Das Igelzentrum Zürich feiert sein 20-Jahr-Jubiläum. Grund genug für einen kleinen Rückblick und einen grossen Ausblick. Rede und Antwort standen die Tierärztin Annekäthi Frei und der Landschaftsarchitekt Simon Steinemann. Beide sind seit vielen Jahr aktiv für die Igel im Einsatz.
Das Interview führte Brigitta Javurek.
Wann wurde das Igelzentrum aus der Taufe gehoben?
Simon Steinemann (SST): 1998 gründeten zwei engagierte Biologinnen das Igelzentrum – mit dem Ziel, sich für Wildtiere und die Natur im Siedlungsraum einzusetzen. Das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren im Siedlungsgebiet bewusster wahrzunehmen und zu fördern, war damals für grosse Teile der Bevölkerung neu. Aber auch die beiden Biologinnen mussten sich seinerzeit viel praktisches Wissen zum Igel und seinem Lebensraum erarbeiten.
Was waren die Herausforderungen in jener Zeit?
Annekäthi Frei (AF): Zu Beginn war es für mich persönlich die Umweltbildung für Kinder (Schulführungen), da dies für mich Neuland war. Da hiess es abtasten, was in welcher Altersstufe inhaltlich möglich ist und wie es vermittelt werden kann. Es war ein Learning by Doing und erforderte ein gutes Beobachten der Kinder. In Erinnerung geblieben ist mir auch die schwierige Geldbeschaffung für eine damals noch junge, wenig bekannte Institution.
SST: Das war die Zeit von Fax und eher rudimentärem Internet (Google wurde gerade etwas bekannter), dementsprechend war zum Beispiel die Telefonberatung anstrengender, weil alle Basisinformationen zum Igel mündlich kommuniziert werden mussten. Heute haben wir ganz vieles gebündelt, und so kann die Mitarbeiterin einfach auf das entsprechende Kapitel unserer Internetsite verweisen. Wir waren auch ein kleineres Team, und alle machten alles.
Was sind heute die grössten Herausforderungen?
SST: Ein Aspekt, der mir bei den Vorträgen jeweils auffällt: Menschen ohne gefestigten Bezug zum Umweltschutz – dazu gehören auch Menschen aus anderen Kulturkreisen, die keine Schulbildung in der Schweiz durchliefen –tauchen nur vereinzelt oder gar nicht bei unseren internen und externen Veranstaltungen auf. Was wir sehr schade finden. Doch stehen wir mit diesem Problem nicht alleine da, es trifft auch andere Umweltorganisationen. Wir hoffen trotzdem, diese Erwachsenen über ihre Kinder, die eine Schulführung im Igelzentrum besucht haben, für das Thema zu sensibilisieren.
AF: The in new investigations (Naturschutz.ch reported) The decrease in the hedgehog distribution area cannot be explained quickly. The causes are the structural compression or a general decrease in the insect density. However, it is not yet clear whether these are really the causes, since fewer hedgehogs were observed in unchanged and in principle « favorable » hedgehogs. It is important to gain more knowledge here.
It is also very important to me not to freeze in the « routine at frequently held events or in advice », but always to remain creative and intensive.
Sie sind vor drei Jahren in grössere Räumlichkeiten umgezogen? Wie sieht Ihre Bilanz aus?
SST: Nur positiv. Endlich sind wir in grosszügigen Räumen zu Hause: neue Ställe, bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden, genügend Platz für Schulklassenführungen, eingebettet und gut aufgehoben in einer neuen Siedlung … Zum finanziellen Aspekt: Die Kosten von 400 000 Franken für den Umzug und den Ausbau haben vollumfänglich Stiftungen und Organisationen bezahlt. Schön, dass so etwas möglich ist.
Das Igelzentrum steht auf drei Standbeinen: Beratung, Igelpflege, lebendige Umweltbildung. Wie funktionieren die drei Standbeine?
SST: Die Telefon- und Mailberatung ist eine wichtige Dienstleistung des Igelzentrums. Die Leute, die bei uns anrufen, wollen etwas für einen Igel tun. Wir können sie beraten und ihnen sagen, welche Art von Hilfe in ihrer Situation sinnvoll ist.
Die medizinische Versorgung von Igelpatienten beschert dem Igelzentrum die grossartige Möglichkeit, grossen und kleinen Menschen einen wieder genesenen Igel kurz vor seiner Freilassung zeigen zu können. Viele sehen bei uns zum ersten Mal einen lebenden Igel.
