StartNewsPolitikJagdverordnungsrevision: Pro oder kontra Wolf?

Jagdverordnungsrevision: Pro oder kontra Wolf?

Die laufende Revision der Jagdverordnung wird die Eingriffsmöglichkeiten in den Wolfsbestand neu festlegen. Die offene Formulierung lässt Hoffnung und Angst um den Schweizer Wolfsbestand zu. Pro Natura und WWF Schweiz sehen Möglichkeiten für einen lösungsorientierten Weg wogegen die Gruppe Wolf Schweiz den Änderungen kritisch gegenüber steht.

Mit der Revision der eidgenössischen Jagdverordnung soll die Möglichkeit geschaffen werden, Wolfsrudel in ihrer Grösse zu regulieren, wenn es gehäuft zu Schäden an Nutztieren kommt oder wenn Wölfe Menschen gefährden. Die Gruppe Wolf Schweiz (GWS) lehnt dieses Ansinnen ab.

Wolfsrudel sind Sozialverbände, die nicht beliebig nach menschlichen Bedürfnissen reguliert werden können, schreibt die GWS. Nach gültiger Jagdgesetzgebung dürfen Eingriffe in Bestände von geschützten Arten nur vorgenommen werden, um Schäden zu verhindern. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass kleine Wolfsrudel weniger schadenstiftend sind als grosse. Die Zahl der Nutztierschäden hängt erwiesenermassen nicht von der Dichte der Wolfspopulation ab, sondern von der Art der Nutztierhaltung.

Die Regulierung von Wolfsrudeln ist keine zielführende Massnahme zur Vermeidung von Schäden und widerspricht deshalb dem Jagdgesetz. Das bisherige System des Abschusses von schadenstiftenden Einzeltieren hingegen hat sich bewährt und könnte auch angewendet werden, falls es dereinst zu einer Gefährdung von Menschen kommen sollte.

Mit den vorgesehenen Eingriffsmöglichkeiten in den Wolfsbestand kann nicht ausgeschlossen werden, dass versehentlich Elterntiere abgeschossen werden. Damit droht die Zerstörung des einzigen Wolfsrudels und somit auch die Ausrottung des Wolfes als sich fortpflanzende Art in der Schweiz. Auch die Bildung neuer Rudel ist gefährdet. Weil die Eingriffe den Wolfsbestand in der Schweiz bedrohen, liegt eine Verletzung des Jagdgesetzes vor. Die Massnahmen zur Vermeidung von Konflikten setzen zudem einseitig beim Wolf an.

Präventionsmassnahmen, etwa das Verbot von Futter- und Luderplätzen im Umfeld von Siedlungen zur Vermeidung der Gewöhnung von Wölfen an Menschen, fehlen gänzlich, sollten aber ebenso Bestandteil eines fundierten Wolfmanagements sein.

Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Motion Engler zugestimmt und den Bundesrat mit einer Jagdgesetzrevision beauftragt. Sie soll ein Zusammenleben der Bergbevölkerung mit dem Wolf ermöglichen und verfolgt somit einen lösungsorientierten Ansatz. Die Wolfsbestände sollen gemäss der Motion künftig reguliert werden dürfen – diese Forderung können Pro Natura und der WWF allerdings nur akzeptieren, wenn ein langfristig überlebensfähiger Bestand in der Schweiz vorhanden ist.

Für WWF und Pro Natura bietet die Motion Engler eine Chance, das Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf zu normalisieren. Beide Organisationen sind bereit, an der Umsetzung der Motion konstruktiv mitzuarbeiten. «Ab wann ein Wolfsbestand überlebensfähig ist, muss hingegen die Wissenschaft bestimmen und nicht die Politik», sagt der WWF-Grossraubtierexperte Gabor von Bethlenfalvy. «Ausserdem braucht es mehr Sensibilisierung für die Verhaltensweise des Wolfes. Damit kann Angst abgebaut und das Verständnis für die positive Rolle des heimischen Wildtiers als Teil der hiesigen Natur gefördert werden.»

Die GWS steht der Motion kritisch gegenüber da diese eine Lockerung des Wolfsschutzes auf der Stufe des Jagdgesetztes verlangt und die Partikularinteressen von Jagd und Schafhaltung verstärkt berücksichtigt. Jedoch ist der Motionstext sehr offen verfasst womit auch eine moderate, wolfsfreundliche und damit für den Artenschutz akzeptable Umsetzung möglich ist.

Die GWS wird die nun beginnende Revision des Jagdgesetzes kritisch begleiten. Ein Referendum gegen die Revision wird zum gegebenen Zeitpunkt ernsthaft geprüft. Es wird definitiv ergriffen, wenn die Umsetzung der Motion Engler die Überlebensfähigkeit des Wolfsbestandes gefährden sollte.

Schnellschuss vom Departement Leuthard

Leider hat das Departement von Bundesrätin Doris Leuthard gleichzeitig eine übereilte Revision der Jagdverordnung eingeleitet, berichten Pro Natura und WWF. Diese sieht so weitgehende Eingriffsmöglichkeiten vor, dass selbst Abschüsse von Jungwölfen möglich würden – auch wenn es schweizweit nicht mehr als ein einziges Wolfsrudel hat.

«Einen überlebensfähigen Wolfsbestand in der Schweiz zu sichern, wäre damit nicht gewährleistet», sagt Mirjam Ballmer, Verantwortliche für Wolf, Bär und Luchs bei Pro Natura. Das Risiko sei gross, dass diese Änderungen die Situation verschlechtern – für den Wolf und auch für die Menschen. «Erfahrungen aus dem In- und Ausland zeigen, dass eine stabile Rudelstruktur und der Herdenschutz die beste Versicherung gegen Nutztierübergriffe sind.» So haben beispielsweise in den USA Eingriffe in die Wolfsrudel zu einer Zunahme der Risse geführt.

Für Pro Natura und WWF ist deshalb klar: Dieser Verordnungsentwurf ist inhaltlich inakzeptabel und steht ordnungspolitisch nach der Annahme der Motion Engler quer in der Landschaft.

3 Kommentare

  1. Hallo,

    Ich wollte mich erkundigen, ob eine Petition geplant ist oder ob der Gesetzesentwurf sowieso vors Volk kommt.

    Schönen Tag,
    Julia Eisenring

    • Hallo Julia Eisenring,
      Momentan ist keine Petition geplant. Die Umweltverbände werden aber am Ball bleiben und je nachdem reagieren!

  2. Wozu werden Raubtiere in der Schweiz unter Schutz gestellt? Damit man sie zum Abschuss frei geben kann? Immer wieder diese Ausnahmen! Einen Grund findet man stets, um die Natur zu regulieren. Am unbedingten Schutz von Luchs, Wolf und Bär soll man festhalten und dafür die Schaf- und Ziegenhalter und auch die Jägerschaft in die Pflicht nehmen. All die illegalen und zum Teil mysteriösen Tötungen von Luchsen stimmen mich nachdenklich und traurig. Und so wird auch der Wolf ins Visier der Raubtierhasser gelangen, wenn man es nicht fertig bringt, die Gesetze durch zu setzen.
    Gerda Felber Renngli

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