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Klimaveränderung sensibilisiert für Umweltschutz

Die neuste Univox-Umwelt-Studie 2019 zeigt, dass die Forderungen nach mehr Umweltschutz zugenommen haben. Doch wie schlägt sich dies auf die Selbsteinschätzung des Umweltbewusstseins, des Umweltwissens und des Umweltverhaltens der Schweizer Bevölkerung nieder? Es zeigen sich, insbesondere in Abhängigkeit des Alters, überraschende Zusammenhänge.

Text von Dr. Andreas Schaub, Institutsleiter gfs-zürich, Markt- & Sozialforschung, Zürich. Artikel aus der «Zürcher Umweltpraxis» (ZUP, Ausgabe Nr. 96)»

Im «Klimajahr 2019» ist der Umweltschutz im Rahmen der nationalen Wahlen grossräumig auf der politischen Agenda erschienen. Dementsprechend ist – wie die neuste Univox-Umwelt-Studie belegt – die Forderung nach mehr Umweltschutz 2019 gegenüber 2018 mit einem Plus von sechs Prozent deutlich angestiegen. Zurückzuführen ist dies vor allem mit plus 19 Prozent auf die Jüngeren (18- bis 39-Jährigen). Bei Personen ab 40 Jahren dagegen stieg diese Forderung nur um drei bis fünf Prozent.

Soll Umweltschutz bevorzugt werden?

2019 wird sowohl sehr deutlich von den Jüngeren, aber auch von den Älteren, mehr Umweltschutz gefordert – auf Kosten anderer Staatsaufgaben. Quelle: gfs-zürich

Die Selbsteinschätzung nach dem Klimajahr

Wie manifestieren sich aber das Umweltbewusstsein, -verhalten und -wissen der Schweizer Bevölkerung im Jahr 2019? Zwei Drittel schätzen ihr eigenes Umweltbewusstsein als überdurchschnittlich ein, rund die Hälfte auch ihr Umweltverhalten sowie das eigene Umweltwissen.

Da man nicht weiss, wie geschönt diese Antworten sind, ist der Vergleich mit dem Vorjahr besonders interessant. Während sich das Umweltbewusstsein gegenüber dem Vorjahr nicht verändert hat, ist das Umweltverhalten doch deutlich angestiegen (+6 Prozent). Die Einschätzung des eigenen Umweltwissen dagegen fällt deutlich negativer aus. Das Klimajahr hat der Bevölkerung vor Augen geführt, dass sie bisher doch zu wenig über die Umweltproblematik gewusst hat und nun bereit ist, mehr dafür zu machen – oder dies zumindest sagt! Tendenziell halten sich Frauen, die Älteren, diejenigen mit einer hohen Bildung, die Westschweizer sowie die Sympathisanten der Grünen, der GLP und der SP für besonders umweltbewusst und schätzen ihr Verhalten als umweltfreundlicher und ihr Umweltverständnis als höher ein als dies andere Bevölkerungsgruppen in ihrer Selbsteinschätzung tun.

Wer verhält sich besonders umweltbewusst?

Im Jahr 2019 interessiert besonders der Vergleich mit den beiden Vorjahren, in welchen durch die Klimabewegung der Druck seitens der Jungen beträchtlich zugenommen hat. Dieser hat, wie die National- und Ständeratswahlen gezeigt haben, die Bevölkerung in ihrem (Abstimmungs-)Verhalten stark beeinflusst. Besonders spannend: Das Antwortverhalten der «Jungen» und der «Alten» hat sich 2019 in unterschiedliche Richtungen entwickelt.

Bei den 18- bis 39-Jährigen bleibt das Umweltbewusstsein, -verhalten und -verständnis fast unverändert. Die Selbstbewertungen bei den über 64-Jährigen beim Umweltbewusstsein sowie beim Umweltverständnis dagegen steigen einige Prozentpunkte an, beim Umweltverhalten (2018: 46 Prozent; 2019: 62 Prozent) sogar besonders deutlich (Siehe Grafik unten). Die über 64-Jährigen sehen sich 2019 also insgesamt positiver – sowohl im Vergleich zu den Jüngeren als auch im Vergleich zum Vorjahr. Inwiefern dies mit tatsächlich besserem Verhalten einhergeht beziehungsweise die Antworten mit höherem nachgegebenem sozialem Druck erklärt werden können, ist schwer einzuschätzen.

Wie schätzen Sie Ihr Umweltverhalten ein?

Die Bevölkerung schätzt ihr eigenes Umweltverhalten 2019 als deutlich höher ein als noch 2018. Besonders die Jüngeren stechen hier hervor. Quelle: gfs-zürich

Wer mehr Umweltschutz will

Gemäss Univox-Umweltbefragung sind rund 60 Prozent der Schweizer Bevölkerung 2019 der Meinung, dass zu Gunsten des Umweltschutzes bei anderen Staatsausgaben gespart werden soll. Die Westschweizer Bevölkerung, die Frauen, Personen, die zwischen 18 und 39 oder über 64 Jahre alt sind sowie eine hohe Bildung geniessen, unterstützen diese Forderung mit absteigend 80 bis 60 Prozent besonders stark. Die Deutschschweizer Bevölkerung, Männer, Personen, die zwischen 40 und 64 Jahre alt sind oder ein mittleres Bildungsniveau haben, vertreten diese Meinung dagegen signifikant weniger.

