Netto null Treibhausgasemissionen bis 2030, das fordert die «Klimagerechtigkeitsinitiative – Basel 2030». Am 27. November 2022 stimmt die Bevölkerung des Kanton Basel-Stadt darüber ab. Die Gewinnchancen sind real, die Stimmbeteiligung ist knapp eine Woche vor der Abstimmung aber noch tief – es braucht jedes Abstimmungscouvert.
Die Initiative Basel2030 will, dass der Kanton das Ziel Netto-Null ab 2030 in der kantonalen Verfassung verankert. Netto null bedeutet, dass der CO2-Ausstoss so weit wie möglich gesenkt wird und die verbleibenden Restemissionen aus der Luft geholt und dauerhaft gebunden werden. Für Netto Null braucht es mehr als erneuerbare Stromversorgung und neue Heizsysteme. Die Klimagerechtigkeitsinititive nimmt auch die Dekarbonisierung des Finanzmarktes, energetische Gebäudesanierung, Entsiegeln von öffentlichem Raum, Mobilität, Konsum, Förderung von Biodiversität und Grünflächen in den Blick. Mit der Annahme der Initiative würde Basel zur ersten Schweizer Stadt mit dem Ziel der Klimaneutralität bereits zu Beginn des nächsten Jahrzehntes.
Maximal 1,5°C!
Die Initiative zielt darauf ab, dass die weltweite Erderhitzung langfristig nicht über 1,5 Grad Celsius ansteigt. Denn bekanntlich ist dies der kritische Wert, um gegen äusserst gravierende Folgen überhaupt noch etwas ausrichten zu können. Über 1,5°C droht das Risiko einer «Heisszeit«, mit gänzlich anderen Lebensbedingungen als heute. Das CO2-Budget, das uns noch übrig bleibt, wenn wir die Erderwärmung unter 1,5°C halten wollen, werden wir schon vor 2030 aufgebraucht haben. Deshalb fordert die Initaitive die Klimaneutralität ab 2030.
Selbst der Bundesrat will seine Politik daher an dieser Obergrenze von 1,5°C ausrichten. Aber de facto tut er es noch nicht. Und auch die basel-städtische Politik richtet sich in ihrem Handeln noch nicht an dieser Obergrenze aus, obwohl sie so zentral für die Zukunft ist. Mit der Initiative kommt die Obergrenze als Leitlinie in die kantonale Verfassung.
Umsetzung: Zentrale Leitprinzipien, aber offen in der Ausgestaltung
Zur Umsetzung dieser Obergrenze zielt die Initiative nur auf wenige, dafür aber zentrale Punkte: Klimagerechtigkeit, Verursacherprinzip, «Netto-Null» bis 2030, sowie Innovation. Für die Ausgestaltung gibt es viele mögliche Massnahmen – z.B. in den Bereichen Stadtentwicklung, Mobilität, Beschaffung, Dekarbonisierung der Wärme- und Energieversorgung. Die Initiative gibt diese aber nicht fix vor. Hier bleiben Parlament, Regierung und Gesellschaft auch künftig gemeinsam in ihrer Verantwortung. Da die Zeit tatsächlich drängt, ist es wichtig, dass effektive Massnahmen für den Schutz des Klimas beschlossen werden. Auch für den Schutz vor den Folgen der Klimaerhitzung soll gesorgt werden.
Die Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 23. März 2005 wird wie folgt geändert:
§15 (Leitlinien staatlichen Handelns) wird in Abs. 2 wie folgt ergänzt:
2 Bestehend: Er [der Staat] wirkt auf die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und auf eine nachhaltige Entwicklung hin, die den Bedürfnissen der gegenwärtigen Generation entspricht, aber zugleich die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse künftiger Generationen und ihre Möglichkeiten nicht gefährdet, ihre eigene Lebensweise zu wählen.
Ergänzung: Er trägt nach seinen Möglichkeiten dazu bei, dass die globale Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau 1,5 Grad Celsius nicht übersteigt.
neu: §16a Klimagerechtigkeit
1 In Anerkennung der Klimakrise als Bedrohung für Mensch, Ökosysteme, Wirtschaft und ein friedvolles Zusammenleben sowie als Chance für gesellschaftliche Innovation trifft der Staat effektive Massnahmen zu Klimaschutz und zum Schutz vor den Folgen der Klimaerhitzung.
