studie zwischen Bürglen und Uesslingen. Dort könnte mit verhältnismässig geringem Aufwand viel erreicht werden.

Laut Studie haben die bisherigen Revitalisierungsbemühungen oft nicht den gewünschten ökologischen Erfolg gebracht; weil zu kurz und zu schmal. Eine schöne Ausnahme bildet die Revitalisierung bei Niederneunforn, welche nach einiger Entwicklungszeit wieder die erwünschten Auenstrukturen aufweist. Wichtig ist es deshalb, dass künftigen Revitalisierungen genügend Breite auf genügend langer Strecke zugestanden wird.

Ohne Kiesbänke kein Lachs

Gewässer kümmern sich nicht um Kantonsgrenzen. Kies und Wasser aus der Säntisregion gelangt irgendwann über alle Anrainerkantone in den Rhein. Kies braucht der Lachs für seine Fortpflanzung. Ohne überströmte Kiesbänke und Auenlebensräume stehen keine Lachslebensräume bereit. Ohne die Sanierung der bestehenden Wasserkraftwerke kommt der Lachs nicht bis nach Bischofszell. Der Gewässerlebensraum der Thur kann nur dann wieder funktionieren, wenn alle Kantone zusammenspannen und der Gewässerraum der künftigen Thur frei bleibt. Die wasserbauliche Hoheit obliegt den Kantonen, die nun die Anliegen der Akteure unter einen Hut bringen müssen.

Thur vor der Renaturierung.
Heutiger Zustand der Thur bei der Murgmündung unterhalb Frauenfeld. © P. Rey, via IG Lebendige Thur
So könnte die Thur nach der Renaturierung aussehen.
Visualisierung der Thur bei der Murgmündung unterhalb Frauenfeld. © P. Rey, IG Lebendige Thur
Die Machbarkeitsstudie: Im Auftrag der IG Lebendige Thur hat ein Fachbüro das Aufwertungspotential der Thur zwischen Schwarzenbach und Kantonsgrenze Zürich abgeklärt. Die Studie beschreibt die Thur mit ihren heutigen Defiziten, vergleicht diesen Zustand mit dem ursprünglichen, natürlichen Zustand und entwickelt daraus Aufwertungsmassnahmen. Kernstück der Studie sind die Bestimmung der natürlichen Sohlbreiten, der notwendigen Gewässerraumbreiten sowie die Bezeichnung der grössten Revitalisierungspotentiale.

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