StartNewsForschungInvasive Arten verursachen weltweit grosse Kosten

Invasive Arten verursachen weltweit grosse Kosten

Über 3500 invasive Arten schädigen die Ökosysteme weltweit. Viele von ihnen beschleunigen das Artensterben, beeinträchtigen die Nahrungsmittelproduktion, den Zugang zu sauberem Wasser und die menschliche Gesundheit. Die Folgekosten beziffert der Weltbiodiversitätsrat IPBES auf über 423 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Analysen der Forschenden zeigen aber auch, dass die weitere Zunahme und Ausbreitung invasiver Arten und die damit verbundenen Schäden durchaus eingedämmt werden könnten.

Vor allem mit der Zunahme des globalen Handels seit den 1950er Jahren werden immer mehr Tier-, Pflanzen- und andere Arten in fremde Gebiete verschleppt; und einige breiten sich dort invasiv aus. Ein Grossteil (>80%) der durch gebietsfremde Arten verursachten Auswirkungen sind negativ für einheimische Arten oder die Lebensqualität des Menschen. Die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung, die Gesundheit oder die Wirtschaft können beeinträchtigt werden. Zudem sind invasive Arten eine wesentliche Ursache für das Aussterben von Arten global oder lokal. Bei 60% der global ausgestorbenen Arten spielten invasive Arten eine Rolle, schreibt IPBES im ersten Statusbericht zu invasiven gebietsfremden Arten. «Die Zahl gebietsfremder und invasiver Arten stieg in der Vergangenheit mit zunehmender Geschwindigkeit an und wir erwarten, dass die Schäden für Mensch und Umwelt ohne verstärkte Gegenmassnahmen in Zukunft auch stark zunehmen werden», sagt Prof. Sven Bacher von der Universität Fribourg, der das Kapitel 4 des Berichts mitverfasst hat.

Am effektivsten und kostengünstigsten kann die Zunahme invasiver Arten gebremst werden, wenn man das Einschleppen verhindert, etwa durch Kontrollen an Grenzen, entlang von Transportwegen oder an Warenumschlagplätzen. Aber auch Frühwarnsysteme kombiniert mit raschem Eingreifen können verhindern, dass sich invasive Arten etablieren. Ist dies nicht mehr möglich, kann ein aktives Eingrenzen eingeschleppter Arten laut IPBES gut funktionieren, besonders in Landökosystemen. Die vollständige Ausrottung bereits eingeschleppter Arten dagegen funktioniere vor allem auf Inseln oder bei noch sehr kleinen Populationen und sich nur langsam ausbreitenden Arten. 

Gezielte Umsetzung für strategische Ansätze fehlt

Um invasive Arten erfolgreich zu bekämpfen, brauche es umfassende Programme und Strategien der Regierungen, schreibt IPBES. Zentral dabei seien die Sensibilisierung und das Engagement der Öffentlichkeit und frei zugängliche vernetzte Informationssysteme, um das Auftreten invasiver Arten vorherzusagen und diese frühzeitig zu entfernen. Der Weltbiodiversitätsrat hält zusammenfassend fest: Die verfügbare Evidenz über das Ausmass der Folgen biologischer Invasionen rechtfertigt das unmittelbare und anhaltende Ergreifen von strategisch geplanten Massnahmen. Strategische Ansätze auf nationaler Ebene werden schon seit längerer Zeit entwickelt; es fehlt aber häufig an einer gezielten Umsetzung, die alle beteiligten Akteure einbezieht und alle wirksamen Management-Ansätze berücksichtigt. 

Der Statusbericht des Weltbiodiversitätsrates wurde von 86 Expertinnen und Experten aus 49 Ländern verfasst. Sie analysierten über 13’000 wissenschaftliche Berichte.

