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Was man isst, verändert die Biodiversität

Die Lebensmittelwahl der Konsumenten kann die Biodiversität stärken oder aber belasten. Konsumenten können positiv Einfluss nehmen, indem sie Produkte aus ökologisch wirtschaftenden Betrieben wählen und ihren Fleischkonsum überdenken.

Artikel aus der «Zürcher Umweltpraxis» (ZUP, Ausgabe Nr. 89). Geschrieben von Isabel Flynn, Redaktorin ZUP, Koordinationsstelle für Umweltschutz Generalsekretariat, Baudirektion Kanton Zürich

Der Konsum in der Schweiz hat Einfluss auf die Qualität der Umwelt. Welche Lebensmittel verzehrt werden, beeinflusst nicht nur die Biodiversität hierzulande, sondern auch im Ausland. Auswirkungen haben dabei weniger die Verarbeitung und Zubereitung der Lebensmittel, sondern vorwiegend die Art der Produktion.

Die Biodiversität liegt in der Hand jedes Konsumenten

Eine bewusste Lebensmittelwahl kann also die Belastung der Biodiversität verringern. Werden Produkte aus ökologisch wirtschaftenden Betrieben gewählt oder der Fleischkonsum eingeschränkt, beeinflusst dies die natürliche und die kultivierte biologische Vielfalt positiv. So können auch gezielt seltene Nutzpflanzen und Tierrassen gefördert werden. Wer Erzeugnisse wählt, die aus inländischer Produktion stammen, schützt die regionale Artenvielfalt, denn hierzulande gibt es nur noch integrierte oder biologische Produktion.

Was die Landwirtschaft für die Biodiversität tut

In der Schweiz halten die landwirtschaftlichen Praktiken IP und Bio agroökologische Grundsätze ein. 98 Prozent der Landwirtschaftsflächen in der Schweiz nehmen an Agrarumweltprogrammen teil. Bei diesen Betrieben werden im Durchschnitt 12 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Rahmen des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN) als Biodiversitätsförderflächen (BFF) genutzt. Die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte beteiligen sich damit an der Schaffung eines Netzes von Biodiversitätsförderflächen (BFF) mit einer Fläche von rund 40 000 Hektar. Heute fördert die Agrarpolitik neben der Anzahl der Biodiversitätsförderflächen (BFF) auch deren Qualität. Weil diese Entwicklung erst in jüngerer Zeit verstärkt wurde, wirkt sie sich erst in begrenztem Ausmass positiv auf die Artenvielfalt aus. Um einen beträchtlichen Beitrag zur Biodiversität leisten zu können, muss die ökologische Qualität dieser Flächen noch gesteigert werden. Dies ist von Bedeutung, denn beispielsweise 75 Prozent der wilden Säugetiere in der Schweiz haben ihren Lebensraum im Kulturland.

30 Prozent der Erdoberfläche wird für Viehzucht benutzt.
© Werkzeugkasten Umwelt

Durchmischte Erfolgsbilanz

Seit 1990 hat die schweizerische Landwirtschaft einen ökologischen Wandel vollzogen und ihre Umweltbelastung in vielen Bereichen verringert: sieben Prozent weniger Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft, zwölf Prozent weniger Ammoniakemissionen, eine genetische Lebensversicherung. Beispielsweise ermöglichen sie eine Anpassung an den Klimawandel sowie an Schädlinge, und sie sind ein wesentlicher Teil des Kulturerbes. 20 Prozent weniger stickstoffhaltiger Mineraldünger, 30 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel, 30 Prozent weniger Energieverbrauch und 60 Prozent weniger an mineralischem Phosphatdünger. Im gleichen Zeitraum hat jedoch der Druck auf die Artenvielfalt im Kulturland weiter zugenommen. Die Bestände vieler typischer Brutvögel wie der Feldlerche sind von 1988 bis 2008 richtiggehend eingebrochen (vgl. Umweltbericht 2014). Für nährstoffempfindliche Lebensräume wie Moore und Trockenwiesen sind die Stickstoffeinträge aus der Luft trotz der erreichten Verbesserungen immer noch viel zu hoch. Die Schweizer Bevölkerung erwartet von ihrer Landwirtschaft in erster Linie, dass möglichst naturnahe Lebensmittel produziert werden. Die Landwirtschaft belastet die Ökosysteme weiterhin stark, aber die Betriebe verbessern ihre Landwirtschaftspraktiken regelmässig, um ihren sogenannt ökologischen Fussabdruck zu verringern. Die schweizerische Landwirtschaft, in integrierter oder biologischer Produktion, ist punkto Umweltschutz äusserst anspruchsvoll. Wenn die Artenvielfalt im Kulturland gehalten werden soll, braucht es jedoch noch weitergehende Anstrengungen. Schweizer Produkte zu kaufen unterstützt diese. Darüber hinaus gewährleistet der Kauf von Schweizer Produkten eine echte Rückverfolgbarkeit.

Weniger Tiere – und die auf Grasland halten

Eine Reihe von Konsumentscheiden kann zu weiteren Erfolgen führen. Dazu gehört unter anderem ein sehr bewusster Fleischkonsum. Es geht nicht nur um eine kleinere Zahl an Tieren mit entsprechend weniger Futterverbrauch, auch die Art der Haltung und Fütterung ist relevant. In der Schweiz besteht das Kulturland zu 70 Prozent aus Weiden und Wiesen. In Berggebieten sind Weiden häufig die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass der Wald sich ausbreitet. Werden beim Kaufentscheid gras- und weidelandbasierten Milchprodukten sowie derart produziertem Fleisch der Vorzug gegeben, so lassen sich eine adäquate Bodennutzung fördern und ausserdem die Tierfutterimporte einschränken. Der lokale Futterbau verringert die Tierfutterimporte ebenfalls und schont damit die Biodiversität der tropischen Wälder. Darüber hinaus gibt es Projekte, z. B. von Coop unterstützt, die BioSoja in der Donauregion statt in den Tropen anbauen.

