Bei der Abstimmung im Juni 2024 war das Verbandsbeschwerderecht (VBR) integraler Bestandteil des Stromgesetzes. Kürzlich beschloss die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S), das VBR bei 16 prioritären Wasserkraftvorhaben abzuschaffen. Ein klarer Wortbruch.
Die Produktion erneuerbarer Energien soll rasch erhöht werden. Das ist allgemeiner Konsens. Doch ein unkontrollierter Ausbau der Infrastruktur kann zu Schäden an Natur und Umwelt führen. Um dies zu verhindern, müssen Bauvorhaben die Umweltgesetzgebung einhalten. So will es auch die Stimmbevölkerung. Sie hat das Stromgesetz unter dieser Voraussetzung im Juni 2024 akzeptiert.
Garant dafür ist das Verbandsbeschwerderecht (VBR): Dieses Rechtsmittel ermöglicht es Umweltverbänden, bei ernsthaften Zweifeln an der Gesetzmässigkeit eines Bauvorhabens eine gerichtliche Überprüfung zu verlangen. Umgekehrt hält das VBR die Bauherrschaften zu einer sorgfältigen Planung an.
Der Entscheid verstösst gegen Versprechen
Mit dem Beschleunigungserlass könnte das Bundesparlament jetzt diese umweltrechtliche Überprüfung streichen. Der Erlass soll die Planungsverfahren sinnvoll bündeln und straffen, was breit akzeptiert ist. Doch das Bundesparlament will den Erlass markant zuspitzen und umweltrechtliche Aspekte kippen. So beschloss die zuständige Kommission des Ständerats UREK-S am 2. Mai, dass die 16 prioritären Wasserkraftvorhaben ohne Verbandsbeschwerderecht geplant werden können. Damit begeht sie einen klaren Wortbruch zur Abstimmungsvorlage zum Stromgesetz: Darin war das VBR als umweltrechtliche Garantie explizit vorgesehen. Definitiv entscheidet der Ständerat im Juni über diesen Vorschlag.
Beschliesst das Bundesparlament diese markanten Einschränkungen, wird das Umweltrecht beim Ausbau der Erneuerbaren regelrecht demoliert. Das ist weder im Sinn einer nachhaltigen Energiewende, noch ist es im Sinn der Bevölkerung: Sie hat deutlich gemacht, dass sie einen nachhaltigen Ausbau will, der Natur, Landschaft und Mensch respektiert. Dies belegen zahlreiche Gemeinden, die Anlagen ablehnen, wenn Schäden an Natur und Landschaft drohen.
Umweltverbände sind konsterniert
Die Umweltverbände wie der WWF, Birdlife und Pro Natura sowie die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz sind konsterniert über den Entscheid der ständerätlichen Umweltkommission, das Verbandsbeschwerderecht für 16 Grosswasserkraftprojekte zu streichen. Nicht mal ein Jahr nach der Abstimmung über das Stromgesetz bricht die Mehrheit der UREK-S damit das Versprechen von Bundesrat und Parlament, dass «die Beschwerdemöglichkeiten von Privaten und Verbänden aber bestehen bleiben». Damit wird die Durchsetzung des Umweltrechts massiv geschwächt und die gesamte Vorlage befindet sich in Schieflage.