Eisenhut, Fingerhut und Herbstzeitlosen haben alle etwas gemein: So schön ihre Erscheinung sein mag, so gefährlich können sie aufgrund ihres enthaltenen Gifts für uns Menschen sein. Oft reichen schon kleinste Mengen aus – wie etwa drei Gramm Fingerhut oder Honig mit reichlich Eisenhut-Nektar -, um eine erwachsene Person zu töten. Im Beitrag von Info Flora können Sie die giftige Seite unserer heimischen Flora näher kennenlernen.
Der Originalartikel wurde in der botanischen Zeitschrift «info flora plus» (Ausgabe Nr. 6 2017) von Info Flora veröffentlicht und wurde von Adrian Möhl & Helder Santiago geschrieben.
«Nur die Dosis macht das Gift»
Pflanzen können für uns Menschen wortwörtlich zur Todesfalle werden. Wer zum Beispiel aus Unwissenheit sein Pesto mit Herbstzeitlosen statt Bärlauch herstellt, den dürften Vergiftungserscheinungen plagen, die schlimmstenfalls tödlich enden. Auslöser der Symptome ist in diesem Fall das Alkaloid Colchicin – das gleichzeitig aber als Arznei bei Gicht, einer Gelenkerkrankung, verschrieben wird. Und so hat es bereits der schweizerisch-österreichische Arzt und Alchemist Paracelsus im 16. Jahrhundert passend in Worte gefasst: «Alle Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding’ kein Gift ist.» oder kurz gesagt: «Nur die Dosis macht das Gift.» – das berühmte Zitat von Paracelsus, mit welchem er sich gegenüber Anschuldigungen, er würde seinen Patienten Gift verabreichen, verteidigte.
Auch beim Fingerhut entscheidet die Dosis über Tod und Heilung. Schon der Verzehr von zwei bis drei Blättern des Wegerichgewächs sind ausreichend, um eine tödliche Vergiftung hervorzurufen. Und trotzdem: Die giftigen Bestandteile des Fingerhuts kommen bei der Behandlung von Herzschwäche zum Einsatz. Dieses Beispiel zeigt, wie potent Giftpflanzen allenfalls sind und dass man gut daran täte, diese erkennen zu können. Denn allzu oft vermögen sie uns, mit ihren farbigen und anmutigen Blüten fehlzuleiten.
Giftpflanzen sind allgegenwärtig
In der Schweiz sind Giftpflanzen ein allgegenwärtiger Bestandteil der Flora. Einige Vertreter mögen Ihnen bereits wohlbekannt sein, wie zum Beispiel die Eibe (Taxus baccata) oder die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), andere wiederum sind ein seltener Fund, so etwa die Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris). Wir möchten Ihnen an dieser Stelle eine Zusammenstellung von Giftpflanzen präsentieren, die Info Flora basierend auf über 5’000 schweizweiten Fundmeldungen ausgearbeitet hat:
Die Giftigste
Blauer Eisenhut
Angeführt wird die Liste vom Blauen Eisenhut (Aconitum napellus), der schweizweit giftigsten Pflanze: Der Verzehr von zwei Gramm der zugehörigen Knolle kann ein tödliches Ende für Sie nehmen. Selbst vom Berühren der Pflanze wird abgeraten, da das Gift vermutlich auch durch die Haut aufgenommen werden kann.
«Besser» als ihr Ruf
Schwarze Tollkirsche
Der Schwarzen Tollkirsche (Atropa belladonna) eilt ein übler Ruf voraus. Sie wird mit Hexen und Mord in Verbindung gebracht und wir werden schon im jungen Alter vor ihren verlockenden, schwarzen Beerenfrüchten gewarnt. Dabei reicht die Toxizität der Tollkirsche nicht einmal für die Top20 der Vergiftungsmeldungen beim Schweizerischen Toxzentrum.
Der Hummelmagnet
Grossblütiger Fingerhut
Der Rote Fingerhut ist nicht der einzige potenziell gefährliche Vertreter der Fingerhut-Gattung. Wie alle Fingerhutarten kann auch der Grossblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora) für uns aufgrund der enthaltenen Herzglykoside, die eine Senkung der Herzfrequenz hervorrufen, gefährlich werden.
Die rot-braunen Flecken am Blüteneingang sind mehr als blosse Zierde: Sie locken Hummeln zur Bestäubung an, die hinter den Flecken Staubbeutel vermuten.
Der Spätzünder
Fuchs-Greiskraut
Das Fuchs-Greiskraut (Senecio ovatus) ist in Bezug auf seine giftige Wirksamkeit sozusagen ein Spätzünder und daher besonders heimtückisch: Es können Wochen bis Monate vergehen, bis die ersten Vergiftungssymptome auftreten. Die giftigen Substanzen sind zudem mutagen sowie krebserregend und können in der Leber, wo sie sich ansammeln, erheblichen Schaden anrichten.
Trinkt man die Milch von Tieren, die im Vorfeld grosse Mengen an Fuchs-Greiskraut konsumiert haben, besteht ebenfalls Vergiftungsgefahr. Selbiges gilt für Honig, der viel Nektar des Kreuzkrauts enthält. Dieser verrät sich jedoch meist durch einen sehr bitteren Nachgeschmack.
Gefährdetes Gift
Schwarzes Bilsenkraut
Zu früheren Zeiten war das Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) eine rege genutzte Heilpflanze und fand sich in vielen Gärten des Mittellands – und verwildert in deren Umgebung. Heutzutage gestaltet sich die Suche nach dem giftigen Kraut schwieriger: Zu finden ist es noch in wärmeren, auch urbanen, Gebieten.
Des Teufels Werk
Einbeere
Wer eine Einbeere (Paris quadrifolia) findet – eine nicht allzu schwere Aufgabe bei deren Häufigkeit -, dem wird bewusst, dass die Namenswahl nicht treffender hätte sein können: Eine einzige, einsame «Beere», die im eigentlichen Sinn der schwarze Fruchtknoten ist, ziert die Pflanzenspitze.
Einer Legende nach hat der Teufel die grossräumige Verbreitung der Einbeere zu verantworten. Er sei ob seiner Empörung über die Perfektion der Schöpfung spuckend durch die Wälder gestreift und habe mit seinem Speichel die Entstehung von giftigen Beeren hervorgerufen.
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Ist das Fuchs-Greisskraut das gleiche wie Schmalblätrigre-Greisskraut?
Nein