Schnepfen und Regenpfeifer sind auf ihrer Reise von Nordeuropa und der Arktis nach Afrika auf nasse Wiesen und Äcker als Rastplätze angewiesen. Diese sind in der Schweiz jedoch vielerorts trockengelegt worden. Um den Vögeln auf ihrer Reise das Erholen zu ermöglichen, werden von August bis Oktober fünf Hektar Kulturland bei Yverdon-les-Bains geflutet.
Watvögel, zu denen die Schnepfen und Regenpfeifer gehören, sind nur etwa starengross, legen während des Zugs aber mehrere Tausend Kilometer zurück und vollbringen damit wahre Meisterleistungen. Im Frühling und Herbst überqueren sie zu Tausenden auch die Schweiz.
Dabei sind gute Raststätten unentbehrlich, denn sie bieten Nahrung und Ruhe. Wie wir Menschen auch, brauchen die Vögel auf ihren Reisen zwischendurch eine Pause, um zu fressen, sich zu putzen und sich zu erholen. Umso mehr, weil sie im Gegensatz zu uns diese beschwerliche Reise über mehrere Tausend Kilometer aus eigener Kraft zurücklegen! Die meisten Watvögel bevorzugen zum Rasten flache Gewässer und feuchten, weichen Boden, in welchem sie nach Insekten und Würmern stochern können. Diese Raststätten sind in der Schweiz jedoch rar geworden, da Flüsse begradigt, Feuchtbiotope entwässert, Seen reguliert und feuchte Böden für die Landwirtschaft trockengelegt wurden.
Um dies zu ändern, werden in Yverdon von August bis Oktober fünf Hektar Kulturland vorübergehend geflutet, wie die Schweizerische Vogelwarte Sempach in einer Medienmitteilung schreibt. Landwirte, Vogelschützer und die Stadtbehörden arbeiten seit 2015 Hand in Hand, um als gute Gastgeber den Watvögeln auf dem Zug einen guten Rastplatz anzubieten. Das Projekt wird namentlich von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach, der Gesellschaft «Nos Oiseaux», dem Verein CH Club 300, der Stiftung Montagu, der Stadt Yverdon, dem Kanton Waadt und dem Bund unterstützt.
«Die temporär überflutete Fläche ist der beliebteste Rastplatz für Watvögel in der Schweiz!», freut sich Pierre Iseli von der Vereinigung «Limikolen-Rastplätze und Landwirtschaft» und Mitinitiator des Projekts. Seit Anfang August rasten hier täglich bis zu 120 Watvögel aus 20 verschiedenen Arten, darunter auch Seltenheiten wie der Sichelstrandläufer. Diese Art legt in Yverdon einen Zwischenstopp ein, um von ihren Brutgebieten in der russischen Arktis in das über 4’000 Kilometer entfernte tropische Winterquartier in Westafrika zu fliegen.
Neben den Vogelzählungen werden auch Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die Böden durchgeführt. Die Projektdauer ist aber noch zu kurz, um eine mögliche Erhöhung der Fruchtbarkeit der Böden durch die temporäre Überflutung festzustellen. Dies wäre ein willkommener Nebeneffekt des Projekts. Denn dann würden alle profitieren – die Landwirte in Yverdon und die Zugvögel aus der Arktis.