StartHintergrundWissenEin Teich füllt sich mit Leben

Ein Teich füllt sich mit Leben

Beatrix Mühlethaler
Beatrix Mühlethaler
Beatrix Mühlethaler ist begeisterte Naturgärtnerin. Sie befasst sich als Journalistin vorwiegend mit Natur- und Umweltthemen und setzt sich an ihrem Wohnort für die heimische Flora und Fauna im Siedlungsraum ein. Fortbildung und Freude bieten ihr der eigene Naturgarten sowie Gemüse- und Beerenkulturen.

Ein Gartenteich ist kein El Dorado für gefährdete Tierarten. Aber ein lehrreiches Stück Natur. Dieses bringt Kinder zum Staunen und kann auch das Kind im Erwachsenen wecken

Sumpfdotterblume am Teich.
Biotop. © Beatrix Mühlethaler

«Das Biotop» war früher der Inbegriff für den Naturgarten. Ich fand das etwas einfältig und verzichtete in meinem Naturgarten bewusst auf einen Teich, zumal auch der Platz dafür sehr begrenzt war. Dann aber setzte mir ein Naturgarten-Fachmann einen Floh ins Ohr, als er mir zur Erhöhung der Vielfalt einen Teich empfahl. Konsultiert hatte ich ihn, weil ich für einen schwierigen Gartenteil, in dem vor allem das Schnürgras gedieh, etwas Pflegeleichteres wünschte. Es war ein Volltreffer: Statt zu jäten, setze ich mich jetzt ab und zu auf die neue Trockenmauer am Wasser und schaue, wie sich neues Leben einnistet. Da fühle ich mich als neugieriges Kind, kann nicht genug gucken und staunen.

Im ersten Frühling, kaum hatte der Regen die Mulde gefüllt, glitten schon Wasserläufer über die Teichfläche. Ihr Schattenbild am Teichgrund ist faszinierend: Es zeigt deutlich die Mulden, die sie mit ihren Füssen in den Wasserspiegel drücken. Dank ihren fein behaarten Tarsen brechen sie nicht durch die Oberflächenspannung.

Im Wasser sieht man den Schatten eines Wasserläufers.
Schatten eines Wasserläufers. © Beatrix Mühlethaler

Wasserläufer können fliegen und so neuen Lebensraum besiedeln. Im Winter verschwinden sie in einen Unterschlupf an Land. Im Frühling sind sie plötzlich wieder da und jagen Insekten, die ins Wasser fallen. Ihre Larven entwickeln sich im Teich.

Ein Wasserläufer im Teich.
Wasserläufer. © Beatrix Mühlethaler

Bergmolche waren in unserem Garten schon immer häufig, wahrscheinlich wegen benachbarter Teiche. Sie nahmen den neuen Teich ebenfalls sofort in Beschlag und feierten Hochzeit. Schon im ersten Frühling erschienen auch Libellen: Häufige und/oder für neue Gewässer typische Arten wie Plattbauch, frühe Adonislibelle und Mosaikjungfer. Sie patrouillierten, paarten sich und legten Eier ab.

Frühe Adonislibelle.
Frühe Adonislibelle. © Beatrix Mühlethaler

Bereits im zweiten Jahr verrieten verlassene Häute (Exuvien), dass im Teich erfolgreich Nachkommen (wahrscheinlich des Plattbauchs) gediehen.

Die Larvenhüllen von Libellen.
Exuvien. © Beatrix Mühlethaler

Im zweiten Jahr fielen mir weitere Lebewesen auf, zum Beispiel der Rückenschwimmer. Auch er jagt Kleinlebewesen. Luft unter den Flügeln und zwischen den feinen Härchen am Körper verschaffen ihm einen Atemvorrat. Die kleinen Schlammschnecken, die mir eine Nachbarin gegeben hatte, waren nach einem Jahr zu stattlichen Wesen herangewachsen. Und im Folgejahr hatten sie sich auch schon kräftig vermehrt. Sie raspeln jetzt fleissig die Algen von den Steinen und bewegen sich recht behänd mit der Sohle nach oben an der Wasseroberfläche.

Schlammschnecke im Teich.
Schlammschnecke. © Beatrix Mühlethaler

Im dritten Jahr liess sich ein Wasserfrosch herbei, der zuvor beim Nachbarn gequakt hatte. Doch wahrscheinlich bot ihm der Teich noch zu wenig Deckung – vielleicht auch zu wenig Nahrung. Er verschwand bald wieder.

Wasserfrosch am Teich.
Wasserfrosch. © Beatrix Mühlethaler

Erdkröten hatte ich schon öfter im Garten angetroffen. Dieses Jahr – das vierte seit der Neugestaltung – schwamm ein einsamer Kröterich im Teich. Offenbar gesellte sich dann aber doch noch eine Krötendame dazu. Denn eines Morgens lag eine Kröten-Laichschnur auf dem Sicherheitsgitter, das die Behörden uns verordnet hatten. Nach etwa zehn Tagen waren bereits zappelnde Kaulquappen sichtbar, meist noch eingehüllt in der Schnur.

