StartNewsPolitikNABU fordert Mehrweg-Gebot statt nur Trinkröhrli-Verbot

NABU fordert Mehrweg-Gebot statt nur Trinkröhrli-Verbot

Im Blut, im Boden, im Ewigen Eis: Plastikmüll hat sich mittlerweile auf der ganzen Welt ausgebreitet. Als Gegenmassnahme schlägt die EU-Kommission das Verbot von häufig gebrauchten Plastikprodukten wie Besteck, Einweggeschirr und Trinkhalmen vor. Kunststoffflaschen sollen zu 90 Prozent wiederverwertet werden. Ein Schritt in die richtige Richtung zwar – Umweltschützern geht er aber nicht weit genug.

Anlässlich der heute vorgelegten Vorschläge der EU-Kommission zur Verringerung des Einsatzes von Einweg-Plastik, veröffentlicht der NABU erstmals Zahlen zum Verbrauch von Kunststoff für Einweggeschirr, Einwegbesteck und To-Go-Verpackungen in Deutschland. Laut Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM), die die Daten im Auftrag des NABU erhoben hat, wurden dafür 2017 in Deutschland 105’524 Tonnen Kunststoff verbraucht.

Einweg-Plastik wird zum immer grösseren Umweltproblem, insbesondere im Meer. Fast jeder an der Nordseeküste angespülte Eissturmvogel hat heute Plastik im Magen. Vor diesem Hintergrund will die Europäische Kommission den Einsatz von Einweg-Plastik deutlich verringern.

Das Einweg-Plastik-Verbot könnte nach hinten losgehen

«Der NABU begrüsst, dass die EU-Kommission das Problem Einweg-Kunststoff mit einer speziellen Richtlinie angehen und auch entsprechende Verbote vorschlägt. Allerdings birgt der vorliegende Vorschlag die Gefahr, dass von Einweg-Kunststoff auf Einweg-Papier oder Holz umgestiegen wird statt auf Mehrweg und entsprechende Pfandsysteme. Aus der Debatte um die Plastiktüte haben wir gelernt, dass Einwegprodukte aus Papier nicht umweltfreundlicher sind. Mehrweg – auch aus Kunststoff – ist für Trinkgefässe, Geschirr und Besteck ökologisch die bessere Alternative als Papier-Einweg», so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller in einer Mitteilung. Auch müsse die EU-Kommission Verlagerungseffekten vorbeugen, damit beispielsweise nicht einfach von zukünftig verbotenen Plastiktellern auf materialintensivere To-Go-Einwegverpackungen umgestellt wird, die nicht verboten werden sollen.

Lösungsvorschlag: Gefässe von zu Hause mitbringen

«Kunden müssen überall die Möglichkeit bekommen, eigene Becher und Gefässe mitbringen zu können, und es müssen finanzielle Anreize entwickelt werden, damit Imbisse und Cafés eigene Mehrweg-Pfandsysteme für To-Go anbieten», so Miller. Auch sei die Abschaffung des vergünstigten Mehrwertsteuersatzes für To-Go-Speisen und Milchgetränke überfällig.

«Wir brauchen auch ein Mehrweg-Gebot, wenn vor Ort konsumiert wird, denn Einweggeschirr wird leider auch immer öfter in Cafés und Schnellrestaurants, Bürogebäuden und Kantinen oder auf Messen und bei Sportveranstaltungen genutzt. Bundesländer und Kommunen sollten verpflichtet werden, Mehrweg bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum und bei Auftragsvergaben in ihre Auflagen mit einzubeziehen», fordert Katharina Istel, NABU-Expertin für nachhaltigen Konsum. Die Verpackungsflut im Einzel- und Versandhandel zeige, dass Europa erst am Anfang mit seinen Ideen zur Abfallvermeidung stehe. In der Öffentlichkeit dürfe jetzt nicht der Eindruck entstehen, mit der Initiative der EU seien die Umweltprobleme durch Kunststoff gelöst.

Es braucht weitere Massnahmen

So orientiert sich der Vorschlag der EU-Kommission für Verbote ausgewählter Produkte an Fundstücken die häufig bei Strandmüllmonitorings gefunden werden. Die von der EU getroffene Auswahl steht für den NABU allerdings nur exemplarisch für die Bedrohung der Meere durch die Plastikmüllverschmutzung. NABU-Bundesgeschäftsführer Miller: «Ein Verbot von einigen wenigen Produkten kann nur ein erster Schritt in Richtung saubere Meere sein.»

Hintergrund

Die EU-Kommission hat gestern im Rahmen ihrer Ende 2017 veröffentlichten EU-Plastikstrategie einen Richtlinien-Entwurf zur Reduzierung von Einweg-Plastik veröffentlicht. Mit der EU-Plastikstrategie soll auch das Ziel der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie unterstützt werden, einen guten Umweltzustand der europäischen Meere zu erreichen.

Darin gibt es unterschiedliche Herangehensweisen für verschiedene Einwegprodukte und To-Go-Verpackungen. So schlägt die Kommission ein Verbot von Strohhalmen, Plastikbesteck und Plastiktellern sowie Wattestäbchen und Luftballonstöcken vor. Für andere To-Go-Verpackungen fordert die Kommission lediglich präventive Massnahmen und eine stärkere Produzentenverantwortung zur Reduktion.

Umweltprobleme verursacht Einweg-Plastik nicht nur im Meer, sondern auch weil Erdöl und Erdgas bei Produktion und Transport verbraucht werden und auch bei der Müllverbrennung klimaschädliches CO2 entsteht. Ein besonderes Anliegen der EU-Kommission ist der Schutz der marinen Umwelt, weil Kunststoffmüll immer öfter in der Natur, insbesondere in Flüssen und Meeren zu finden ist. Er zersetzt sich jahrzehntelang in kleinere Partikel und ist für marine Lebewesen eine Bedrohung, wenn er mit natürlicher Nahrung verwechselt wird oder sich Tiere in Müllteilen strangulieren.

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