StartNewsForschungBiodiversitätsverlust am stärksten durch veränderte Landnutzung getrieben

Biodiversitätsverlust am stärksten durch veränderte Landnutzung getrieben

Eine neu publizierte internationale Studie macht deutlich, dass der Kampf gegen den Klimawandel allein nicht ausreicht, um den weiteren Verlust der biologischen Vielfalt zu verhindern. Denn die Umwandlung von naturnahen Wäldern und Grünland in landwirtschaftliche Flächen ist hauptverantwortlich für den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt. Der Klimawandel ist bislang nur der viertstärkste Treiber.

Obwohl der Klimawandel wegen seiner tiefgreifenden Folgen für die Natur zu Recht hohe Aufmerksamkeit bekommt, ist er – zumindest momentan – nur die viertgrösste Ursache für den Verlust der biologischen Vielfalt an Land, gefolgt von der Invasion gebietsfremder Arten an fünfter Stelle. «Die vorliegende Studie, die während des COP27-Klimagipfels veröffentlicht wird, zeigt deutlich, dass die Bekämpfung des Klimawandels allein nicht ausreicht, um den weiteren Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen», sagt Dr. Nicolas Titeux, einer der beiden Erstautoren. «Die für den Artenschwund verantwortlichen direkten Treiber sollten mit ähnlichem Ehrgeiz wie der Klimawandel ganzheitlich bekämpft werden.»

Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Treibhausgase die Hauptursache für die Klimakrise sind. Aber ebenso wichtig ist es, zu verstehen, was hinter dem enormen und schnellen Artenschwund steckt. Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind – wenn wir nicht gegensteuern – in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht; die Ökosysteme weltweit verlieren an Qualität und können die für uns Menschen so wichtigen Ökosystemleistungen immer schlechter erbringen. 

Die Autorinnen und Autoren der Studie stellten zudem fest, dass der Klimawandel als direkter Treiber des Artenschwunds in den Ozeanen bereits an zweiter Stelle rangiert. Hier spielt die Ausbeutung der Fischbestände die grösste Rolle. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen gehen die Wissenschaftlerinnen  und Wissenschaftler jedoch davon aus, dass die Bedeutung des Klimawandels für den Artenschwund und den Rückgang der Ökosystemleistungen auch an Land in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zunehmen wird.

Damit bestätigen und konkretisieren die Autorinnen und Autoren die Kernaussagen des Globalen Assessments, das der Weltbiodiversitätsrat IPBES bereits 2019 veröffentlicht hatte. «Die vorliegende Arbeit verdeutlicht, wie solide und differenziert die Hintergrundinformationen und Analysen des Globalen Berichtes von IPBES sind», sagt Josef Settele, Ko-Vorsitzender des Globalen IPBES-Assessments. «Dies gilt nicht nur für die vorliegende Thematik der Treiber des Artenschwunds, sondern ist ein Indikator für die fundierte Arbeitsweise des Weltbiodiversitätsrates insgesamt.»

Bedarf an naturbasierten Lösungen

Auch dürfte die vorliegende Arbeit das Verständnis dafür, wie der Verlust der biologischen Vielfalt bekämpft werden kann, grundlegend verändern. Dr. Pedro Jaureguiberry, einer der Studienleiter: «Unsere Studie liefert umfassende und fundierte Informationen darüber, welche Faktoren die biologische Vielfalt auf verschiedenen Ebenen am meisten schädigen – regional wie global. Wir hoffen, dass diese Ergebnisse zu einem ganzheitlicheren Ansatz beitragen werden, um effizientere Massnahmen zur Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt zu entwickeln.» Zweiter Studienleiter Dr. Nicolas Titeux weist ausserdem darauf hin, dass «die derzeitigen globalen Vereinbarungen wie das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und das UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen (UNFCCC) sich zu sehr auf einzelne Faktoren konzentrieren und dabei Lösungen übersehen, die eng mit anderen Faktoren zusammenhängen.» 

Professor Andy Purvis vom Naturhistorischen Museum in London, ebenso Mitautor der Studie, erklärt: «Der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt wurden bislang weitgehend getrennt voneinander betrachtet. Politische Massnahmen berücksichtigen oft nicht das jeweils andere Problem. So werden zum Beispiel Biokraftstoffe als eine Möglichkeit vorgeschlagen, die Klimaneutralität zu erreichen; damit verbundenen Auswirkungen auf die Natur jedoch, zum Beispiel durch die Ausweitung von Plantagen auf natürliche Wälder, nicht in die Betrachtungen einbezogen.»

Das Papier hebt auch einige naturbasierte Lösungen hervor, wie die grossflächige Wiederherstellung naturnaher Wälder und den wirksamen Schutz von Feuchtgebieten an Küsten. Sie wirken sowohl dem Klimawandel als auch dem Verlust der biologischen Vielfalt entgegen. 

Die Originalpublikation erschien im «Science Advances». Sie finden die Studie hier.

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