StartNewsForschungGräser haben Zellkompass für effizientes «Atmen»

Gräser haben Zellkompass für effizientes «Atmen»

Eine Forschungsgruppe der Universität Bern konnte neue Erkenntnisse dazu gewinnen, wie Gräser effiziente «Atmungsporen» auf ihren Blättern entwickeln. Wenn wichtige Komponenten in diesem Entwicklungsprozess fehlen, wird der Gasaustausch zwischen Pflanze und Atmosphäre beeinträchtigt. Die Erkenntnisse sind auch wichtig im Hinblick auf den Klimawandel und die menschliche Ernährungssicherheit.

Gräser verfügen über «Atmungsporen» (sogenannte Spaltöffnungen), die sich öffnen und schliessen, um einerseits die Aufnahme von Kohlendioxid für die Photosynthese und andererseits den Wasserverlust durch Transpiration zu regulieren. Diese Spaltöffnungen von Gräsern bilden im Gegensatz zu Spaltöffnungen von anderen Pflanzen seitliche «Helferzellen». Dank dieser Zellen können sich die Spaltöffnungen von Gräsern schneller öffnen und schliessen, was die Wassernutzungseffizienz optimiert und somit Wasser spart.

Für die aktuellen Studie haben Prof. Dr. Michael Raissig, Dr. Heike Lindner und Co-Autorin Roxane Spiegelhalder vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern die Entwicklung von Helferzellen beim Gras Brachypodium distachyon untersucht. Sie haben dabei zwei Proteine entdeckt, die sich auf entgegengesetzten Seiten einer Zelle ansammeln und die wie ein Kompass für die korrekte Entwicklung der Helferzellen bei Gräsern sorgen.

Ein Zellkompass für die Entwicklung der Helferzellen

Helferzellen werden durch eine ungleiche, asymmetrische Zellteilung gebildet. Dabei teilt sich eine Zelle in eine kleine Zelle, die Helferzelle, und eine grössere Nachbarzelle. Damit diese Teilung im richtigen Verhältnis und in der richtigen Orientierung geschieht, braucht die Zelle Orientierungspunkte. Diese Orientierungspunkte werden durch sogenannte Polaritätsproteine gegeben, die sich an entgegengesetzten Seiten der Zelle ansammeln und so zum Beispiel links und
rechts oder oben und unten definieren können. In dieser Studie entdeckten die Berner Forschenden zwei Polaritätsproteine, welche sich auf zwei gegenüberliegenden Seiten ansammeln. «Die beiden Proteine agieren gewissermassen als zellulärer Kompass und steuern die Orientierung der Zellteilung und die Entwicklung der Helferzellen. Wir haben festgestellt, dass sich die Helferzellen nicht richtig bilden, wenn eines dieser Proteine fehlt. Dies beeinflusst den effizienten und wassersparenden Gasaustausch negativ», erklärt Projektleiter Michael Raissig.

Pflanzliche Atmungsporen und Klimawandel

«Ich bin immer wieder fasziniert, dass das Fehlen eines Zellkompasses in einem einzelnen Zelltyp die Gasaustauschdynamik und -effizienz der gesamten Pflanze beeinflussen kann», sagt Michael Raissig. Dies sei insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, welcher mehr Trockenheit und Hitze mit sich bringt, relevant. Gräser spielen eine zentrale Rolle für die Ernährungssicherheit der Menschheit, da Getreide wie Mais, Reis und Weizen allesamt Gräser sind und zusammen mehr als die Hälfte der Kalorien liefern, die von Menschen verzehrt werden. «Deshalb ist es von grösster Bedeutung zu verstehen, wie Pflanzen atmen und wie und warum Gräser effizientere Atmungsporen bilden», ergänzt Raissig.

Während sich diese Studie hauptsächlich auf entwicklungsbiologische Grundlagen fokussiert, könnten diese Erkenntnisse nichtsdestotrotz für die Verbesserung von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen relevant sein. «Spaltöffnungen sind die zellulären Pförtner zwischen Blatt und Umwelt und reagieren als erstes auf Veränderungen im Klima», sagt die Doktorandin und Co-Autorin Roxane Spiegelhalder. Deshalb sei es unabdingbar zu verstehen, wie und weshalb Gräser die effizientesten «Pförtner» bilden, um so wassersparender zu «atmen». Wie und ob diese Erkenntnisse auf andere Nutzpflanzen übertragbar seien, bedürfe jedoch weiterer Forschung, wie Spiegelhalder abschliessend festhält

Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal eLife publiziert. Sie finden die Publikation hier.

3 Kommentare

  1. Aha, die «Verbesserung von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen» soll also die Ernährung der Menschheit In Zeiten des Klimawandels absichern.
    Während aktuell die globale Agrarproduktion gut 10 Milliarden Menschen ernähren könnte und jedes Jahr weltweit eine Ackerfläche von netto 100’000 km2 verwüstet wird. Das entspricht zweieinhalb mal der Fläche der Schweiz.
    Dabei ist eine der Hauptursachen der Umweltkrise das extreme Bevölkerungswachstum. Sollen wir das wirklich weiter absichern?

    • Ja, ich denke, das sollten wir. Menschen verhungern lassen zu wollen, um das Bevölkerungswachstum zu stoppen, ist überaus zynisch.
      Hunger verschärft Umweltkrisen auf lokaler Ebene – wer hungert, wird auch noch den letzten Baum fällen, um etwas zu essen zu bekommen. Und es sterben als Erstes diejenigen, die am allerwenigsten für die globale Umweltkrise verantwortlich sind. Während Herr und Frau Schweizer in ihrem nicht überbevölkerten, extrem reichen Land munter weiterhin die Ressourcen anderer Länder ausbeuten für ihren Luxuskonsum.

  2. Die Natur ist unbarmherzig!
    Überall, wo zuviele Lebewesen einer Art, auf zuwenig Raum, unter schlechten Bedingungen leben müssen, werden die Alten, Geschwächten, Kranken und Hungernden unbarmherzig sterben müssen. Das gibt mehr Raum für die überlebenden Jungen und Starken Lebewesen, egal ob es sich um Menschen, Tiere oder Pflanzen handelt. Sie tragen dazu bei, dass die Art nicht ausstirbt. So funktioniert die Natur!
    Wir Menschen versuchen auf alle Arten, diese zynische Seite der Natur auszuhebeln. Um unseres Wohlstand Willen, beuten wir die Menschen, Tiere, Pflanzen und die Erde aus. Treten dann Seuche, Epidemien oder sogar Pandemien auf, versuchen wir wohlstandskranken Menschen mit Chemie und Pharmazie, unser mögliches Ableben zu verhindern. Wir sind nicht dazu bereit, dann zu sterben, wenn es die Natur vorgesehen hat, sondern erst, wenn alle Mittel der Medizin, Pharmazie und Chemie ausgeschöpft sind. Das führt dazu, dass die Krankheitskosten ins Unermessliche steigen und die Überbevölkerung dazu, mit all ihren Folgen.
    Wenn die Natur ins Gleichgewicht kommen soll, müssen wir sie schalten und walten lassen!

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte Kommentar eintragen
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein

Newsletter Anmeldung

Erhalten Sie die neusten Jobs und News.

Dank Ihrer Hilfe können wir spannende Artikel aufbereiten, den Veranstaltungskalender pflegen und die Job-Platform betreuen.

TOP-NEWS