Der Lopper ist der östliche Ausläufer des Pilatusmassivs und fällt als steiler, drachengleicher Rücken zum Alpnachersee hin ab. Dank den spezifischen klimatischen, geologischen und topografischen Bedingungen kann man auf kurzer Distanz eine Vielzahl unterschiedlichster Waldlebensräume erwandern.
Geschrieben von Elisabeth Danner, Artikel aus der «FloraCH – Die Botanische Zeitschrift der Schweiz» (N°12, Frühlingsausgabe 2021)»
Wir starten mit unserem Ausflug in die waldige Vegetationskunde am Bahnhof Stansstad. Die ersten 20 Minuten brauchen wir etwas Geduld, bis das Siedlungs- und Verkehrsgewimmel hinter uns liegt. Aber bereits nachdem wir unter der Autobahn hindurch ans Ufer des Alpnachersees gelangt sind, ragen bei Hellegg die fast senkrechten Kalkwände des Lopper-Südhangs vor uns auf. Aus den Felsspalten grüsst das Berg-Laserkraut (Laserpitium siler).
Kurz nach Hellegg biegen wir in den Wald ein. Der Weg überwindet die nächsten 400 Höhenmeter in mehreren Steilstufen, wobei wir verschiedene Waldgesellschaften durchwandern. Das milde Seeklima gepaart mit der Südexposition des Steilhangs hat in Seenähe zur Ausbildung knorriger Eichenmischwälder (Quercion pubescenti-petraeae) geführt, die eng mit Arten des trockenwarmen Saums (Geranion sanguinei) verzahnt sind. Die gelben Blüten der Strauchwicke (Hippocrepis emerus) und die roten des Blutroten Storchschnabels (Geranium sanguineum) setzen in dem waldigen Grün farbige Akzente. Mit etwas Glück sieht und hört man einen Hirschkäfer durch die Luft brummen. Weiter oben schliessen Orchideen-Buchenwälder an (Cephalanthero-Fagenion). Wir sehen vom Weg aus Leberblümchen (Hepatica nobilis), Maiglöckchen (Convallaria majalis) und Langblättriges Waldvögelein (Cephalanthera longifolia). Die Weisse Segge (Carex alba) bildet grasige Flecken auf dem Waldboden. Nach dem Über- queren einer Forststrasse treffen wir in einem offenen, lichten Wegstück auf zahlreiche Individuen der Dunklen Akelei (Aquilegia atrata).
Auf etwa 700 Metern Höhe wird es unvermutet flacher. Während einer kurzen Verschnaufpause staunen wir darüber, wie hoch und mächtig die Buchenstämme hier sind. Wir durchqueren kurz einen Waldmeister-Buchenwald (Galio-Fagenion), der auf tiefgründigerem Boden stockt. Die gemütliche Steigung währt nicht lange, schon muss die nächste Steilstufe überwunden werden. Anstehender Kalkfels ist überall sichtbar: Wir sind im Kalkreichen Föhrenwald angekommen (Erico-Pinion sylvestris). Auf fast nackten Felsen klammern sich die Wald-Föhren-Wurzeln. Am Boden bildet die Schneeheide (Erica carnea) ausgedehnte Teppiche. Immer wieder sind auch Strauchwicke (Hippocrepis comosa), Buchsblättrige Kreuzblume (Polygala chamaebuxus) und andere kalkliebende Trockenzeiger zu sehen. Dazu kommen wärmeliebende Straucharten wie Felsenbirne (Amelanchier ovalis) und Filzige Steinmispel (Cotoneaster tomentosus). Vor lauter Botanisieren sollte man nicht vergessen, ab und zu den Kopf zu heben. Offene Stellen erlauben einen grandiosen Ausblick auf den Alpnachersee und die umliegenden Berge.
Leberblümchen (Hepatica nobilis), Frühblüher im Orchideen-Buchenwald. © Elisabeth Danner Die Schneeheide (Erica carnea) bildet Teppiche im Kalkreichen Föhrenwald. © Elisabeth Danner Buchsblättrige Kreuzblume (Polygala chamaebuxus) mit attraktiven, zweifarbigen Blüten. © Elisabeth Danner
Wir kommen nun in das auf dem Kartenausschnitt dunkelgrün markierte Gebiet. Hier hat der Kanton Nidwalden aufgrund der seltenen Waldgesellschaften sowie Tier- und Pflanzenarten ein Waldreservat ausgeschieden, durch dessen oberen Teil der Wanderweg führt. Das Reservat endet an der Grenze zum Kanton Obwalden und kurz darauf wechselt auch das Waldbild. Rohr-Pfeifengras (Molinia arundinacea) bildet einen dichten Grasteppich unter Wald-Föhren. Der Pfeifengras-Föhrenwald (Molinio-Pinion) bedeckt eine Rippe aus lehmigem, wechseltrockenem Mergel. Vom Weg aus sieht man vereinzelt Männliches Knabenkraut (Orchis mascula). Insgesamt ist die Artenvielfalt hier aber kleiner als im Kalkreichen Föhrenwald (Erico-Pinion sylvestris).
Bald verlassen wir kurzzeitig den Wald und durchqueren eine Weide. Wenn die Tiere nicht bereits das Meiste abgefressen haben, sind direkt am Weg verschiedene Vertreter des Mitteleuropäischen Halbtrockenrasens (Mesobromion) zu sehen: Aufrechte Trespe (Bromus erectus), Kleiner Wiesenknopf (Sanguisorba minor), Gemeines Sonnen- röschen (Helianthemum nummularium) und Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria). Nach diesem Grünland-Exkurs tauchen wir zehn Minuten später wieder in den Wald ein, um die letzten Höhenmeter bis zum Renggpass unter die Füsse zu nehmen.
Auf 900 Metern Höhe sind nun Montanzeiger wie Quirlblättriges Salomonssiegel (Polygonatum verticillatum) keine Selten- heit mehr. Der Zahnwurz-Buchenwald (Lonicero-Fagenion) ist hier vorherrschend. Typische Vertreter neben den Montanzeigern sind Basenzeiger wie Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis) und Frühlings- Platterbse (Lathyrus vernus).
Vom Renggpass geht es bis Hergiswil nur noch abwärts. Hier auf der Nordseite des Loppers sind die trockenwarmen Gefilde passé. Wir durchqueren einen Ahorn- Schluchtwald (Lunario-Acerion) mit vielen Kalkblöcken. Büschel von Hirschzunge (Phyllitis scolopendrium), Fingerblättriger Zahnwurz (Cardamine pentaphyllos) und Glänzendem Kerbel (Anthriscus nitida) geben diesem Waldtyp sein charakteris- tisches Gepräge.
Kurz darauf verlassen wir den Wald und folgen dem Wanderweg durch Wiesen. In einer knappen Stunde erreichen wir den Bahnhof Hergiswil und freuen uns am schönen Ausblick auf den Vierwaldstättersee und die Rigi – endlich stehen keine Bäume mehr im Weg.
Anreise: Bahnhof Stansstad
Höhendifferenz / reine Wanderzeit: Aufstieg 450m, Abstieg 440m / etwa 3 Stunden
Einkehren: Picknick
Zeitpunkt: Frühling und Herbst; optimal: Mai