Die Folgen des Klimawandels verstärken das Konfliktpotential in Afrika. Ein neuer Forschungsbericht zeigt erstmals, wie am Tschadsee eine der weltweit grössten humanitären Krisen überwunden werden kann.
In der Tschadseeregion sind derzeit rund 10,7 Millionen Menschen auf Unterstützung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen. Damit leidet die Region unter einer der größten humanitären Krisen der Welt. Eine neue Studie der Berliner Denkfabrik adelphi zeigt erstmals, wie sich die Auswirkungen des Klimawandels und der Konflikt in Regionen wie dem Tschadseebecken gegenseitig beeinflussen und die Krisen verschärfen. Das internationale Autorenteam entwickelt Optionen für die internationale Politik, mit denen diese Herausforderungen gelöst werden können, berichtet adelphi.
Tschadseeregion in Teufelskreis gefangen
Die Autorinnen zeigen in ihrem Bericht, wie die Folgen des Klimawandels den Druck auf die Bevölkerung in der Region erhöhen. Dies vor allem, da die Widerstandsfähigkeit der Menschen bereits durch den fortdauernden Konflikt belastet ist. Um den Wirkungskreis zu durchbrechen, müssen die Folgen des Klimawandels in alle Massnahmen der humanitären Hilfe, Friedensförderung und Entwicklungszusammenarbeit gezielt eingeplant werden. Dies empfehlen die Forscher von adelphi in ihrem Bericht. Diese ganzheitliche Herangehensweise ist eine wesentliche Grundlage für mehr Stabilität und nachhaltige Entwicklung in von Konflikten betroffenen Regionen, wie beispielsweise die Region um den Tschadsee.
Bei der Vorstellung des Forschungsberichts in Stockholm sagte Janani Vivekananda, eine Hauptautorin des Berichts: «In diesem Bericht haben wir vier Fragilitätsrisiken identifiziert, die der Klimawandel in der Tschadseeregion mittelbar verschärfen kann: Die Lebensgrundlage tausender Menschen ist gefährdet, Ressourcenkonflikte können angeheizt werden, die Rekrutierung nicht-staatlicher bewaffneter Gruppen und ein zu einseitiger Fokus der Regierungen in der Region auf militärische Massnahmen. Die Analyse dieser Risiken macht deutlich, dass wir die Lösung der Kernursachen des Konflikts in den Fokus rücken müssen, um nachhaltige und andauernde Lösungen zu erhalten, anstatt in konventionellen militärischen Parametern zu denken.»
Hier finden Sie eine Video zum Bericht:
© adelphi, Berlin, via youtube
Zwei Jahre Forschung am Tschadsee
«Shoring Up Stability» ist das Ergebnis von zwei Jahren unabhängiger, interdisziplinärer Forschung in Kamerun, Niger, Nigeria und im Tschad. Die Studie vereint Daten hydrologischer Langzeituntersuchungen aus dem Tschadseebecken mit jüngsten Analyseergebnissen aus zwanzig Jahren Satellitenbeobachtungen. Darüber hinaus wurden fast 250 lokale Akteure interviewt, inklusive aktueller und ehemaliger Mitglieder bewaffneter Gruppen sowie, Vertreter der Zivilgesellschaft, Experten und Entscheidungsträger aus der Region. Das Team hat methodisch neue Wege beschritten und den Grundstein für Analysen klimabedingter Fragilitätsrisiken in anderen Teilen der Welt gelegt.
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UN Development) hat «Shoring Up Stability» finanziell unterstützt. Zusätzliche Forschung wurde durch das Aussenministerium der Niederlande und das Auswärtige Amt unterstützt.
Den Forschungsbericht «Shoring Up Stability: Addressing climate and fragility risks in the Lake Chad region» finden Sie hier.
Der Bericht sowie Infografiken, ein Comic und Videomaterialien finden Sie auf folgender Website: www.shoring-up-stability.org