Ergänzt werden die drei Standbeine durch die Öffentlichkeitsarbeit, welche die Internetsite, die Vereinszeitung «Igel&Umwelt», Merkblätter, Medienberichte und öffentliche Führungen umfasst.
AF: Für mich liegt nach wie vor die Hauptaufgabe im Naturschutz, sprich der Erhalt und die Verbesserung des Lebensraums, was jeweils der gesamten Population der Igel (und anderen Wildtieren) zugute kommt. Zu vermitteln versuchen wir die entsprechenden Themen in der Umweltbildung für Jung und Alt, in der Öffentlichkeitsarbeit und in der individuellen Beratung.
Der Tierschutz, das heisst die medizinische Versorgung und Pflege von kranken und verletzten Igeln, hilft jeweils nur einem einzelnen Tier, dafür ist mir hier der ethische Aspekt sehr wichtig, nicht nur gegenüber dem Tier, sondern auch gegenüber dem Finder: Jemand, der einen Igel mit Problemen findet und diesem helfen möchte, sollte auch eine fachliche Anlaufstelle dafür haben. Es ist schön und unterstützungswürdig, dass es Menschen gibt, die bei einem Lebewesen in Nöten (das ja nicht mal ihr Haustier ist) nicht einfach wegschauen.
Wie ist das Igelzentrum vernetzt?
SST: Regional ist das Igelzentrum gut vernetzt mit anderen Umwelt- und Tierschutzorganisationen, Behörden und Stiftungen wie Zürcher Tierschutz, Verein StadtNatur, WWF Zürich, Grün Stadt Zürich, Fachstelle Naturschutz Kanton Zürich, Stiftung Kompanima, Naturschutz.ch etc.
Mit Igelstationen ist die Zusammenarbeit unterschiedlich intensiv. Aber das Igelzentrum stellt auf Anfrage seine Erfahrungen und sein Wissen anderen Igelinstitutionen gerne zur Verfügung.
National und international ist unsere Internetsite das Aushängeschild für den deutschsprachigen Raum; dort sind unsere Erfahrung und unser Wissen zum Thema Igel für Laien und für Fachleute aufgearbeitet. Im Jahr nutzen über 100’000 Besucherinnen und Besucher, das sind pro Tag 300 Menschen, unsere Website. Die meisten Aufrufe gelten den «Häufigen Fragen» und dem Thema Fütterung.
AF: Im Mai 2017 fand erstmals eine Weiterbildung für Igelstationsbetreiber und Mitarbeitende aus Tierarztpraxen aus dem Kanton Zürich statt. Das Igelzentrum war Gastgeber und stellte, neben weiteren Fachleuten aus Tier- und Naturschutz, auch Referenten. Der Kurs stiess bei den Teilnehmenden auf ein sehr gutes Echo. Und auch in diesem Jahr fand wieder eine Weiterbildung für eine neu zu eröffnende Igelstation statt.
Wo steht das Igelzentrum in 20 Jahren?
SST: Wir glauben, dass wir in den letzten 20 Jahren etwas geschaffen haben, das Bestand hat. Der Auftrag, sich für Igel und andere «wilde» Bewohner im menschlichen Siedlungsraum einzusetzen, ist noch lange nicht abgeschlossen! Wir sind deshalb zuversichtlich, dass sich das Igelzentrum auch noch 2038 für die Igel einsetzen wird.
Was ist das Tolle an Ihrer Arbeit im Igelzentrum?
SST: Jede Schulklassenführung mit wissbegierigen Kindern ist ein tolles Ereignis. Als nach einer Führung im igelfreundlichen Garten, den das Igelzentrum in den Familiengärten Susenberg betreibt, eine Zweitklässlerin zu mir sagte, das sei heute ihr bisher schönster Schultag gewesen. Was will man mehr?
AF: Schön finde ich die Zusammenarbeit mit tollen, engagierten Mitarbeitenden. Zudem ist es eine vielfältige Tätigkeit (Medizinisches, Wissensvermittlung in unterschiedlichen Bereichen, Geschäftsleitungsaufgaben etc.), welche ausserdem viel Spielraum für Kreativität lässt. Optimal finde ich auch die weitgehend freie Einteilung der Arbeitszeit, auch wenn dazu hin und wieder Wochenend- und Abendeinsätze gehören.
Vielen Dank für das spannende Interview!
Weitere Informationen zum Igel und zu den Aktivitäten im Zentrum finden Sie auf der Webseite des Igel Zentrums Zürich.