Die Situation in der Schweiz

Die Anzahl der gebietsfremden und der Anteil invasiver Arten sind in den letzten zweihundert Jahren in der Schweiz rasant gewachsen. Das Bundesamt für Umwelt listet im Bericht «Gebietsfremde Arten in der Schweiz» von 2022 1305 etablierte gebietsfremde Arten auf. Die meisten fügen sich unauffällig in unsere Ökosysteme ein, aber 197 von ihnen (85 Tier-, 89 Pflanzen- und 23 Pilzarten, ca. 15 %) gelten als invasiv, d.h. sie gefährden Mensch und Umwelt oder beeinträchtigen die Biodiversität, Ökosystemleistungen sowie deren nachhaltige Nutzung. 

«Oft werden die Auswirkungen invasiver Pflanzen auf die Landwirtschaft und insbesondere für die menschliche Gesundheit unterschätzt», sagt Heinz Müller-Schärer, emeritierter Professor für Ökologie und Evolution der Universität Fribourg. «In einer kürzlich veröffentlichen Studie zeigten wir, dass in Europa etwa 13,5 Millionen Menschen an Allergien durch Ambrosia-Pollen leiden, was jährliche Gesundheitskosten von rund 7,4 Milliarden Euro verursacht. Dazu kommen die Kosten für Ernteverluste in der Landwirtschaft, unter anderem im Sonnenblumen-Anbau».

Im Mai 2016 hat der Bundesrat die «Strategie der Schweiz zu invasiven gebietsfremden Arten» verabschiedet mit dem Ziel, die Ausbreitung von invasiven gebietsfremden Arten mit Schadenspotenzial einzudämmen und eine Neueinbringung zu verhindern. Die nationale Strategie soll die Koordination der betroffenen Akteure und der Aktivitäten auf nationaler Ebene fördern.

Zum Bericht des Weltbiodiversitätsrates IPBES:

The thematic assessment report on invasive alien species and their control

1 Kommentar

  1. Der negative Einfluss invasiver Pflanzenarten in der Schweiz wird aus mangelnder landschaftsökologischer Kenntnis, einem anthropozentrischen Zeitverständnis und wegen politischer Opportunität falsch dargestellt und eingeschätzt.
    1. In einem Zeitrahmen von 50-100 Jahren verschwinden fast alle eingeschleppten Arten oder fügen sich dann in bestehende, leicht veränderte Pflanzengesellschaften ein. Das kommt der Biodiversität sogar zugute. Dauerhafte Invasivität gibt es wohl kaum.
    2. Keine der bisher eingeschleppten oder eingewanderten Arten weist ein höheres Gefahrenpotential auf als wir es auch von den Arten der nacheiszeitlichen Flora kennen. Die ganze Allergie-Problematik ist wissenschaftlich noch wenig geklärt und dürfte stark mit Degenerationserscheinungen der Menschheit, mit unangepasster Lebensweise und mit Umweltverschmutzung zu tun haben.
    3. Die Flora der Schweiz – notabene: Nicht die Schweizer Flora, Pflanzen kennen nun einmal keine Nationalität! – wird nicht durch invasive, eingeschleppte Pflanzen bedroht, sondern durch den hohen Grad an Siedlungs- und Verkehrsfläche, das starke Bevölkerungswachstum, die Klimaerwärmung, die starke Luftverschmutzung, den hohen Zerschneidungsgrad der Landschaft, die exzessiv betriebene Wasserwirtschaft, die intensive industriellen Agrar- und Forstwirtschaft und durch die viel zu wenigen, viel zu kleinen und untereinander nicht vernetzten Naturschutzgebiete.
    In anderen Weltregionen mögen die Verhältnisse vielleicht anders liegen, in der Schweiz hingegen gibt es keinen Grund, einen Krieg gegen zu Unrecht verunglimpfte Pflanzenarten zu führen. Das widerspricht jeglicher Naturschutzphilosophie und zudem wird damit indirekt eine Politik unterstützt, die sich seit Jahrzehnten der in der Bundesverfassung verankerten Aufgabe zur Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen konsequent verweigert.
    Schade, dass die meisten Schweizer Umweltverbände sich ebenfalls von dieser Alibi-Übung blenden lassen. Dafür fehlen dann die Kraft und das Geld für die wirklichen Naturschutz-Aufgaben.

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