2 Regierung und Parlament sorgen im Rahmen ihrer Kompetenzen dafür, dass der Ausstoss an Treibhausgasemissionen im Kanton Basel-Stadt in allen Sektoren bis 2030 auf netto null sinkt.
3 Dazu legt der Staat verbindliche Absenkpfade für Treibhausgase fest und handelt im Sinne von Verursacherprinzip und umfassender Klimagerechtigkeit.
4 Er setzt sich im Rahmen seiner Beteiligungen an Anstalten und Unternehmen dafür ein, dass diese in ihren gesamten Tätigkeiten, inklusive Finanz- und Verwaltungsvermögen, den vorgenannten Zielen entsprechen.
5 Er setzt sich beim Bund für die notwendigen Rahmenbedingungen ein.
Was passiert, wenn Basel2030 angenommen wird?
Durch die Annahme wird Basel zu einer lebenswerteren, sozialeren und ökologischeren Stadt. Das hat auch Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. Natürlich kann in einer Welt ohne Kohle, Erdgas, Öl und Benzin nicht alles 1:1 so bleiben, wie es heute ist. Also muss die Krise genutzt werden, um sich als Gesellschaft weiterzuentwickeln. Nicht nur technisch – Holz statt Beton, Solarenergie statt Erdgas, Abfalltrennung statt -verbrennung, E-Autos statt Benzinern… –, sondern auch sozial. Mehr Fairness und Kooperation anstelle von Konkurrenz, gelebte Solidarität, Nachbarschaft und Teilen, statt Vereinzelung und Einsamkeit. Dies soll durch einen partizipativen Prozess zusammen mit allen, die in Basel leben, erfolgen.
Auch KMUs profitieren von der Initiative: Gewerbetreibende brauchen Planungssicherheit. Mit der Annahme der Klimagerechtigkeitsinitiative wird der Zeithorizont klar und die Massnahmen verbindlich. Veränderungen werden so oder so kommen. Zum jetztigen Zeitpunkt hat es die Gesellschaft es aber noch in der Hand, diese Transformation möglichst verträglich für die regionale Wirtschaft zu gestalten. Die vorgesehenen Veränderungen bedeuten vielfach neue Aufträge, zum Beispiel in der Gebäudetechnik, Förderung von lokalem Handwerk und regionalen Erzeugnissen.
Städten wie Basel, die grosse CO2-Emittenten und zugleich wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zentren sind, kommt eine Pionierrolle beim Klimaschutz zu. Nur wenn diese vorangehen, kann auch ein globaler Wandel stattfinden. Lokaler Klimaschutz ist zudem eine Chance für eine lebenswerte, naturnahe und kühle Stadt, sowie für den Erhalt von Landschaft und Artenvielfalt.
Nachmachen erwünscht!
Die Klimagerechtigkeitsinitiative in Basel-Stadt zeigt, dass es möglich ist, aus der Bevölkerung heraus eine Initiative für 2030 zu lancieren. Sie möchte auch zeigen, dass die Umsetzung möglich ist: Wie das London, Oslo, Tübingen und viele andere Europäische Städte auch schon beweisen. Die Klimapolitik scheint momentan auf allen Ebenen ziemlich blockiert – bei der COP27, auf Europäischer sowie auf Nationaler Ebene. Deshalb rufen die Initiatien von Basel2030 die Schweizer Bevölkerung auf, in allen Kantonen und Gemeinden Volksinitiativen zu lancieren. Sie helfen gerne bei Beratung und Konzeption der Initiativen mit – hier können Sie mit ihnen in Kontakt treten.
Die Stimmbeteiligung ist noch sehr tief. Damit die Initiative angenommen wird, braucht es noch einige eingeworfene Abstimmungscouverts mit 2x Ja für Basel2030 und in der Stichfrage: Initiative. Abstimmen geht per Post noch bis am Dienstag 22. November 2022 und danach beim Briefkasten im Rathaus.