Fichten und Buchen können mit dem sich rasch verändernden Klima kaum Schritt halten. Für die auf Fichtenholz ausgerichtete Waldwirtschaft birgt dies Risiken. Ein Umschwänken auf Weisstannen oder Fichten aus wärmeren Wuchsorten könnten die Auswirkungen abgeschwächt werden.
Durch den Klimawandel wird es im Schweizer Wald wärmer und trockener. Um an ihrem jetzigen Wuchsort weiterhin zu gedeihen, müssten die Bäume ihr Erbgut an das sich schnell verändernde Klima anpassen. Dazu sind sie aber in so kurzer Zeit kaum imstande – eine einzige Baumgeneration dauert ja schon rund 100 Jahre oder länger. Für die Wälder wird deshalb entscheidend sein, wie gut die Bäume bereits heute an das zukünftige Klima angepasst sind. Vermehrte Pflanzung von Weisstannen und Fichten von wärmeren Wuchsorten könnte Risiken für die Waldwirtschaft verringern, wie eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL zeigt.
Einzigartiger Vergleich von Fichte, Tanne und Buche
Ein Forschungsteam der WSL unter der Leitung von Caroline Heiri untersuchte erstmals für Schweizer Fichten, Tannen und Buchen, welchem Risiko diese drei für die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft wichtigsten Baumarten durch den Klimawandel ausgesetzt sind.
Die Forschenden führten ihre Untersuchung im Rahmen des Forschungsprogramms «Wald und Klimawandel» vom Bundesamt für Umwelt BAFU und der WSL durch. Sie gingen zuerst der Frage nach, wie stark sich die Bäume über viele Baumgenerationen hinweg an das Klima ihres jeweiligen Wuchsortes angepasst haben. Dieser Prozess verläuft jedoch aufgrund der langen Generationszeiten von Bäumen sehr langsam. Ändert sich das Klima so rasch wie derzeit, kann sich das Erbgut der Bäume nicht schnell genug an das erwartete wärmere und trockenere Klima anpassen. Die Folge: Die Erbanlagen der Bäume sind nicht mehr auf ihre lokale Umwelt abgestimmt.
Geringe genetische Anpassung = kann unter unterschiedliche Bedingungen wachsen.
Mithilfe von Klimaszenarien schätzte das Forschungsteam dann das Risiko ab, dass die Populationen gegen Ende des 21. Jahrhunderts schlecht angepasst sind.
Folgen sind weitreichender als erwartet
Die Ergebnisse lassen aufhorchen. Bisherige Studien ergaben, dass die Fichte insbesondere im Schweizer Mittelland durch zunehmende Wärme und Trockenheit unter Druck geraten wird. Die neue Untersuchung zeigt nun, dass diese Baumart sogar landesweit einem hohen klimatisch bedingten Risiko ausgesetzt ist. Schweizer Fichten haben sich offenbar in den vergangenen Jahrtausenden stark an das Lokalklima ihres Wuchsortes angepasst. Sie und ihre Nachkommen dürften zunehmend schlecht angepasst sein an die steigenden Temperaturen in den nächsten Jahrzehnten, insbesondere in heute schon warmen Regionen.
Auch die Laubbaumart Buche ist klimatischen Risiken ausgesetzt, allerdings weniger stark als die Fichte. Ganz im Gegensatz zur Tanne. Diese hat ihre Wachstumseigenschaften in praktisch allen untersuchten Populationen kaum an das lokale Klima angepasst. Sie dürfte mit einem weiteren Wandel des Klimas durchaus klarkommen. «Dass die Fichte so stark und die Tanne fast gar nicht an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst ist, hat uns sehr überrascht», sagt Aline Frank von der WSL, Erstautorin dieser Studie.
Handlungsbedarf und Hoffnung für die Waldwirtschaft
Die neuen Ergebnisse, die soeben in der Fachzeitschrift Global Change Biology veröffentlicht wurden, sind wichtig für die Forstpraxis. Sie zeigen, dass die an das jeweilige lokale Klima angepasste Fichte, der «Brotbaum» der Schweizer Waldwirtschaft, mit voranschreitendem Klimawandel bis Ende des 21. Jahrhunderts schweizweit gefährdet ist.
Es besteht also Handlungsbedarf, will man fichtenreiche Wälder rechtzeitig auf den Klimawandel vorbereiten. Die Fichte sollte an allen Wuchsorten künftig zurückhaltend verwendet und nur auf gut wasserversorgten Wuchsorten gefördert werden. Um dem Klimawandel etwas vorzugreifen, können junge Fichten, deren Samen von wärmeren Wuchsorten stammen, an heute noch kühleren Orten gepflanzt werden. Vorausgesetzt, diese so genannten Herkünfte sind genügend frostresistent, um mit den gegebenenfalls noch harscheren Klimabedingungen am neuen Standort zurecht zu kommen. Dabei können sowohl einheimische Herkünfte verwendet werden, z.B. Fichten vom Talboden für einen höher gelegenen Wald, wie auch ausländische Herkünfte aus besonders warmen Regionen.
Ein ähnliches Vorgehen ist für die Buche denkbar; hier bieten sich Herkünfte von heute bereits trockenen Wuchsorten an. «Wenn wir Saatgut von Bäumen aus wärmeren und trockeneren Regionen verwenden, haben wir mindestens für eine weitere Waldgeneration die Chance, dass die Baumart weiter gedeiht. Die Wälder bleiben damit stabil und schützen vor Naturgefahren,» folgert Ko-Autorin Caroline Heiri (WSL) aus den Forschungsergebnissen. «Eine Wunderherkunft gibt es allerdings weder für Fichten noch für Buchen,» sagt Aline Frank. «Daher ist auch ein Wechsel der Baumart in Betracht zu ziehen.» Hier könnte die Tanne, die sich in der Studie aufgrund ihrer grossen klimatischen Flexibilität als «Allrounderin» herausgestellt hat, für die Forstpraxis zur Hoffnungsträgerin werden. Die Förderung dieser Baumart bietet also für die Waldwirtschaft grosse Chancen.
Es gilt kreativ zu bleiben: Wir verfügen in unserem Land über eine riesige Vielfalt an Standorten, warm-trocken bis feucht kalt. IIch beobachte in den Südalpen wunderbare Bestände von Buchen und Tannen, die auch bei sehr grosser und langedauernder Sommer-/Herbsttrockenheit sehr gut gedeihen. (20km E Monte Rosa). Das richtige Saatgut lässt sich finden. Die Tanne ist übrigens als Bauholz wertvoller als die Fichte.