Eine Erdkröte im Teich.
Erdkröte. © Beatrix Mühlethaler
Eine Laichschnur im Teich.
Laichschnur. © Beatrix Mühlethaler
Kaulquappen im Teich.
Kaulquappen. © Beatrix Mühlethaler

Von anderen Teichbesitzerinnen und –besitzern weiss ich, dass kaum eines der Krötchen überleben wird. Zu häufig sind die Kaulquappenvertilger in dem kleinen Teich. Der Beitrag von Gartenteichen an den Erhalt gefährdeter Amphibien ist leider klein, weil sich auf dem engen Raum kein tragfähiges Lebensgeflecht entwickeln kann. Aber als direkter Einblick ins Naturgeschehen und als Erlebnis ist ein Gartenteich wertvoll, besonders für Kinder, die sonst fast nur noch indirekt über diverse Medien Naturvielfalt sehen.

Das eigene Erlebnis öffnet vielleicht auch Augen, Ohren und Sinne – und zu diesem Zweck müssten vor allem Erwachsene und Entscheidungsträger an Teichen leben. Denn es müsste viel stärker in unser Bewusstsein dringen, wie lebensbedrohlich die menschliche Zivilisation für die Amphibien ist: Wir stellen ihnen an Strassen und bei Häusern zu Hauf Entwässerungslöcher in den Weg, deren Abdeckung nur grössere Lebewesen vor dem Reinfall bewahrt. Dort verhungern die gefangenen Frösche, Kröten und Molche. Abhilfe wäre mit kleinmaschigen Gittern leicht zu schaffen. Eine Falle für die dünnhäutigen Tiere sind auch frisch gegüllte oder mit Pestiziden behandelte Felder, die sie durchwandern. Auf ihrer Wanderung können sie zudem buchstäblich unter die Räder geraten. Oder sie verätzen sich auf Salzresten vom Winterdienst, wie ein Nachbar Anfang März mit Entsetzen feststellte. Auf dem Weg zur Arbeit sah er etwa 40 verendende Molche auf einem kurzen Wegstück. Er dokumentierte dies mit dem Handy und informierte die Gemeinde.

Molch im Teich.
Molchopfer. © Beatrix Mühlethaler

So stehe ich schliesslich nachdenklich an meinem Teich, wo glücklichere Molche mich mit ihrem schönen Hochzeitskleid erfreuen. Wie verschaffen wir Naturschützer der Natur mehr Aufmerksamkeit, Gewicht und Sorgsamkeit? Wie soll das gelingen, wenn bei Wahlen vor allem ökonomische Ängste den Entscheid der Wählenden bestimmen – und dies in einem reichen, wirtschaftlich besonders privilegierten Land? Wenn die abstimmende Bevölkerung jene, die sich für den Naturschutz engagieren, aus den Entscheidungsgremien fern hält oder abwählt? Liegt es etwa auch daran, dass sich viele Naturschützerinnen und Naturschützer politisch nicht betätigen und nicht einmal ein Wahlcouvert einwerfen mögen?

Molche im Teich.
Molche. © Beatrix Mühlethaler
Molche im Teich.
Molche. © Beatrix Mühlethaler

5 Kommentare

  1. Hallo Beatrix. Schön, dass dir dein eigener Teich soviel Freude bereitet. Fand deinen Beitrag spannend und kann deine nachdenklichen Zeilen durchaus nachvollziehen. Es wäre an der Zeit, dass sich die Menschen aufraffen und sich auch politisch für mehr Naturschutz einsetzen.

    • Habe mir einen kleinen Teich im Garten Gemacht und hoffe das die Feuersalamander in denTeich gehen und nicht die kelertreppe herunter gehen und dort keine möglichkeit zu überlebenhaben auch Frösche gehen manchmal hinunter.Hoffe ich habe etwas gutes für diese Amphibien getan

  2. Ein sehr interessanter Bericht und spannende Fotografien. Als Leser war ich mittendrin im Teich am Beobachten. Und das Schattenbild am Teichgrund des Wasserläufers finde ich faszinierend. Das möchte ich dann selber an einem Gewässer einmal genauer anschauen…

  3. Hallo Beatrix, dein Beitrag ist super und ein Leitfaden für meinen.
    Im September wurde er angebaut, im März laichten bereits Frösche. Die Kaulquappen zu beobachten war interessant, erinnerte mich an meine Jugend.
    Inzwischen entdeckte ich 2 verschiedene Molcharten im Teich und ganz viele Spitzschlammschnecken.
    Libellen tummeln sich, in allen Grössen und Farben,
    Zwischendurch entdecke ich wieder ‹mal einen Frosch…
    Kurz gesagt, die Natur ist faszinierend.
    Weiterhin viel Glück und Freude mit Ihrem Garten, wünscht Beatrix Kok-Truffer

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