Weniger verarbeitete Lebensmittel essen

Nicht nur in den Tropen, auch in vielen anderen Regionen der Welt werden noch immer Wälder zerstört, um verschiedene landwirtschaftliche Kulturen anzubauen. Neben der Tierfutterproduktion, vor allem als Sojakulturen, ist auch Palmöl ein wesentlicher Faktor.

75 Prozent der Säugetiere haben ihr Lebensraum im Kulturland.
© Werkzeugkasten Umwelt

Indem der Konsum industriell hergestellter Lebensmittel gesenkt wird, braucht es weniger derartige Kulturen für die Lebensmittelindustrie. Es gibt Alternativen zu Palmöl, die jedoch teurer sind. Wer billige Produkte wählt, nimmt meist die Tropenabholzung in Kauf. Bei Labelprodukten ist dies kaum der Fall. Auch hier spielt der Kaufentscheid des Konsumenten eine grosse Rolle.

Von allem etwas konsumieren

85 Prozent der Hochstammobstbäume sind in der Schweiz verschwunden.
© Werkzeugkasten Umwelt

Die Bedürfnisse von Verbrauchern und Verteilern sowie die landwirtschaftliche Selektion haben zu einem beträchtlichen Rückgang der genetischen Vielfalt der weltweit genutzten Arten geführt. Gegenwärtig beruhen 90 Prozent der Ernährung der Menschheit auf lediglich 30 Pflanzensorten. Wer alte und vielfältige Früchte, Gemüse, und Getreidesorten wählt sowie verschiedene Tierrassen nutzt, schützt die genetische Vielfalt. Diversifizierte AgroÖkosysteme sind

Gut zu wissen

  • 30 % mehr Pflanzen gibt es in einem IPSUISSE- Betrieb im Vergleich zu einem Schweizer Standardbetrieb (ÖLN).
  • 75 % der Lebensmittel stammen heute von 12 Pflanzen- und 5 Tiersorten.
  • 30 % der Viehrassen weltweit sind vom Aussterben bedroht; jeden Monat verschwinden 6 Rassen.
  • ¾ der landwirtschaftlichen Nutzpflanzensorten sind im 20. Jahrhundert weltweit unwiederbringlich verschwunden, neue sind dazugekommen. 9x mehr Begleitkräuter kommen beim biologischen im Vergleich zum konventionellen Anbau vor, d. h. es gibt mehr von Insekten bestäubte Pflanzen. (FIBL)
  • 30 % bis 80 % mehr Regenwürmer leben in einem biologischen Boden als in einem konventionell bebauten.

Quelle: Werkzeugkasten Umwelt

Fische nutzen und schützen

Fische sind eine Proteinquelle für die Menschheit. In den Meeren wird zurzeit jedoch ein Drittel der Fischbestände übernutzt. Erzeugnisse aus nachhaltiger Fischerei zu wählen, unterstützt eine nachhaltige Bewirtschaftung der Meeresressourcen.

3 Kommentare

  1. Viele ökologische-Ausgleichsflächen sind qualitativ schlecht und die Abnahme der Artenvielfalt kann nicht verringert werden. Viele Fliess-Gewässer sind in sehr sehr schlechtem Zustand. Amphibien, Reptilien -70%, Insekten -40%, Vögel -40% ect. ect. die Bestände nehmen rapid ab. Direktzahlungen werden munter und in jeder Menge verteilt, ohne Erfolgskontrollen und Natur hin oder her. Das ist der Zustand der Umwelt und Natur. Viele Konsumenten interessiert die Lebensmittel-Produktion nicht, die Preise sind das Mass denn Geiz ist leider immer noch geil.

  2. Der positive Ton des Artikels geht total an der tristen Realität vorbei. Eine Verbesserung in der Landwirtschaft von «sehr schlecht» zu «schlecht» ist eben noch sehr weit entfernt von gut! Der ÖLN ist ein sehr laxes Instrument. Wer wirklich nachhaltig konsumieren möchte kauft konsequent Bio. Damit ist es aber längst nicht getan: Kleidung, Wohnungseinrichtung, Autowahl, verzicht auf Flugreisen, Geldanlagen etc. etc. lassen sich ebenfalls nachhaltig erwerben – wenn man den grossen Aufwand aus sich nimmt und bereit ist im Internet nach den entsprechenden Produkten zu suchen. ABER wer macht das schon … ?

  3. ,,,ich kann nur unterstreichen was F.Projer geschrieben hat. Das Gift, welches durch Private, Bauämter und der Landwirtschaft in unsere Umwelt gespritzt wird – ist einfach zu viel. Solange es aber heisst, es gehe nicht ohne «Pflanzenschutzmittel», das tönt so gut, was ist daran so schlecht !!! Wären die Produkte im Laden richtig deklariert, wenn es angeschrieben wäre » diese Äpfel wurden mit dem Gift XY gespritzt – wenn sie davon essen – fallen ihnen die Haare aus » das würde sofort besser. Da jammerte doch gestern ein Hausbesitzer – neben unserem Biotop mit Hochstammbäumen – gäbe es an seinem A’baum nie einen Apfel ohne Wurm. Ich sagte ihm dann, dass ich lieber Äpfel mit Wurm – oder sonstige Flecken esse – dann sei ich sicher dass kein Gift daran sei ,,,,

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