StartNewsGesellschaftEuropäisches Schlusslicht: Stillstand bedroht Schweizer Biodiversität

Europäisches Schlusslicht: Stillstand bedroht Schweizer Biodiversität

Der 21. Mai ist der Tag des Natura 2000-Netzwerks. Die Schweiz müsste analog Natura 2000 ihr Smaragdnetzwerk für die Sicherung der Biodiversität, unserer natürlichen Lebensgrundlagen, aufbauen. In der Schweiz steht es aber um den Schutz der Biodiversität besonders schlecht – und es herrscht seit Jahren ein gefährlicher Stillstand.

Am Sonntag 21. Mai wird der Natura 2000-Tag gefeiert. Vor genau 31 Jahren, am 21. Mai 1992, beschloss die EU die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, um ein wirksames Netzwerk von Schutzgebieten mit der Bezeichnung «Natura 2000» aufzubauen. Seither wurden in allen Ländern der EU umfangreiche Schutzgebiete ausgeschieden. Die EU hat damit den Aufbau des Smaragdnetzwerks zügig an die Hand genommen, welches alle europäischen Ländern im Rahmen der Berner Konvention 1989 beschlossen hatten. Analog Natura 2000 hätte die Schweiz in den letzten 34 Jahren ihr Schutzgebiets-Netzwerk ergänzen sollen.

Die Länder der EU haben im Durchschnitt 26,4 % ihrer Landesfläche für die Biodiversität gesichert. In der Schweiz sind es magere 10,8 %. Während die EU-Länder auf gutem Weg sind, das im Dezember 2022 von der Staatengemeinschaft beschlossene internationale Ziel von 30 % Naturschutzgebieten sowie anderen Gebieten mit wirksamen Massnahmen zur Erhaltung der Biodiversität in naher Zukunft bis 2030 zu erreichen, ist die Schweiz weit davon entfernt. Seit über einem Jahrzehnt gab es bezüglich der Schutzgebiete nur noch minimale Fortschritte, obwohl auch die Schweiz die Verpflichtungen betreffend Smaragd unterzeichnet und ratifiziert hat. «Mit nur rund 10 % Schutzgebieten für die Biodiversität liegt die Schweiz in Europa abgeschlagen auf dem letzten Platz. Der geringe Anteil an Schutzgebieten sowie mangelhafter Unterhalt dieser Gebiete sind wichtige Gründe für den schlechten Zustand der Biodiversität in der Schweiz, der sich in den sehr langen Roten Listen manifestiert», sagt Raffael Ayé, Geschäftsführer von BirdLife Schweiz.

Grafik Schutzgebietsflächen
Die Schweiz ist abgeschlagenes Schlusslicht und hat den geringsten Anteil an Schutzgebietsflächen. (Bild: BirdLife Schweiz, Quelle: Europäische Umweltagentur)

Denn nicht nur bezüglich Schutzgebiets-Statistik schneidet die Schweiz schlecht ab, sondern auch bezüglich Wirkung auf die Biodiversität: Der letzte Umweltprüfbericht der OECD zeigte, dass die Roten Listen der Schweiz zu den längsten aller Industrienationen gehören. Über ein Drittel aller Arten und die Hälfte der Lebensräume stehen in unserem Land auf der Roten Liste. «Die Schweiz hatte sich 1998 zum Ziel gesetzt, die Zahl der Arten auf der Roten Listen jährlich um 1 % zu reduzieren. Wirksame Massnahmen für die Biodiversität führen dazu, dass sich gefährdete Arten im Bestand erholen und nicht mehr auf der Roten Liste aufgeführt werden müssen. Entsprechende Massnahmen wurden aber nie eingeleitet und das Ziel 2020 sang- und klanglos aufgegeben», sagt Raffael Ayé.

Ähnlich ging es der vom Bundesrat 2012 in der Strategie Biodiversität Schweiz angekündigten Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG). Unter anderem wurden dort der Aufbau der dringend nötigen Ökologischen Infrastruktur mittels zusätzlicher Schutzgebiete sowie dringend benötigte Finanzen für die Biodiversität angekündigt. Die damals angekündigte NHG-Revision verschwand in der Schublade. Teile davon wurden nach der Einreichung der Biodiversitätsinitiative hervorgeholt und stehen nun als Gegenvorschlag zu dieser Initiative zur Diskussion. Aber die zuständige Kommission des Ständerats ist nicht einmal auf die Vorlage eingetreten und sucht somit auch keine Lösungen für die Biodiversitätskrise.

Die Schweiz hat kein funktionales Smaragd-Netzwerk, nur gerade rund 10 % Schutzgebiete und als Folge unter anderem dieses Mangels Rote Listen, die zu den längsten aller Industrienationen gehören. Gleichzeitig blockiert ein Teil der Politik dringend notwendige Fortschritte in diesem Bereich. Nun ist der Ständerat am Zug. Zahlreiche Organisationen fordern ihn auf, auf die Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes einzutreten und wirksame Lösungen zu suchen. Zu diesem Zweck haben sie einen Appell appell-biodiversitaet.ch lanciert.

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