Ob es um den Schutz von Steinkauz oder Eisvogel geht, um mehr Hecken und Obstgärten oder die Biodiversitätsinitiative: BirdLife Schweiz engagiert sich seit 100 Jahren für die Vielfalt der Natur. Die grösste Stärke des Verbands ist seine lokale Verankerung: 430 Naturschutzvereine und 20 Kantonalverbände sind Mitglied der BirdLife-Familie und in den Gemeinden und Kantonen aktiv. Gleichzeitig ist BirdLife Teil des weltweit grössten Naturschutz-Netzwerkes BirdLife International, das ebenfalls 100 Jahre alt wird.
Über 1200 Naturschutzgebiete mit insgesamt 5400 ha umfassen die 430 BirdLife-Sektionen und Kantonalverbände. Allein dazu werden jedes Jahr rund 70’000 Arbeitsstunden aufgewendet – oft ehrenamtlich. Dabei kann BirdLife Schweiz auf die Unterstützung von 68’000 Mitglieder zählen. Aktuell laufen hierzulande rund 30 Artenförderungsprojekte, so u.a. für Eisvogel, Steinkauz, Wiedehopf oder Kiebitz. Die Hauptkampagne ist der Ökologischen Infrastruktur gewidmet. Aber auch die Biodiversität im Kulturland, im Wald und im Siedlungsraum kommt nicht zu kurz. BirdLife Schweiz bietet pro Jahr rund 1600 Exkursionen und 120 Naturkurse an; Kinder können sich einer von 70 Jugendgruppen anschliessen. Überdies betreibt die Organisation vier Naturzentren in der Schweiz. «Mit diesen Tätigkeiten leistet die BirdLife-Familie einen grossen Beitrag gegen die Biodiversitäts-Krise in unserem Land», ist Raffael Ayé, Geschäftsführer von BirdLife Schweiz, überzeugt.
Dieses Jahr wird BirdLife Schweiz 100 Jahre alt. Gleichzeitig feiert auch der globale Dachverband sein 100-Jahre-Jubiläum, wie BirdLife Schweiz in einer Medienmitteilung berichtet. BirdLife International ist mit 13 Millionen Unterstützenden und Aktiven sowie Mitgliederorganisationen in 119 Ländern der grösste Naturschutzverband der Welt. Am 100. Geburtstag der Organisation ist es nun höchste Zeit für einen Blick hinter die Kulissen.
Federn für Damenhüte
Versetzen wir uns ins Jahr 1922, als nicht nur das Grab von Tutanchamun gefunden, sondern auch BirdLife aus der Taufe gehoben wird. Einige Visionäre bemerken schon damals, dass auf der ganzen Welt Naturgebiete zerstört werden. Auch grassiert der Abschuss von Vögeln, unter anderem um die immense Nachfrage nach schönen Federn für Damenhüte zu befriedigen. Daher gründen der amerikanische Wissenschafter T. Gilbert Pearson und neun weitere Naturschützer den Internationalen Rat für Vogelschutz (ICBP), heute BirdLife International. Noch im selben Jahr entsteht das Schweizerische Landeskomitee für Vogelschutz (SLKV), heute BirdLife Schweiz. Im Fokus der Diskussionen stehen zu Beginn zum Beispiel das Jagdgesetz oder der Schutz von Höhlenbrütern und fischfressenden Vögeln.
BirdLife als Pionier und Vorreiter
Nach vielen Jahren mit einer stetigen Entwicklung hin zu mehr Schlagkraft beginnt 1977 mit dem Präsidenten Fritz Hirt eine neue Ära. Nun will der Verband selbst Themen setzen, und es wird eine Geschäftsstelle eingerichtet. Die erste grosse Kampagne – das Schweizer Jahr der Hecken 1979 – wird zum Grosserfolg: Öffentlichkeit und Behörden werden sensibilisiert; die Sektionen und Kantonalverbände leisten Hunderte von Pflanz- und Pflegeeinsätzen – insgesamt werden viele dutzend Kilometer Hecken gepflanzt.
Es folgen ab den Achtzigerjahren weitere Kampagnen, die pionierhaft Themen aufgreifen und einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen. Dank des Netzes an Sektionen und Kantonalverbänden werden sie breit umgesetzt. Die Kampagnen zu den Themen Obstgärten, Kleinstrukturen, Biodiversität, Wald, Siedlungsraum und aktuell Ökologische Infrastruktur laufen noch heute. BirdLife arbeitet an Gesetzesvorlagen und -revisionen mit, so beim Natur- und Heimatschutz- oder dem Jagdgesetz. Unter anderem dank BirdLife werden Wasservogelreservate ausgeschieden oder wird der Klingnauer Stausee unter Schutz gestellt. Auch bezüglich einer ökologischeren Agrarpolitik ist BirdLife längst eine treibende Kraft.
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs beginnt unter dem Namen «Chance Osteuropa» ein jahrzehntelanges Engagement von BirdLife Schweiz in Osteuropa, das zum Schutz von Dutzenden von Quadratkilometern Naturfläche und zum Aufbau von BirdLife-Partnern führt. Mehrere nationale Partnerorganisationen in Osteuropa, die BirdLife Schweiz damals unterstützte, haben heute mehr Mitarbeitende als BirdLife Schweiz und geben ihre Kenntnisse heute an andere Partner in Osteuropa und im Kaukasus weiter. Immer wieder unterstützt BirdLife Schweiz auch andere internationale Projekte wie den Schutz des Regenwalds Harapan auf Sumatra.
Motivation als treibende Kraft
«Ein wichtiges Anliegen von BirdLife ist seit Jahrzehnten die Ausbildung und Motivation für den Naturschutz», erklärt Suzanne Oberer, Präsidentin von BirdLife Schweiz. Lokale Sektionen bieten Grundkurse an, Kantonalverbände Feldornithologie- und Exkursionsleitungskurse sowie Botanik- und Faunistik-Kurse. Um die Jahrtausendwende eröffnet BirdLife Schweiz die ersten BirdLife-Naturzentren im Neeracherried und in La Sauge, erstmals mit speziellen Beobachtungshütten, den Hides und mit spannenden Naturpfaden. Zwei Jahrzehnte später folgen die Zentren am Klingnauer Stausee und am Pfäffikersee, beide im Verbund mit Partnern. Zahlreiche Schulklassen, Familien und Vereine geniessen unvergessliche Naturerlebnisse, ohne die Natur zu stören.
Das Jubiläumsjahr 2022
Zum 100-Jahre-Jubiläum setzt BirdLife Schweiz ein konkretes Zeichen, das der Natur zugutekommt: Gemeinsam realisiert die BirdLife-Familie mindestens 100 Naturschutzprojekte. Im Rahmen des Projektes «100 Naturjuwelen für die Schweiz» wird es u.a. Bachrenaturierungen geben, die Anlage neuer Hecken oder neue Strukturen für Reptilien und Insekten. Daneben geht der Verband mit einer Wanderausstellung auf Tournee. Weitere Attraktionen und Anlässe folgen.
Für mehr Informationen geht’s hier zur Jubiläumswebseite.