Wer weiss Bescheid über die CO2-Abgabe?

Zumindest das Umweltwissen konnte in einfacher Art und Weise im Rahmen der Univox-Umweltbefragung gemessen werden. Den Befragten wurden verschiedene Aussagen rund um die CO2-Abgabe vorgestellt mit der Bitte einer Einschätzung, ob diese Aussagen richtig oder falsch sind (Siehe Grafik unten).

Trotz der aktuell hohen Medienpräsenz des Themas ist das Wissen der Schweizer Bevölkerung rund um die CO2-Abgabe durchwachsen. Die Mehrheit – etwa drei Viertel – weiss, dass es in der Schweiz eine CO2-Abgabe gibt. Rund 80 Prozent wissen, dass diese auf Heizöl und Erdgas erhoben wird. Hingegen gehen zwei Drittel fälschlicherweise davon aus, dass sie auch auf Diesel und Benzin erhoben wird. Und die Hälfte weiss nicht, dass es auch auf Kerosin keine CO2-Abgabe gibt.

Noch spärlicher ist das Wissen, was mit den Geldern passiert. Nur rund je ein Viertel weiss, dass die Erträge aus der CO2-Abgabe an die Bevölkerung sowie die Unternehmen rückerstattet wird, ein Drittel, dass sie in die Finanzierung des Gebäudeprogramms investiert werden. Und schliesslich gut ein Drittel weiss, dass der Rückerstattungsbetrag an die Bevölkerung bei 50 bis 100 Franken pro Jahr liegt.

Stimmen die Aussagen zur CO2-Abgabe?

Das Wissen der Schweizer Bevölkerung zur CO2-Abgabe ist trotz hoher Medienpräsenz durchwachsen. Quelle: gfs-zürich

Studiendesign

UNIVOX Umwelt erfasst seit 1986 die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zur Umweltproblematik und ihre Bereitschaft zu umweltgerechtem Verhalten. Das Forschungsinstitut gfs-zürich führte vom 23. September bis 10. Oktober 2019 insgesamt 1006 Telefoninterviews durch. Die Befragung ist repräsentativ für die erwachsene Bevölkerung in der Deutsch- und Westschweiz. Der Vertrauensbereich der Gesamtstichprobe liegt mit einem Prozentwert von 50 Prozent bei +/- 3.1 Prozent.

Wissensunterschiede nach Bevölkerungsgruppierungen

Männer und Deutschschweizer wissen besser über die CO2-Abgabe Bescheid als Frauen und Westschweizer. Man erkennt zudem Wissensunterschiede in Abhängigkeit des Alters. Interessanterweise ist hier – entgegen der Selbsteinschätzung zum Umweltwissen oben – das Wissen der 18- bis 39-Jährigen grösser als bei den 40- bis 64-Jährigen, welche wiederum besser als die über 64-Jährigen über die CO2-Abgabe Bescheid wissen.

43 Prozent der Schweizer Bevölkerung befürworten, die CO2-Abgabe zu erhöhen, falls der CO2-Ausstoss nicht sinkt. Ein Drittel spricht sich gegen eine Erhöhung aus, rund ein Viertel ist noch unentschlossen (26 Prozent). Hier wiederum befürworten vor allem die 65+-Jährigen eine solche weitere Erhöhung der CO2-Abgabe.

Verhält sich umweltfreundlicher, wer mehr weiss?

Der Zusammenhang zwischen Wissen, Einstellung und Verhalten ist, wie die Zahlen zeigen, nicht immer so eindeutig. Je nach Einstellung beziehungsweise der persönlichen Wichtigkeit des Umweltthemas reagieren die Schweizer sehr unterschiedlich auf den gesteigerten Druck der Klimabewegung. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich die Bewertungen in den kommenden Jahren entwickeln werden. Zudem müsste man auch einmal die Jugendlichen, die noch nicht wählen dürfen, repräsentativ zu Umweltthemen befragen.

BfS-Erhebung zeigt Umweltsorgen

Die neuste Omnibus-Erhebung 2019 «Umweltqualität und Umweltverhalten» des Bundesamts für Statistik zeigt, dass die Sorge der Bevölkerung um die Umwelt wächst. Während Verkehrslärm, Luftverschmutzung und Strahlung zunehmend als störend empfunden werden, setzt sich der Trend zum vermehrten Konsum von Bioprodukten weiter fort. Über 50 Prozent der Bevölkerung schätzen den Verlust von Biodiversität, den Einsatz von Pestiziden und den Klimawandel als sehr gefährlich für Mensch und Umwelt ein.

www.bfs.admin.ch

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