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Sanieren, aber richtig: Quecksilberkontamination im Oberwallis

Im Landwirtschaftsgebiet rund um die Walliser Gemeinden Visp und Raron ist der Boden stark mit dem hochgiftigen Quecksilber verschmutzt. Der Pharmakonzern Lonza AG als Verursacher will jedoch erst ab einer Belastung mit 20 Milligramm Quecksilber pro Kilogramm Boden sanieren. Damit würde aber viel zu viel Gift im Boden bleiben.

Demnächst wird die Lonza AG rund 40 Hektaren Landwirtschaftsland systematisch auf Quecksilber untersuchen. Ausräumen will sie das hochgiftige Quecksilber aber nur an Stellen, wo mindestens 20 Milligramm Quecksilber pro Kilogramm Boden (mg Hg/kg) zu finden sind. Das ist zwar legal, es macht aber keinen Sinn: Die Erfassung der Quecksilberhotspots über 20 mg Hg/kg ist sehr aufwändig und dennoch wäre das Landwirtschaftsland anschliessend nur eingeschränkt nutzbar. Die Folge: Rinder und Schafe dürften nicht mehr weiden. Die Umweltverbände Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) und WWF Oberwallis akzeptieren dies nicht. Sie fordern die Lonza auf, ihre Quecksilberverschmutzung freiwillig ab 6 mg Hg/kg auszuräumen und dem landwirtschaftlichen Boden am Ende maximal 4 mg Hg/kg zuzumuten.

Keine weidenden Kühe und Schafe mehr?

Nach einer solchen, oberflächlichen Sanierung dürfen beispielsweise keine Kühe und Schafe mehr weiden. Denn «Unterhalb des Sanierungswertes» von 20 mg Quecksilber pro kg Boden «sind Gefährdungen immer noch möglich» und könnten nur «durch Nutzungseinschränkungen abgewendet werden», schreibt die Landwirtschaftliche Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz im Mai 2013 in einem Bericht (Quecksilber in Böden: Herleitung eines Sanierungswertes nach AltlV und von Prüfwerten nach VBBo). Ausserdem würden die «Quecksilberkonzentrationen im Boden» nicht mit den gemessenen «Konzentrationen in den Pflanzen» korrelieren, die auf diesem Boden wachsen, hält Agroscope in einem zusätzlichen Bericht vom Juni 2013 fest. Dies zeige, «dass die Pflanzenaufnahme von Quecksilber von weiteren Faktoren als nur von der Totalkonzentration im Boden abhängt». Es könne beispielsweise nicht ausgeschlossen werden, dass sich das aus dem Boden aufgenommene, metallische Quecksilber in der Pflanze teils in hochgiftige organische Quecksilberverbindungen umwandle.

Offen sei zudem, ob ein solcher Umbau allenfalls auch im Verdauungstrakt von Wiederkäuern stattfinde, wie es zum Beispiel in der Nahrungskette aquatischer Systeme «dramatisch» zu beobachten ist. Bei der «Direktaufnahme» von kontaminierten Pflanzen und Bodenmaterial durch die weidenden Tiere sei deshalb «nicht klar wie die Situation beurteilt werden soll». Unbekannt bleibe ebenfalls, wie sich die hochgiftigen organischen Quecksilberverbindungen im Leben eines Rindes anreichern würden.

Grosse Unsicherheiten

Agroscope zieht in dem Bericht vom Juni 2013 dieses Fazit: «Die Unsicherheiten bei all diesen Beurteilungen und Abschätzungen» seien für Weidetiere «gross». Diese Aussage entspricht auch heute noch weitgehend dem Stand des Wissens.

Richtig aufräumen zu Gunsten einer vollwertigen Nutzung

Mit ihren geplanten, halbpatzigen Aufräumarbeiten löst die Lonza ihr Quecksilber-Problem im Landwirtschaftsgebiet nicht. Ein solches Vorgehen wäre sinnlos, würde Ressourcen verschleudern und doch bloss eine beschränkte Nutzung zulassen. Die AefU und der WWF Oberwallis fordern die Lonza deshalb in einem Brief an den Verwaltungsratspräsidenten Albert Baehny auf, zielführend zu handeln. Der Pharmakonzern soll freiwillig ab einer Belastung von 6 mg Hg/kg aufräumen, so dass nachher vom giftigen Quecksilber höchstens noch 4 mg/kg im Boden verbleiben. Die Lonza muss den grossen Untersuchungsaufwand ohnehin leisten. Es ist ihr als Verursacherin zumutbar, dabei gleich eine Lösung zu realisieren, die dem Boden seinen Nutzwert zurückgibt.

Wiedergutmachung für Umweltschäden

«Dies wäre eine Art Widergutmachung für die Umweltverschmutzung und die Gesundheitsgefahren, welche die Lonza der Walliser Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten zugemutet hat», sagt Martin Forter, Geschäftsleiter der AefU. Angela Escher, Geschäftsleiterin des WWF Oberwallis ergänzt: «Wir fordern von der Lonza ein Zeichen des guten Willens, ihre Sünden der Vergangenheit nicht nur oberflächlich, sondern tatsächlich zu beseitigen.»

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