Die Alpen sind stark vom Klimawandel betroffen. Im weltweiten Vergleich ist hier die mittlere Jahrestemperatur um mehr als das Doppelte (1,5 Grad Celsius) gestiegen. Da sich alpine Tier- und Pflanzenarten perfekt an die unwirtlichen Bedingungen der Hochlagen angepasst haben, reagieren sie äusserst empfindlich auf Störungen.
Das Projekt KLIMAGRAD, ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Universitäten, dem Helmholtz Zentrum München und dem botanischen Garten München hat untersucht, wie sich menschliche und klimatische Einflüsse im Werdenfelser Land in Deutschland auswirken – zum Beispiel Luftschadstoffe oder Wandertourismus auf der Zugspitze. Das Ergebnis der Studie ist ein Referenzsystem, mit dem sich Veränderungen künftig im Detail dokumentieren lassen und welches auch in der Schweiz Anwendung finden könnte.
Wie schlägt sich Klimaerwärmung auf die Vegetationsperiode im Alpenraum nieder? Dieser Frage ging das Fachgebiet für Ökoklimatologie an der Technischen Universität München (TUM) nach. Die Geoökologin Christina Schuster untersuchte Eintrittszeitpunkte von Blüte, Blattentfaltung und -fall (Phänologie) und bestimmte den Einfluss der Temperatur auf die Phänologie im Bergmischwald. Das Ergebnis: Bei einer Erwärmung von einem Grad verlängert sich die Vegetationszeit um zwei Wochen. Die zeitliche Verschiebung kann zum Beispiel zu Problemen bei der Bestäubung durch Insekten oder zu einer Zunahme des Spätfrostrisikos führen. Auch das Stammwachstum dauert länger an, allerdings hauptsächlich bei Laub- und nicht bei Nadelbäumen.
Stickstoff im Boden belastet insbesondere Bergwälder. Eine Arbeitsgruppe am Helmholtz Zentrum München untersuchte daher Stickstoff-Einlagerungen in Fichtenwäldern. Die alarmierende Erkenntnis der Forscher: Durch Schadstoffemissionen, zum Beispiel aus dem Autoverkehr oder der Landwirtschaft, liegt der Stickstoff-Gehalt bei bis zu 30 Kilogramm pro Hektar und Jahr – eine Menge, die bereits über dem kritischen Wert für Waldschäden liegt und unter anderem zu einer geringeren Artenvielfalt und übersäuerten Böden führen kann.
Dr. Michael Leuchner vom TUM-Fachgebiet Ökoklimatologie befasste sich mit organischen Kohlenwasserstoff-Verbindungen (VOC), die bei der Entstehung von bodennahem Ozon mitwirken. Als Reizgas ist Ozon schädlich für Mensch, Tier und Pflanze; als klimaaktives Gas trägt es zum Treibhauseffekt bei. Die wichtigste VOC-Quelle ist die unvollständige Verbrennung von organischen Substanzen. Die höchsten Konzentrationen wurden im Tal in der Nähe von Siedlungen und Strassen gemessen. Weiter oben sanken die Werte, stiegen aber am höher gelegenen Kreuzeck durch den Seilbahnbetrieb wieder an.
Wie beeinflussen Mensch und Tier die Vegetation im hochalpinen Raum? Wissenschaftler der Universität Augsburg erstellten eine detaillierte Vegetationskarte des Zugspitzplatts. Die Auswirkungen des Tourismus zeigten sich insbesondere an den grösseren Berghütten: Die umliegenden Flächen sind nahezu vegetationsfrei. Auch entlang der Skipisten und Wanderwege ist der Bewuchs durch mechanische Belastung deutlich zurückgegangen. Die Beweidung durch mehrere hundert Schafe blieb ebenfalls nicht folgenlos: Die Wissenschaftler stellten Kahlfrass sowie einen erhöhten Stickstoffgehalt im Boden fest.
Diese Ergebnisse zeigen den starken Einfluss, welchen der Mensch auf den empfindlichen Lebensraum in den Alpen hat. Für die Schweiz als Alpenland sind diese von besonderer Bedeutung.
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