Deutsche und australische Forschende konnten in einer Studie zeigen, dass Männchen einer australischen Spinne ihre erjagte Beute eher mit den anderen Mitgliedern der Verwandtschaftsgruppe teilen als die Weibchen, welche eher bettelten. Das kooperativere Verhalten der Männchen kommt aber der gesamten Gruppe zu Gute.
Die Krabbenspinne Australomisidia ergandros ist in Australien beheimatet und lebt in Verwandtschaftsgruppen von fünf bis 45 Individuen. Die Gruppen bestehen aus den Nachkommen eines einzigen Weibchens, das bis zu seinem Tod die mütterliche Fürsorge übernimmt. Nahrung erbeuten die Tiere aus dem Hinterhalt, wobei sich zwei Verhaltenstypen zeigen: einen kooperativen Typ, der aktiv jagt und die Beute mit anderen Gruppenmitgliedern teilt, die sich nicht an der Jagd beteiligt haben. Und ein Nutzniesser-Typ, der sich eher von der Beute ernährt, die von anderen Tieren erbeutet und geteilt wird. Nutzniesser sind zwar ebenfalls in der Lage zu jagen, teilen aber nur selten ihre Beute.
Ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Jutta Schneider vom Fachbereich Biologie der Universität Hamburg hat in einer experimentellen Studie Kolonien von kooperativen und unkooperativen A. ergandros zusammengestellt und deren Verhalten beim Jagen und Fressen untersucht. Dazu sammelte das Team im Februar 2016 rund 30 A. ergandros-Nester aus einer Population entlang der Yass River Road in New South Wales, Australien, und brachte die Nester ins Labor der Macquarie University in Sydney.
«Wir konnten zeigen, dass rein kooperative Gruppen einen höheren Jagderfolg hatten, da sie Beute schneller erlegten als reine Nutzniesser-Gruppen», sagt Schneider. «Zudem fanden wir heraus, dass unkooperative Gruppen eine etwa viermal höhere Sterblichkeit als kooperative Gruppen aufwiesen und erheblich an Gewicht verloren.» Die Kooperation innerhalb der Verwandtschaftsgruppe bringt also Vorteile für alle Mitglieder.
Darüber hinaus stellten die Forschenden fest, dass Männchen eher kooperierten, indem sie häufiger auf die Jagd gingen und das Futter teilten. Die Weibchen dagegen bettelten häufiger um Beute und teilten nur selten ihre Nahrung. «Unsere Ergebnisse liefern einen seltenen empirischen Nachweis von geschlechtsspezifischer Kooperation, die dem Individuum und der Verwandtschaftsgruppe Vorteile bringt», sagt Schneider.
Männchen, die ihre Nahrung mit Weibchen teilen, finden sich in einer Vielzahl von Arten, zum Beispiel bei Schimpansen, Hunden oder Fledermäusen. Das Teilen von Beute wird oft als Austausch von Ressourcen gegen Paarungsmöglichkeiten erklärt. Allerdings sei diese Erklärung bei A. ergandros nicht plausibel, so die Forschenden, weil die Männchen die Nahrung auch mit anderen Männchen innerhalb der Gruppe teilten und die Weibchen es in der Regel nicht bevorzugen würden, sich mit Geschwistern zu paaren.
«Es ist zudem schwer zu erklären, warum die meisten Weibchen zum Nutzniesser-Typ gehören und ihre Beute nicht mit ihren Geschwistern teilen», sagt Schneider. Eine Erklärung für das unkooperative Verhalten der Weibchen könnte sein, dass nur eine das mütterliche Nest erben kann und dass die Schwestern um diese Möglichkeit konkurrieren.