Das Volk lehnt die Verankerung des Biodiversitätsschutzes in der Verfassung ab. Dennoch bedeutet dies nicht, dass alles wie bisher weitergehen kann. Jetzt liegt es am Bund und den Gegner:innen, ihre Versprechen einzulösen.
Das Thema Biodiversität und Naturschutz steht stark unter Druck. Die Entwicklungen der letzten Monate helfen da nicht: Budgetkürzungen im Naturschutz, ein schlecht ausgearbeiteter zweiter Aktionsplan Biodiversität, Verfehlung der Ziele des ersten Aktionsplans, Beschönigung von Berichten. Versprechungen die in vergangenen Abstimmungen gemacht wurden, werden nicht eingehalten. Und jetzt das «Nein» zur Biodiversitätsinitiative. Und das obwohl die Wissenschaft sich einig ist, dass es um die Biodiversität schlecht steht und wirksame Massnahmen überfällig sind. Immerhin ist das Thema Biodiversität so präsent wie noch nie.
Leere Versprechungen?
Zu Beginn des Abstimmungskampfes wurde von den Initianten der Initiative ein Apell für eine respektvolle und faktenbasierte Debatte lanciert. Zu Recht, wie sich zeigte. Der Abstimmungskampf der Gegner:innen war geprägt von Falschinformationen. Die Energie- und Ernährungssicherheit seien gefährdet, 30% der Schweiz sollen unantastbar unter Schutz gestellt werden. Obwohl diese Informationen immer wieder widerlegt wurden, war die Kampagne offenbar erfolgreich.
Der Bundesrat und die Gegner:innen waren im Abstimmungskampf bemüht darum, die Situation weniger schlecht darzustellen als sie von Fachpersonen eingeschätzt wird. Dabei sagt sogar das Bundesamt für Umwelt auf seiner Webseite, die Biodiversität sei «weiterhin in einem schlechten Zustand und nimmt weiter ab». Ein ähnlicher Satz wurde dann allerdings aus dem Abstimmungsbüchlein gestrichen.
Immer wieder wurde vom Bundesrat und von den Gegner:innen betont, dass der Erhalt der Biodiversität mit der heutigen Gesetzgebung sichergestellt werden kann. Ob diese Versprechen eingehalten werden wird die Zukunft zeigen. Ein Blick in die Vergangenheit stimmt nicht besonders optimistisch: Im Vorfeld zur Abstimmung über die Trinkwasser- und Pestizid-Initiative, wurde die Massnahme «3.5% Biodiversitätsförderflächen auf offener Ackerfläche» beschlossen. Ursprünglich auf 2023 geplant wurde die Massnahme zweimal verschoben, bevor sie vor einigen Monaten komplett gestrichen wurde. Ersatzlos.
Die Zeit zum Handeln ist jetzt
«Man braucht nicht mehr Schutzgebiete, man muss die bestehenden aufwerten», wurde von der Bauernlobby beteuert. Man würde bereits viel tun für die Biodiversität. Diese Versprechungen müssen jetzt eingelöst werden. Sowohl von der Bauernlobby, wie auch vom Bund.
Es steht zu befürchten dass Umweltminister Albert Rösti das «Nein» zur Biodiversitätsinitiative als Bestätigung sieht, den Naturschutz weiter abzubauen. Dabei ist es umso wichtiger, dass der Bundesrat und die Gegner:innen jetzt ihre Versprechungen halten. Denn das «Nein» zur Biodiversitätsinitiative ist kein «Nein» zu Biodiversität und Naturschutz. Im Gegenteil. Weiter wie bisher ist keine Option für unsere Lebensgrundlagen. Ein wirksamer zweiter Aktionsplan Biodiversität wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.