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Den Uferschwalben fehlt der Lebensraum

Auch in diesem Jahr sind die Uferschwalben aus den afrikanischen Überwinterungsgebieten in die Schweiz zurückgekehrt. Doch hier fehlt ihnen der Lebensraum. Steilwände von Flussufern suchen sie vergebens, und auch Kiesgruben werden knapp. Als Notlösung helfen künstliche Brutwände aus einer speziellen Sandmischung, wie sie BirdLife Schweiz und Partner im Rahmen des Artenförderungsprogramms Vögel Schweiz realisiert haben. Mit Erfolg: 40% des Schweizer Bestands brüteten 2020 in derartigen Wänden.

Ursprünglich gruben Uferschwalben ihre Brutröhren in frisch abgebrochene Steilhänge unverbauter Flussufer. Doch mit den Gewässerverbauungen ging die Dynamik der Fliessgewässer verloren und geeignete Steilwände verschwanden, so berichtet BirdLife Schweiz in einer Medienmitteilung. In Kiesgruben fanden die Uferschwalben einen Ersatzlebensraum, wo Maschinen laufend neue Steilhänge schaffen. Weisen die Hänge geeignete Sandlinsen auf, graben die Uferschwalben darin ihre Brutröhren – jedes Jahr eine neue. Doch auch in den Kiesgruben stehen immer weniger geeignete Wände zur Verfügung, da die Kiesgrubenbetreiber festen Abbau-Schemas und Zeitplänen folgen. Die Auflagen der Kantone sorgen dabei für einen beschleunigten Ablauf von Abbau und Auffüllung. Zudem werden heute tendenziell weniger, dafür grössere Gruben angelegt.

Seit Jahrzehnten ist deshalb ein Rückgang der Uferschwalben-Kolonien festzustellen; zudem werden letztere immer kleiner. Laut den Brutvogelatlanten der Schweizerischen Vogelwarte Sempach betrug der Bestand zwischen 1993 und 1996 noch 5500 bis 6500 Brutpaare, 2013-2016 waren es mit 2300 bis 3000 Paaren nur noch etwa die Hälfte.

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Brutstandorte der Uferschwalbe in der Schweiz im Jahr 2020. Gelbe Quadrate: Kolonien in Kiesgruben; grüne Dreiecke: geschüttete und besiedelte Wände; rote Dreiecke: geschüttete unbesiedelte Wände. © BirdLife Schweiz/swisstopo

Der Verein Hotspots und BirdLife Schweiz begannen bereits vor Jahrzehnten nach Massnahmen zur Förderung der Uferschwalbe zu suchen. Im Jahr 2011 gelang dank dem Aargauer Kiesunternehmer Ueli Müller der Durchbruch mit künstlichen Sandschüttungen. Ueli Müller hatte beobachtet, wie Uferschwalben versuchten, Brutröhren in ein verkaufsfertiges Sanddepot zu graben. Kurzerhand legte er einen Ersatzhaufen an, in den schon bald die ersten Schwalben einzogen.

Uferschwalbe Schüttung
Künstliche Sandschüttungen dienen als Ersatz für die verloren gegangenen natürlichen Brutwände an Flussufern. © Samuel Erzinger

BirdLife Schweiz macht das Prinzip mit Publikationen, Begehungen und einem Beratungsangebot in der ganzen Schweiz bekannt. Zahlreiche Kantone, Kiesgrubenbetreiber und weitere Partner waren in verschiedenen Rollen beteiligt. Mittlerweile existieren 26 derartige Sandschüttungen in der Schweiz, in denen rund 40% der 4200 Brutpaare der Uferschwalbe brüten (2020). Mittelfristig sollen an grösseren Fliessgewässern dank Revitalisierungen und natürlicher Dynamik wieder Brutplätze an Prallhängen entstehen. Dafür brauchen die Gewässer ausreichend Raum. Dieses Ziel wurde bisher noch nicht erreicht. Das «neue» Gewässerschutzgesetz der Schweiz aus dem Jahr 2011 weckte Hoffnungen. Es verpflichtet die Kantone, Gewässer zu revitalisieren und Massnahmen für die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen der Gewässer zu treffen. Doch seit 2011 konnte kein Schweizer Revitalisierungsprojekt eine annähernd ausreichende Dynamik kreieren, die zu neuen Brutplätzen für die Uferschwalbe geführt hätte. Hier besteht weiterhin grosser Handlungsbedarf. Weitere Massnahmen von Bund und Kantonen sind nötig.

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