Ich geb’s zu, ich schwärme für Schwärmer! Und damit stehe ich auch nicht alleine da, das tut eigentlich jede Person, die auf die eine oder andere Weise mit dieser tollen Falterfamilie in Kontakt gekommen ist.
Es sind ausnahmslos prächtige, grosse – um nicht zu sagen imposante – Raupen. Auch die Falter punkten mit ihrer eindrücklichen Grösse, ihren phänomenalen Flugkünsten und aparten Farbkombinationen.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im dritten Teil meiner Schwärmereien-Serie gerne wieder einige meiner Lieblingsschwärmer vorstellen:
Abendpfauenauge – der Überraschungseffekt
Das Abendpfauenauge verbringt die Tage – wie alle dämmerungs- und nachtaktiven Vertreter der Schwärmerfamilie – ruhend an einem Baumstamm. Es verlässt sich dabei fast gänzlich auf seine hervorragende Tarnung: die Farbe seiner Flügel ist an die gräulich-braune Baumrinde angepasst und die Form der Flügel ähnelt einem trockenen Blatt.
Gegenüber seinen Verwandten hat aber das Abendpfauenauge noch einen weiteren Pfeil im Köcher: fliegt die Tarnung auf, greift es zur Täuschung! Wird es beispielsweise von einem neugierigen Vogel angepickt, zieht es die Vorderflügel reflexartig nach vorne und präsentiert die beiden Augenzeichnungen auf den Hinterflügeln.
Zusammen mit dem gekrümmten Körper, der durchaus etwas vom gekrümmten Schnabel einer Eule hat, schaut dem Vogel plötzlich ein Raubvogelgesicht entgegen. Dieser dürfte daraufhin erstmal eine Herzmassage benötigen, was dem Abendpfauenauge die Gelegenheit gibt, zu flüchten. 😉
Wer gerne Schwärmer bei sich im Garten beobachten möchte, pflanzt Blütenpflanzen, die in der Nacht blühen und duften wie zum Beispiel Nachtkerze, Ziertabak oder Nachtphiole. Leider kann man die Abendpfauenaugen damit nicht anlocken: ihr Saugrüssel ist zurückgebildet, sie brauchen keine Nektarquelle.
Das bedeutet, ein Abendpfauenauge lebt im Falterstadium nur alleine von den Fettreserven, die es sich als Raupe angefressen hat. Die Falter leben entsprechend kurz.
Zu den Raupenfutterpflanzen gehören schmalblättrige Weidenarten wie Korb- und Salweide, aber auch Pappel und Apfelbaum. Die verpuppungsbereiten Raupen graben sich wie alle Schwärmer zum Schutz in die Erde ein. Der geschlüpfte Falter muss sich dann erst durch 20cm Erde an die Oberfläche graben, bevor er die Flügel entfalten kann.
Lindenschwärmer – der Elegante
Der Lindenschwärmer ist ein eher kleiner Vertreter der Schwärmer. Für ihn gilt «klein, aber fein»: er hat erstens die eleganteste Flügelform von allen.
Dazu sind seine Flügel sehr variabel gefärbt, von fuchsroten Tönen über Braun- und Graustufen bis Grün liegt alles drin. Auch die Musterung ist variabel, so sind die dunklen Flecken auf den Vorderflügeln mal mit einander verbunden, mal getrennt und manchmal fehlen sie ganz.
Der Lindenschwärmer nimmt wie das Abendpfauenauge als Falter keine Nahrung mehr zu sich, denn auch sein Saugrüssel ist zurückgebildet.
Seine Raupen fressen in erster Linie an Linde (und zwar bevorzugen sie Winter- gegenüber Sommerlinde), sind jedoch gemäss Literatur auch an weiteren Laubbäumen wie Ulme, Schwarzerle und Hängebirke zu finden. Mir sind diesen Frühling einige Lindenschwärmer-Raupen aus Versehen im Raupenkasten der Abendpfauenaugen-Raupen gelandet.
Das hat sie scheinbar nicht gross gestört, sie haben friedlich zusammen mit den Abendpfauenaugen an deren Salweidenzweigen gefressen. Mit diesen teilen sie noch ein weiteres Merkmal: von den sich im Juni verpuppenden Raupen schlüpft jeweils ein Teil der Falter bereits nach einigen Wochen im Juli oder August. Der grössere Teil überwintert jeweils und schlüpft erst im folgenden Frühling.
Diesen Vorgang nennt man eine „partielle zweite Generation“: es macht Sinn, dass ein Teil der Falter versucht in günstigen Jahren eine weitere Generation Raupen vor dem Winter durch zu bringen. Nur, wie sie es unter einander ausmachen, wer nun schon schlüpft und wer erst überwintert, ist ein Rätsel…
Lesen Sie hier bald im vierten und letzten Teil der Schwärmereien-Serie von den Attraktiven!
Liebe Barbara Kümin,
Einfach wunderbar. Leider finden wir den Lindenschwärmer selten bei
uns im Spreewald.
Herzliche Grüße in die Schweiz!
Hermann Schultka